Der Bastard von Tolosa / Roman
Adela. »Er wollte seinen Bruder nicht verraten!«, rief sie. »Du hast mir selbst gesagt, man muss für seine Kameraden einstehen.«
Per Dieu!
So wird man an seinen eigenen Worten gemessen. »Und du meinst, du müsstest jetzt Martin beispringen, was?«, fragte ich etwas gereizt.
Unter meinem strengen Blick war sie rot geworden, reckte aber ihr Kinn in die Höhe. »Es ist nur recht, meine ich!«
»Ist es wahr, du wolltest Raol nicht verraten?«, fragte ich Martin.
»Ja, Vater.«
Verdammt. Die ganze Sucherei heute war umsonst gewesen. Eigentlich hätte ich wütend auf ihn sein sollen, stattdessen freute es mich, dass er mich Vater genannt hatte.
Berta dagegen sah aus, als erwarte sie von mir eine Bestrafung für den Jungen.
»Auch wenn es in diesem Fall nicht richtig war, so will ich es achten, dass du deinem Bruder die Treue gehalten hast.« Er sah mich dankbar an und wischte sich die Nase am Ärmel ab. »Deine Mutter macht sich jedoch große Sorgen um Raol. Deshalb wirst du uns jetzt sagen, was du weißt, Martin.«
»Er wollte den Schimmel nicht hergeben«, erzählte er mit stockenden Worten. »Eher ließe er sich in Stücke hauen, hat er gesagt. Außerdem sei er jetzt
Senher
Roberts Knappe und habe ihm die Treue geschworen. Dort gehöre er von nun an hin. Und er sei nur froh, wenn er von hier wegkäme.«
»Und das Schwert, das ich ihm geschenkt habe?«
»Das hat er mir gegeben. Er habe ja schon
Senher
Roberts Schwert, hat er gemeint.«
»War das der Preis für dein Schweigen?«
»Nein, Vater. Du hast mir doch schon den Bogen gegeben!«
Seine blauen Augen enthielten keinen Hintersinn.
»Ich glaube dir. Geh und wasch dir das Gesicht!«
Eines konnte ich nicht verstehen. Wie kam dieser Peire de Lambesc dazu, Raol zu Robert Borcelencs reiten zu lassen? Allem Anschein nach hatte er ihn begleitet, vielleicht sogar ermutigt.
»Wer ist dieser Lambesc, Berta?«, fragte ich in schneidendem Ton.
Sie sah mich mit großen Augen an. »Auch seine Habseligkeiten sind weg. Glaubst du, es war ein abgekartetes Spiel?«, fragte sie atemlos.
»Auf wessen Empfehlung kam der Kerl?«
Sie biss sich auf die Lippen. »Robert schickte ihn zu mir.«
Ich schlug mir vor die Stirn. »
Jes Maria!
Bei allen Heiligen! Gott behüte mich vor Pestilenz und leichtgläubigen Weibern!«
Sie warf mir einen wütenden Blick zu. Aber nur kurz, denn gleich waren ihre Augen wieder voller Angst und Besorgnis.
»Langsam verstehe ich«, murmelte sie. »Er ist ein Teufel, dieser Borcelencs. Wie konnte ich nur jemals auf ihn hören? Unseren Besitz hat er geschädigt, um mich gefügig zu machen. Dem Jungen hat er mit Ehrgeiz den Kopf verdreht. Deine Sterbeurkunde war schon vorbereitet. Und jetzt finden wir heraus, die ganze Zeit hat er einen Spitzel auf der Burg gehabt.«
Ich nickte grimmig. »Es war alles von langer Hand geplant.«
»Merkst du nicht? Unser Sohn ist in seiner Gewalt«, schrie sie verzweifelt und schlug sich auf die Brust. »Was will der Mann von uns, Jaufré? Was können wir tun?«
***
Eine gute Frage. Was konnten wir tun?
Nach dem Abendmahl saßen wir in der
aula
und hielten Kriegsrat. Berta war außer sich und wollte, dass ich auf der Stelle zu Roberts Burg ritt, um Raol zurückzuholen. Wenn notwendig, ihm ein Lösegeld anbieten. Sie fand, nun wäre Gelegenheit, mein Beutegold zu einem guten Zweck zu nutzen, anstatt es zu verschwenden.
Selbst mit Hamids wortreicher Unterstützung brauchten wir eine ganze Weile, um sie davon abzubringen. Erstens war Robert reich genug, sein Spiel war sicher nicht, ein Lösegeld zu erpressen, das zudem jeder rechtlichen Grundlage entbehrte, denn schließlich war Raol kein Kriegsgefangener. Zweitens würde der Junge niemals freiwillig mit uns gehen. Und ihn auf Roberts eigenem Boden mit Gewalt zu entführen, das gäbe dem Mann einen vortrefflichen Anlass, uns zu befehden. Und da er gewiss weit mehr Krieger aufstellen konnte als ich, war dies kein guter Plan. Berta sah schließlich ein, dass unsere Möglichkeiten begrenzt waren.
»Was immer der Mann vorhat, es ist seit langem geplant und gut vorbereitet«, sagte Hamid. Er zählte an den Fingern auf: »Jaufré steht seinen Plänen ganz offensichtlich im Weg, Lösegeld für Raol scheint er nicht anzustreben, und die Heirat mit Berta war nur ein Vorwand.«
Berta stimmte zu. »Davon bin ich überzeugt.«
»Vergessen wir nicht die Munt über die Kinder, zu der ihn die Eheschließung berechtigt hätte«, sagte ich.
»Alles scheint sich um Raol
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