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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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wollte fliehen, als es schlecht für die Türken lief.«
    Es dauerte ein wenig, bis mir klarwurde, was er meinte.
    »Was, zum Teufel? Kyriacos ein Verräter?«
    »Die anderen sind entkommen.«
    Alexis holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Hamid warf mir einen bedeutsamen Blick zu, und es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Deshalb waren vorhin die Späher verschwunden. Alles ein abgekartetes Spiel. Die Türken hatten vielleicht schon tagelang auf uns gelauert. Deshalb war auch das Dorf leer gewesen. Aus Furcht vor den fremden Kriegern hatten die Leute sich versteckt. Dieser Mann, den wir seit Jahren kannten und vertrauten, hatte uns schmählich verraten. Das war für uns Provenzalen schwer zu begreifen, denn unsere Lebensweise ist auf gegenseitigen Treueverpflichtungen aufgebaut. Mit dem Wort eines Mannes verband sich seine Ehre. Mir stieg die Zornesröte ins Gesicht. Nur mit Mühe hielt ich mich zurück, ihn nicht auf der Stelle zu erschlagen.
    »Warum, du elender Hund?«
    Er lag vor mir auf den Knien, sein Mund öffnete sich, aber anstatt zu sprechen, senkte er den Blick und machte ein finsteres Gesicht, als habe er die Sinnlosigkeit einer Verteidigung erkannt.
    »Bist du nicht Christ?«, fauchte ich ihn an. »Du hast täglich neben uns gebetet und verrätst dennoch deine Christenbrüder?«
    Er hob trotzig die Augen. »Was schert mich euer lateinisches Christentum? Bin ich eurem anmaßenden Bischof von Rom verpflichtet? Wir lebten gut mit den Muslimen, bis ihr kamt und alles zunichtegemacht habt.«
    »Sind dir türkische Eroberer lieber als christliche?«
    »Die Türken haben ihren Tribut genommen und uns ansonsten in Ruhe gelassen. Aber ihr, ihr bringt nur Hass und Tod ins Land.« Er steigerte sich in immer größere Wut hinein. »Ihr schändet unsere Frauen und erschlagt unsere Kinder, und dann wollt ihr Brüder in Christus sein? Ihr rafft alles an euch und wollt alles beherrschen. Ihr seid eine größere Plage als Moses’ Heuschrecken im Lande Ägypten. Ich verfluche den Tag, an dem ihr erschienen seid.«
    Die letzten Worte schrie er mir ins Gesicht.
    »Und warum hast du uns dann so lange gedient,
fil de putan?
«
    Er spuckte verächtlich auf den Boden. »Ihr verfluchten Franken habt meine Familie in Antiochia auf dem Gewissen. Auge um Auge und Zahn um Zahn. So steht es geschrieben.« Hasserfüllt starrte er mich an.
    Meine Wut ließ sich nicht mehr im Zaum halten. Ich packte ihn am Bart und zerrte ihn einige Schritte schleifend über den Boden, bis er vor Schmerz schrie. Dabei schüttelte ich ihn wie einen jungen Hund.
    »Lange Zeit hast du unser Gold genommen, du Hurensohn! Wer hat dir jetzt mehr gezahlt?« Ich ließ ihn angewidert fallen und trat ihm hart in den Magen. Kyriacos krümmte sich und rang nach Luft. »Für diesen Tag wirst du büßen, Kyriacos.«
    »Das ist mir gleich«, murmelte er und rollte erschöpft auf den Rücken. »Macht mit mir, was ihr wollt.«
    »Schneidet dem Bastard die Kehle durch«, sagte Bertran.
    Das erntete die Zustimmung der Männer, die uns dichtgedrängt umringten. Sie starrten voller Zorn auf den Griechen, und zwei zogen schon ihre Schwerter. Ich hob die Hand und gebot ihnen Einhalt.
    »Ich bin dagegen, Herr«, sagte ich, wieder gefasst. »Wir müssen ihn nach Tripolis mitnehmen, seine Verbindungen aus ihm herauspressen und ihn dann als abschreckendes Beispiel hinrichten. In diesem Land dürfen wir keine Schwäche zeigen.«
    Bertran überlegte und nickte dann. Ich glaube, es war ihm gleich, was mit Kyriacos geschah, und er war zufrieden, mir die Sache zu überlassen. Er wandte sich an die Männer, die uns umstanden.
    »Genug gegafft. Ich will jetzt wissen, wie viele gefallen sind.«
    Murrend traten sie zurück. Wir zählten durch. Fünf Reiter der Vorhut waren tot, von ihnen hatte sich nur Guilhem retten können. Dazu zwei weitere, die beim Hinterhalt durch Pfeile gefallen waren. Man hatte sie gefunden und zurückgebracht. Und sechs Verwundete, die meisten gottlob nur leicht. Hamid zog einem Reiter einen Pfeil aus dem Arm und verband ihn. Ein anderer hatte sich beim Sturz vom Pferd das Bein gebrochen. Die Knechte schienten es, so gut es ging. Und natürlich hatten wir Pferde verloren, aber Ersatz gab es ausreichend.
    Gefangene hatten wir nur wenige genommen. Nun führten sie drei gebundene Männer vor, die aufgrund ihrer Kleidung und Waffen wie Unterführer aussahen. Einer blutete heftig aus einer tiefen Gesichtswunde. Ihre Gesichter waren von der Sonne dunkel gegerbt, und

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