Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
eine lanzenstarrende, enge Front von fünfzig Mann, dahinter standen weitere fünfzig dichtauf. Eine tapfere kleine Truppe, aber im Angesicht der feindlichen Überzahl kam sich mancher verloren vor. Auch mir schlug wild das Herz im Leibe.
    Das Trommeln der feindlichen Hufe wurde lauter, als die Masse der Türken ungeordnet auf uns zuhielt. Neben mir befand sich ein junger Gascogner, der erst kürzlich zu uns gestoßen war. Dünner Bartflaum spross auf seinen Wangen. Fast noch ein Kind. Er starrte auf die schiere Menge des Feindes und schluckte heftig.
    »Ruhig Blut, Junge!«, raunte ich ihm zu.
    Ich setzte den Helm auf und zog das Kinnband fest. Dann legte auch ich meine Lanze an. Ghalibs muskulöser Körper war wie eine gespannte Bogensehne, und er wartete unruhig schnaubend auf mein Kommando. Hinter mir wusste ich Hamid. Bertran hatte ich aus den Augen verloren. Es blieb keine Zeit mehr, ihn zu suchen, denn schon fächerten die Feinde ihre Kampflinie aus, um uns zu umzingeln. Genau das wollte ich verhindern. Weniger als zweihundert Schritte trennten uns von den heranstürmenden Seldschuken. In ihrer Mitte ritt eine Gruppe von
ghulam,
eine aus Sklaven bestehende, schwer gepanzerte Elitetruppe. Das waren harte Männer und bestens ausgebildet. Die mussten wir zuerst besiegen, sonst würde es heute schlecht für uns ausgehen.
    Die vordersten Reihen zögerten, als sie sahen, dass ihnen unsere kleine Schlachtreihe entschlossen entgegentrat. Sie begannen, ihre Pferde zu zügeln, und rissen Bögen von den Schultern. Die
ghulam
bildeten eine Reihe in vorderster Front. Aber die heranstürmende Masse dahinter ritt ungezügelt in sie hinein, und es entstand ein augenblickliches Durcheinander, in dem Pferde stürzten und Reiter unter die Hufe kamen. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen.
    »A l’assai!«,
brüllte ich und gab Ghalib die Sporen.
    Die Pferde sprangen fast gleichzeitig vor und rasten in selbstmörderischem Galopp mitten in den wirren Haufen der immer noch nach vorn drängelnden Türken. Dabei brüllten die Männer den Schlachtruf der Provenzalen: »Tolosa, Tolosa!«
    Ein geballter Reiterangriff mit untergelegten Lanzen, ungezügelt und mit voller Wucht in den Feind zu preschen, das verlangt großen Mut. Ghalib sprang in großen Sätzen nach vorn und schien noch an Geschwindigkeit zu gewinnen. Wir flogen auf den Feind zu, und ich sah, wie sich die Augen der vordersten Türken weiteten und die Ersten sich abwandten, um dem plötzlichen Ansturm zu entkommen. Die Kämpfer der
ghulam,
die nicht durch die Nachdrängenden behindert waren, rückten enger zusammen. Wir hielten direkt auf sie zu. Ich packte die Lanze fester und bereitete mich auf den Aufprall vor.
    Es war ein ohrenbetäubender Lärm, als unsere Stechlanzen trafen und die
ghulam
aus den Sätteln stießen, bevor uns ihre Schwerter erreichen konnten. Das schiere Gewicht der eng an eng heranstürmenden Schlachtrosse, der schweren Schilde und Panzer sprengte eine Schneise durch die Reihen der Feinde, deren Reiter und Pferde aufschrien wie ein einziges, riesiges und verwundetes Tier. Der Staub stieg in Fontänen zum Himmel, Männer stürzten und wurden unter Hufen zertrampelt, reiterlose Gäule suchten das Weite und verschlimmerten das Durcheinander unter den Türken.
    Der Angriff der Seldschuken war zum Stehen gekommen. Im Nahkampf schützte uns die schwerere Panzerung. Unsere Lanzen stachen links und rechts. Schmerzschreie und Triumphgeheul. Seldschuken wurden aus den Sätteln gefegt, Pferde bäumten sich auf, und meine Männer drangen in die Lücken vor. Auch mein junger Gascogner hielt sich wacker neben mir.
    Plötzlich schien ein Ruck durch die feindlichen Reiter zu gehen. Die Hintersten wendeten ihre Gäule zuerst, dann stoben alle in Schrecken davon. Wir folgten, aber verhalten und mit Vorsicht. Die Masse der von Furcht erfassten Türken wollte durch die schmale Schlucht entkommen, die als Hinterhalt geplant gewesen war, aber es waren zu viele, die sich durch die Enge zwängen wollten. Einige ihrer Anführer versuchten, sie zurückzuhalten, Ordnung zu schaffen, um einen Gegenangriff in Gang zu bringen. Hörner erklangen. Die meisten folgten zuerst unwillig, doch schließlich sammelte sich ein größerer Haufen und wandte sich in breiter Front gegen uns. Es waren noch Kettenpanzer der
ghulam
darunter, doch nicht mehr viele. Die meisten Seldschuken trugen leichte Lederpanzer, Pelzmützen, Turbane und farbenfrohe Umhänge. Die Stimmen der Anführer gellten,

Weitere Kostenlose Bücher