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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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gespannte Bögen hoben sich, und darüber leuchteten Speerspitzen und hochgereckte Schwerter im Licht des späten Tages. Abermals setzten die Kriegstrommeln ein und machten einen Lärm, als poche das Blut in den Schläfen. Die Wut des Feindes war spürbar entfacht und tönte gefährlich wie das Brummen eines Schwarms zorniger Wespen. Immer wieder riefen schrille Stimmen zu ihrem Gott Allah, und die Menge wiederholte die Rufe dröhnend, um uns einzuschüchtern. Ich musste schlucken, obwohl meine Kehle wie ausgetrocknet war.
    Inzwischen hatten auch wir uns wieder gesammelt, und ich trieb unsere Männer zu erneutem Angriff an. Ich wollte dem Feind keine Zeit lassen, sich noch besser aufzustellen, denn sie waren nach wie vor in großer Überzahl.
    Wir ritten durch einen Hagel von Pfeilen, die Schilde zum Schutz bis an den Helmrand gehoben. Eines unserer Pferde strauchelte und stürzte. Sein Reiter ging schwer zu Boden, dann stoben wir in das riesige Knäuel der türkischen Krieger. Wieder der Aufprall der Lanzen und das Zusammenkrachen der Schilde. Das Brummen wütender Wespen ging in einen gewaltigen Aufschrei aus Hunderten von Kehlen über, bis man nur noch Stahl auf Stahl, das Splittern der Lanzen und die Schreie der Getroffenen hörte. Reiterlose Gäule stoben davon. Einer der Unsrigen stürzte vom Pferd, vom Hieb eines
ghulam-
Kriegers getroffen.
    Aber auch diesmal hatte unser geballter Aufprall seine Wirkung nicht verfehlt. Tiefe und blutige Schneisen hatten wir in die Reihen der Feinde geritten, und plötzlich verloren die Türken allen Mut. Entsetzen sprang aus ihren Augen, viele wandten sich zur Flucht. Wir schleuderten unsere zerborstenen Lanzen beiseite und rissen die Schwerter aus den Scheiden. Immer wieder blitzten die Klingen im späten Sonnenlicht auf, und die Feinde fielen in Mengen. Es war kein Kampf mehr, nur noch ein Gemetzel und Abschlachten.
    Einer der
ghulam
bedrängte mich. Ich traf seinen Helm, von dem mein Schwert abglitt, seinen blitzschnellen Gegenstoß fing ich mit dem Schild auf. Da bohrte sich eine provenzalische Lanze zwischen die Schuppen seines Panzers. Als er vom Pferd glitt, löste sich sein Helmgurt, und ich sah, dass es ein pechschwarzer Nubier war. Aber schon gab es andere zu verfolgen und zu töten. Hamid deckte meine Seite, und sein Schwertarm war rot von Blut. Ein Türke hob abwehrend den Arm, als ein Schwerthieb dem Mann die Hand abtrennte und ihm trotz Helm tief in den Schädel fuhr. Ich hatte meinen Schild fahren lassen und führte das Schwert mit beiden Händen, während ich Ghalib mit den Beinen lenkte. Ohne Unterlass schwangen wir unsere Schwerter gegen die schreiende Menge der fliehenden Seldschuken, die sich kaum noch wehrten. Wem es nicht gelang, durch die Schlucht zu entkommen, starb an diesem Tag unter unseren Streichen.
    Zuletzt hielten wir keuchend inne. Die Arme schwer wie Blei und blutbesudelt saßen wir auf den heftig atmenden und schaumbefleckten Gäulen. Tote und Verletzte überall, Mensch wie Tier. Schwerverwundete krochen über zertrampeltes Gras. Schreie und Gewimmer, abgeschlagene Glieder und Leiber mit grausigen Schwertwunden. Ein Mann saß auf dem Boden und starrte verwundert auf seine Gedärme, die er in den Händen hielt. Ein anderer versuchte, den Mantel um den blutenden Stumpf seines Arms zu wickeln. Ich sah ein Gesicht ohne Unterkiefer und gespaltene Schädel, aus denen die Hirnmasse trat.
    Guilhem ritt heran. Sein zweiter Schild war zerhauen und nicht mehr zu gebrauchen. Er warf ihn angewidert ins Gras. »Schlechte Arbeit,
putan!
« Dann grinste er mich an. »Heiße Arbeit, was, Jaufré?«
    Der junge Gascogner kotzte hinter vorgehaltenem Schild. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Selbst nach so vielen Kriegsjahren ist der Anblick eines Schlachtfeldes auch für mich nicht erträglicher geworden. Ich riss den Helm vom Kopf. Schweiß brannte mir in den Augen. Todmüde stieg ich vom Pferd und versuchte, mein Schwert an einem Grasklumpen sauber zu wischen. Am liebsten hätte ich mich hingelegt. Arme und Schultern brannten wie Feuer. Auch Hamid war erschöpft. Die Hunde kamen zu mir und rochen an dem Blut, das mich bedeckte. Ich umarmte beide und kraulte ihnen die Ohren. In diesem Moment liebte ich diese riesigen, grauen Viecher, die mein Gesicht ableckten. Sie hatten uns gerettet.
    Der Gascogner war grün im Gesicht und wischte sich den Ärmel über den Mund. Dann bekreuzigte er sich und schaute beschämt zu mir herüber.
    »Du hast tapfer gekämpft, mein

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