Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
Junge. Nach meiner ersten Schlacht ging’s mir schlimmer.« Ich lächelte ihm matt zu.
    »Ich sah mich schon tot, Herr. Es waren so viele.«
    »Nur leichte Reiterei. Ungeordneter Angriff. Trotzdem. Es hätte auch anders kommen können.«
    In der Tat. Mir saß selbst noch der Schreck in den Knochen. Ich sah Nouras Gesicht vor mir, und es war, als spürte ich ihren Kuss auf den Lippen. Ich stehe noch, mein Herz! Dann atmete ich tief durch und klopfte meinem Rappen Ghalib den Hals. Seine Flanken hoben und senkten sich nach der Anstrengung. Ich küsste ihn auf die Nüstern, und er rieb seine Nase an mir und blies mir seinen heißen Atem ins Gesicht.
    Graf Bertran näherte sich, immer noch zu Pferde. Geistesabwesend beäugte er Tod und Zerstörung um uns herum.
    »Verdammt, Montalban! Ich verdanke dir mein Leben«, sagte er verwundert.
    Er stieg ab und ließ sich auf den Rücken fallen. Das Geschehene musste ihn stark mitgenommen haben. Genauso wie seinen Vetter Ricard. Den sah ich benommen auf einem Stein sitzen mit Augen, als habe er ein Gespenst erblickt. Die Hand, mit der er sich die schweißnassen Haare aus der Stirn strich, zitterte stark. Die Innenseite seiner Beinkleider war von Pisse durchnässt. So etwas kommt vor. Die erste Schlacht im Leben schlägt oft auf die Eingeweide. Nichts kann einen Mann auf die Schrecken eines Schlachtgemetzels vorbereiten, wenn unter höllischem Lärm ganze Horden von johlenden Teufeln heranstürmen, um einen umzubringen. Als sähe man sich einer übermächtigen Naturgewalt ausgesetzt. Man spürt nur noch den Drang, in blindem Schrecken davonzulaufen. Nur Schulter an Schulter mit seinen Gefährten kann man das überstehen.
    Ich konnte mich nicht erinnern, Ricard im Getümmel gesehen zu haben. Hatte er sich abseits gehalten? Auf einmal sah er auf und bemerkte meinen prüfenden Blick. Als es ihm dämmerte, dass ich seine Schwäche erkannt hatte, stieg ihm Schamröte ins Gesicht. Er setzte sich steif auf, und sein Mund wurde hart.
    Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich ab.
    Kreuz und quer lagen die Leiber der Verwundeten und Toten, manche übereinander, so wie sie gefallen waren, verletzte Pferde dazwischen, die schrill wiehernd versuchten, auf die Füße zu kommen. Vor mir lag ein toter Seldschuke in feinen Gewändern. Eine Lanze hatte das Kettenhemd über seiner Brust durchbohrt und war dann abgebrochen. Er lag dort ohne Helm, ein kurzer Bart und dunkles, langes Haar umrahmten sein Antlitz, das im Angesicht des Todes gelassen wirkte, fast lächelnd. Ein gutes Gesicht. Wie das eines Mannes, mit dem man Geschichten am Lagerfeuer austauschen würde. Warum bist du es, der hier liegt, und nicht ich? Hast du ein Weib, das um dich trauert? Kinder? Wofür hast du dein Leben gegeben? Dies ist ebenso wenig dein Land, wie es das meine ist.
    Der Mann hielt noch seinen Bogen in der Hand. Ich bückte mich und hob die Waffe auf. Ein feiner, aus Holz, Horn und Sehnen verleimter Kampfbogen, der Handgriff mit Silbereinlagen verziert. Ich nahm auch den vollen Köcher von dem Toten.
    »Eine gute Waffe«, hörte ich Hamid hinter mir sagen.
    »Ich will sie behalten.«
    Unsere Reiter waren abgestiegen und gingen über das Schlachtfeld, stachen Verwundete nieder und durchsuchten die Gefallenen nach Wertvollem. Sie nahmen alles, was man in den Souks von Tripolis zu Geld machen konnte, und heute schienen sie mit ihrer Beute zufrieden zu sein. Waffen, Helme, Gürtelschnallen, Fibeln, Münzen oder Goldringe, denn Krieger tragen meist ihren ganzen Reichtum bei sich.
    Zu viel Zeit wollte ich ihnen allerdings nicht geben. Trotz des gewonnenen Waffengangs fühlte ich mich nicht sicher, denn genug Türken hatten überlebt.
    »Gebt die Losung aus, dass wir aufbrechen.«
    Ich rief einen kleinen Trupp unter Leitung des Ritters Roger zusammen, um die Seldschuken eine Strecke lang zu verfolgen und zu beobachten, ob sie tatsächlich das Feld geräumt hatten. Kein zweites Mal sollten sie uns überraschen. Ich wollte auch Kyriacos’ Kundschafter mitschicken und sah mich nach ihnen um. Doch weder er noch seine Leute waren irgendwo zu sehen.
    Als unsere Reitknechte mit den Packtieren aus dem Wald kamen, befand sich der Grieche unter ihnen, aber mit Erstaunen bemerkten wir, dass er die Hände auf dem Rücken gefesselt hatte. Alexis, mein Knecht, zerrte ihn wütend aus dem Sattel und stieß ihn mir vor die Füße. Sein forsches Auftreten verwunderte mich, kannte ich ihn doch eher als zurückhaltend und bescheiden.
    »Er

Weitere Kostenlose Bücher