Der Bastard von Tolosa / Roman
niedergeschlagenes Gesicht. Es muss die Sorge um ihren gefangenen Ferran sein, dachte ich, aber auch die anderen Weiber gaben sich wenig gesprächig.
»Was können Männer doch für Schweine sein«, sagte Berta mit einer müden Stimme ohne Ausdruck. Sie vermied es, mich anzusehen. Es dauerte eine Weile, bis sie die Kraft fand, weiterzusprechen. »Wir haben Rosas Leichnam für ihr Begräbnis hergerichtet. Der Anblick der Prellungen und Wunden ließ uns den Schmerz wie am eigenen Leib spüren, ebenso wie die bitteren Erniedrigungen, die sie hat erleiden müssen. Dabei ist mir so schlecht geworden, dass ich mich übergeben musste. Ich fühle mich immer noch schwach.« Sie holte tief Luft und rang um Fassung. »Wir sahen uns selbst dort liegen. Es war, als seien Rosa und Marta nur die ersten von vielen, die bald folgen würden.« Sie schlug die Hand vor die Augen und weinte. Ich schirmte sie mit meinem Körper ab, denn ich wollte nicht, dass andere sie weinen sahen.
»Unsinn«, sagte ich und war doch zutiefst betroffen. »Bei unserem Auszug aus der Burg warst du noch guten Mutes.«
»Ich weiß.« Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Aber jetzt kommt mir alles sinnlos vor. Die jungen Bauern, die deine Speere und Schilde tragen, sind doch noch halbe Kinder. Was können sie schon gegen Panzerreiter ausrichten?« Ich wollte entgegnen, dass wir uns bisher recht wacker geschlagen hatten, aber Berta ließ mich nicht zu Wort kommen. »Sieh, wie wir hier leben! Wie die Tiere im Wald. Wo finden wir Schutz, wenn es regnet? Hast du dir überlegt, wie lange unsere Vorräte reichen? Zwei Wochen oder drei? Die Feldfrucht ist zerstört und unser Land ebenso geschändet wie der Leib der armen Rosa.« Sie schluchzte auf. »Ich kann mir nicht helfen, aber ich denke, dies ist unser aller Untergang«, flüsterte sie verzweifelt. »Das Ende von Rocafort.«
Ich biss mir auf die Lippen, denn unsere erbärmliche Lage war allein meine Schuld. Ich war es, der alle ins Unglück stürzte. Trotzdem war ich dankbar, dass sie es nicht aussprach. Sie hielt den Kopf gesenkt, und eine Träne lief ihr die Wange herunter. Die wischte ich vorsichtig mit dem Finger fort und fasste sie sanft unters Kinn.
»Hör zu,
mon cor.
Ich weiß, wie schwer dies alles zu ertragen ist. Aber heute sind die Männer erleichtert, dass sie in offenem Kampf ihren Mann gestanden haben, und stolz über ihren ersten Triumph. Das dürft ihr ihnen nicht nehmen, denn sie werden noch ihren ganzen Mut aufbringen müssen, wenn wir siegen wollen. Ich brauche deine Hilfe, Berta, deine Stärke. Auch die der anderen Frauen.«
Sie nickte kraftlos.
»Wir werden alles zurückgewinnen«, fuhr ich fort, »und vielleicht viel mehr dazu. Wenn wir es nur wollen!«
Sie sah auf. »Das
viel mehr dazu
ist auch etwas, das mich beunruhigt«, erwiderte sie. Eine Erklärung war nicht nötig. Ich wusste, was sie meinte. Schließlich wischte sie die Tränen fort und bemühte sich, eine entschlossenere Miene aufzusetzen.
»Du hast recht, Jaufré. Ich werde mit den Frauen reden. Wir müssen uns zusammennehmen. Die Männer verdienen Besseres von uns.«
Als sie sich wieder ganz in der Gewalt hatte, zeigte ich auf Guilhem und Severin, die etwas abseits standen und uns neugierig beobachteten, und winkte sie zu uns heran. »Schau her. Noch etwas Gutes hat uns der Morgen gebracht. Wir haben zwei alte Freunde wiedergefunden, die uns helfen werden. Dies ist mein langjähriger
companh
Guilhem. Ich weiß nicht mehr, in wie vielen Schlachten wir Seite an Seite gestanden haben.«
»
Domna
Berta, meine Verehrung«, murmelte Guilhem mit einem verlegenen Grinsen auf dem Gesicht und verneigte sich unbeholfen. Zu mehr war er nicht fähig, denn Bertas Anblick schien ihm die Sprache verschlagen zu haben.
»Und dieser mutige, junge Mann hier«, ich legte Guilhems Gefährten die Hand auf die Schulter, »er heißt Severin, und wenn er etwas seltsam spricht, dann ist es, weil er aus der Gasconha stammt.«
»Domina«,
sprach Severin mit klarer Stimme. Guilhems Hemmungen schienen ihn nicht zu plagen. »Ohne Jaufré wäre es uns beiden heute an den Kragen gegangen. Und wir danken Euch für Eure Gastfreundschaft. Wenn Ihr erlaubt,
Domina,
werden wir für Euch kämpfen!«
Damit verneigte er sich gewandt wie ein Höfling. Na so was, dachte ich erstaunt, wer hätte das gedacht? Berta lächelte beiden freundlich zu. Sie schien ihre Trübsal für den Augenblick vergessen zu haben.
»Ich danke Euch von ganzem
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