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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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und noch zwei Dutzend Leichtbewaffnete, die allerdings nur bedingt nützlich waren. Wie wir damit Robert schlagen sollten, war mir nicht klar. Irgendwie mussten wir verhindern, dass sie sich mit Ricards Männern vereinigten.
    Das Dorf, von dem der Bote berichtet hatte, lag für Roberts Haufen zu weit entfernt, um von dort bis Rocafort in einem durchzumarschieren. Also würden sie irgendwo ein Nachtlager aufschlagen. Wenn wir nur wüssten, wo. Gleichwohl, dass wir sofort ausrücken mussten, darüber herrschte kein Zweifel.
    Nach kurzer Beratung verbreiteten wir die Losung, dass alle Krieger essen und anschließend zwei Stunden ruhen sollten, bevor wir uns in der Abenddämmerung auf den Weg machen würden. Für einen Nachtmarsch waren wir durch unsere ortskundigen Männer besser gerüstet als Robert, und das würde uns den entscheidenden Vorsprung sichern, so hoffte ich.
    Aber aus der Ruhe wurde nichts.
    Zuerst musste Rosa beerdigt werden, und dabei wollte niemand fehlen, ich selbst am wenigsten. Bei den Frauen gab es Tränen, während die Männer mit steinernen Gesichtern dastanden. So auch Gustau, auf dessen Zügen sich kein Muskel regte. Obwohl es eine schwere Sünde ist, sich selbst zu richten, verlor Jacobus kein Wort darüber, sondern hielt eine Grabrede, die uns allen Mut machen sollte.
    »Seit der Herrgott Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben hat«, sprach er, »gehört nicht mehr nur die Freude zum Los des Menschen, sondern auch das Leid, so wie es unsere gute Schwester hier erdulden musste. Manchmal sind die Kräfte des Bösen so übermächtig, dass es scheint, als umgebe uns nur noch Finsternis, und es darum unsäglich schwer ist, nicht zu verzagen und aufzugeben. Aber vergessen wir nicht, dass unser Heiland das Licht der Welt ist, dass Gott die Sonne jeden Morgen von neuem aufgehen lässt und Er uns mit ihr neue Hoffnung bringt, eine Hoffnung, die in sich selbst schon Freude ist und die uns die Zuversicht und Kraft gibt, mit der Zeit alles Leid zu überwinden.«
    Wir beteten mit Jacobus für die Aufnahme Rosas reiner Seele in Gottes Himmelreich. Danach erwies ihr ein jeder die letzte Ehre. Vier Männer senkten langsam den in ein Leinentuch gehüllten Leichnam in die Gruft und begannen, das Grab mit Erde zu füllen. Schweren Herzens gingen wir anderen auseinander.
    Ich bestand erneut darauf, dass meine Krieger etwas Schlaf bekamen, doch kaum hatte jeder ein Ruheplätzchen gefunden, als ein lautes Spektakel begann. Ob es der beschwerliche Aufstieg gestern war, Rosas kläglicher Tod oder die Sorge um die Männer, die bald zum Kampf ausrücken würden, jedenfalls wurde die schwangere Bauersfrau plötzlich und unerwartet früh von heftigen Wehen erfasst. Bei ihrem durchdringenden Gejammer und Gestöhne und dem Hin und Her der Weiber konnte niemand ein Auge zubekommen. Jeder wartete auf das erlösende Geschrei des Neugeborenen, und als es endlich ertönte und auch die Mutter die Tortur gesund überstanden hatte, fand sich auf vielen Gesichtern ein erleichtertes Lächeln. Ich dachte an
Paire
Jacobus’ tröstende Worte. Was ist es an Neugeborenen, dass sie uns, gleichwohl wie düster die Welt sein mag, immer ein Quentchen Hoffnung bescheren?
    Hamid erzählte, dass Menschen im fernen Indien davon überzeugt seien, die Seele lebe so lange weiter, bis sie eines Tages in einem neuen Leib zur Welt komme.
    »Glaubst du, da ist etwas dran?«, fragte ich.
    »Wer kann das wissen? Und wer kann mit Sicherheit sagen, ob es wirklich ein Paradies gibt, eh?«, warf er die Frage spöttisch zurück. »Findest du es nicht seltsam, kaum haben wir Rosa beerdigt, da wird ein Kind geboren? Glaubst du etwa, es ist ein Zufall?«
    Vor meinem inneren Auge sah ich Rosas Geist in dieses noch blutverschmierte, zappelnde Wesen fahren. Erschrocken starrte ich Hamid an. Aber seine Augen blitzten schelmisch, als wolle er sich über mich lustig machen.
    »Verdammt, Hamid«, brummte ich und bekreuzigte mich eiligst. »Paradies und Fegefeuer reichen mir vollauf, hörst du? Verwirr uns nicht mit fremdem Hexenwerk!«
    Die Freude über das Neugeborene war nur von kurzer Dauer, denn dann trafen unsere Späher aus dem Tal ein. Und was sie berichteten, ließ uns das Blut in den Adern gefrieren. Ihr Wortführer wagte mir kaum in die Augen zu blicken.
    »
Castelan,
die Geiseln sind tot!«
    Alles starrte den Mann an, niemand sprach ein Wort.
    Eine eisige Faust packte mein Herz. Mein Blick fand Joana, die sich durch die Menge gedrängt hatte. Ihr Ferran

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