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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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auf vier Mann verringert. Sie raunten und flüsterten finster untereinander. Würden sie trotz Geiseln unser Fußvolk angreifen?
    Robert selbst hatte sich bisher aus allen Kämpfen herausgehalten. Er wirkte seltsam benommen, als könne er nicht glauben, dass seine stolze Mannschaft so schnell geschrumpft war. Neben Ricard und Duran, die ihn schützten, saß der vierte Reiter etwas abseits auf seinem Pferd. Es wurde still, niemand sprach oder regte sich, alles beobachtete mit Spannung die Ritter beider Seiten und wartete, wer zuerst angreifen würde.
    Da brüllte Guilhem los: »Das ist der
fil de puta,
der meinen Gaul geschlachtet hat!« Er gab seiner Stute die Sporen.
    »Was hast du vor?«, rief ich ihm nach.
    »Halt dich da raus, Jaufré!«
    Dreißig Schritt vor dem Gegner zügelte er sein Pferd und wandte sich an ebenjenen vierten, uns unbekannten Reiter, einen grobschlächtigen Kerl in dickem Lederpanzer. Er schulde ihm, verdammt noch mal, ein Pferd, schrie Guilhem. Der Mann blickte erstaunt auf, dann rief er zurück, Guilhem solle es sich doch selbst holen, wenn ihm eines fehle.
    »Das werde ich auch«, schrie unser Freund, »wenn du Manns genug bist, mit mir zu kämpfen.« Er warf die lange, unhandliche
lansa
zu Boden und zog sein Schwert. Was war nur in ihn gefahren? Ich versuchte, ihn zurückzurufen. Aber er tat, als höre er mich nicht.
    Die
pezos
murrten im Hintergrund und riefen ihrem Mann zu, er solle kein Weib sein und das auf sich sitzenlassen. Robert verzog währenddessen keine Miene. Die Söldner begannen, zu johlen und zu pfeifen. Durch das Kämpfen im Wald hatten wir sie um ihr Schauspiel betrogen, und Roberts Mangel an Angriffslust erweckte ihren Spott.
    Plötzlich hatte der Herausgeforderte genug und stieß seinem Pferd die Hacken in die Flanken.
    Guilhem ließ ihn kommen, wehrte fast träge den Speerstoß ab und setzte erst dann seinen Gaul in Bewegung, um den Mann in gemächlichem Trab zu umkreisen. Der griff ihn immer wieder an, konnte ihn aber nicht treffen. Jedes Mal gelang es Guilhem, sein Ross im letzten Augenblick wegzudrehen oder sich zu ducken, wenngleich er dabei einen ungeschickten Eindruck machte. Er nutzte kaum sein Schwert, wankte im Sattel, hielt sich die verwundete Seite und schimpfte lautstark über seinen dummen Gaul, der angeblich nicht so wollte wie er. Sie drehten und wendeten, die Hufe ihrer Tiere wirbelten Staub und Dreckklumpen hoch, immer wieder duckte sich unser Freund im letzten Augenblick oder fing den Stoß mit dem Schild ab. Ich begann, mir Sorgen zu machen. Die Wunde musste ihn geschwächt haben, und jedes Mal, wenn der Speer ihn um Haaresbreite verfehlte, hielt ich den Atem an aus Furcht, nun sei es endgültig um ihn geschehen.
    Hamid musste meine Unruhe bemerkt haben. »Warte es ab, Jaufré! Er spielt nur mit ihm.«
    Und tatsächlich, was wie ein hilfloses Ausweichen aussehen sollte, war bei näherem Hinsehen eine Lehrstunde der hohen Reitkunst. Guilhem beherrschte sein Tier bis zur Vollkommenheit. Allein mit Schenkeldruck, Zungenschnalzen und Körperbewegungen brachte er es dazu, sich mal rechts oder links oder ganz um die eigene Achse zu drehen, zu beschleunigen oder zwei Schritte rückwärts zu setzen, während er selbst vorgab, im Sattel zu wanken, als sei er nicht imstande, sich zu wehren.
    Roberts Mann griff immer wütender an und vergaß dabei die Deckung mit dem Schild. Und als er wieder sein Tier herumzerrte und ungestüm angeritten kam, warf Guilhem seinen Gaul auf die Seite, richtete sich plötzlich im Sattel auf und stieß dem Kerl mit aller Macht das lange Schwert in den ungeschützten Unterleib, wobei Wucht und Geschwindigkeit des Gegners ihr Übriges taten, ihm den Stahl durch den Lederpanzer und tief in den Leib zu treiben.
    Ein langer Seufzer ging durch die Menge der
pezos.
    Mit dem Stiefel stieß Guilhem den Kerl vom Pferd. Der blieb mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden liegen, die Fäuste auf seine tödliche Wunde gepresst. Guilhem schob das blutige Schwert in die Scheide und packte den Zügel des reiterlosen Pferdes.
    »Seinen Panzer könnt ihr behalten«, rief er Roberts Leuten spöttisch zu. »Zu viele Löcher!«
    Damit kehrte er zu uns zurück und reichte Luis die Zügel des erbeuteten Gauls. »Nicht so gut wie meiner, aber ich will nicht kleinlich sein«, grinste er.
    Trotz seines hochmütigen Gebarens war Guilhems Gesicht blutleer und fast grau geworden, und der Fleck auf seiner Seite hatte sich vergrößert und glänzte von frischem

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