Der Bastard von Tolosa / Roman
Blut.
»Halt dich ab jetzt zurück,
mon velh
«, raunte ich ihm zu. »Du hast genug getan.«
»Zu Befehl,
Castelan!
«, murmelte er spöttisch. »Ich überlass euch gern den Rest der Bande.«
Manche der
pezos
hatten sich angewidert abgewandt, als ihr Mann gefallen war. Von unseren eigenen Leuten hörten wir verhaltene Jubelrufe. In diesem Augenblick tauchte Jaume auf. Unbekümmert trabte er heran, als könne keine Sorge seinen Mut trüben. Ich blickte mich um. Wo war Leon?
Die Antwort ließ nicht auf sich warten, als Jaume an uns vorüberritt und sich Robert näherte. Dabei band er etwas vom Sattelknauf los und warf es mit mächtigem Schwung in dessen Richtung. Es war ein von langen schwarzen Haaren bedeckter Menschenkopf, der schwer auf dem Boden aufschlug und weiterrollte, bis er vor den Hufen von Roberts Pferd liegen blieb. Der Gaul scheute, und Robert hatte Mühe, das Tier zu beruhigen. Entsetzt blickte er auf den blutigen Kopf. Es waren
la Vespas
tote Augen, die ihn vorwurfsvoll anstarrten.
»Ist der Kerl einer von Euch?«, fragte Jaume spöttisch und wendete sein Pferd, um sich bei uns einzureihen.
Durans Gesicht war vor Wut über den Tod seines Freundes verzerrt, und er musste sich im Zaum halten, nicht gegen uns loszustürmen. Ich beobachtete Roberts
soudadiers
und
pezos.
Alles kam darauf an, wie sie sich verhielten. Sie machten grimmige Gesichter, und viele packten ihre Speere und hängten sich die Schildriemen um den Nacken. Würden sie trotz Geiseln angreifen?
Aber was ich für Wut gehalten hatte, war nur Ärger über Roberts Unfähigkeit, uns zu besiegen. Vielleicht hatten sie Wetten verloren, denn es gab heftiges Gerede unter ihnen, sogar Handgreiflichkeiten. Die Absicht jener, die sich die Schildriemen umgelegt hatten, war nicht, uns anzugreifen, sondern sich aus dem Staub zu machen. Zumindest drei von ihnen schulterten ihre Speere und machten sich davon. Zwei weitere folgten und dann noch einer. Der einäugige Graubart versuchte, sie zur Umkehr zu bewegen, drohte ihnen mit erhobener Faust. Es half nichts. Zwei weitere gingen.
Auch die, die geblieben waren, warfen sich unruhige Blicke zu, als seien sie unschlüssig, was zu tun sei. Robert sah den Fahnenflüchtigen nur ratlos hinterher.
Ricard dagegen mischte sich ein und befahl den übrigen Söldnern, sich zum Kampf zu stellen. Ebenso den Reitern, mit oder ohne Gäule, denn sie waren gut gewappnet und trugen wie die
pezos
Schild und Speer. Auch zu Fuß waren sie zusammen mit den restlichen
pezos
eine starke Truppe gegen meine Bauernburschen. Über Ricards Angebot, den Sold zu verdoppeln, machten sie nachdenkliche Gesichter, trotzdem folgten sie nicht seinem Befehl. Nicht sofort zumindest.
»Niemand darf in das
tornei
eingreifen! Das ist gegen die Regel!«, widersprach ich heftig.
»Wir scheißen auf deine Regel«, schrie Ricard und lachte bösartig.
Ich starrte ihn an. Dass es so enden würde, hätte ich mir denken können.
»Robert«, versuchte ich dennoch. »Hast du vergessen, dass wir Jordan als Geisel halten? Willst du ihn opfern?«
Roberts Gesicht verfinsterte sich. Er rang mit sich. Aber bevor er antworten konnte, fuhr Ricard dazwischen.
»Ja! Wir opfern ihn. Meinetwegen brecht dem kleinen Scheißer das Genick. Der kümmert mich einen Dreck!« Er lachte hämisch.
Endlich schien Robert aus seiner Trägheit aufzuwachen.
»Nein!«, schrie er rot vor Wut. »Halt dein verdammtes Maul, du hässlicher Wicht. Wer hier bestimmt, bin immer noch ich!«
Doch Ricard nahm ihn nicht mehr ernst. Immer wieder feuerte er die Söldner an, sich auf uns zu stürzen, und machte immer größere Versprechungen. Doch die Uneinigkeit unter den Anführern schien sie nur noch mehr zu verunsichern. Drei weitere
pezos
schüttelten den Kopf und machten sich auf den Weg. Einer schrie Ricard zu, er solle sich andere suchen, seine Drecksarbeit zu machen. Ungläubig starrte Ricard ihnen nach.
»Robert«, sagte ich. »Gib auf, bevor jemand unnötig stirbt.«
Er blickte unsicher in Jordans Richtung. Als er mir wieder den Kopf zuwandte, waren seine Augen voller Misstrauen, denn er fürchtete zu Recht meine Rache. Und dennoch zögerte er.
Ricard dagegen sprang vom Pferd und rannte hinüber zu Ramon und dem Graubart, der ihn bewachte. Er riss meinen Sohn mit einem Ruck vom Maultier, zog sein Schwert, packte das Seil, mit dem sie Ramon gefesselt hielten, und zerrte den Jungen brutal hinter sich her, während er ihm die nackte Klinge an den Hals drückte.
»So kommst
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