Der Bastard von Tolosa / Roman
Ländereien, und als er die Verwüstungen sah, musste ich ihm von unserer Fehde mit Borcelencs erzählen, sagte aber nichts über das Tolosaner Erbe.
»Sei auf der Hut, Jaufré«, warnte mich Alfons. »Ich würde niemandem die Feindschaft eines Borcelencs wünschen. Solltest du mich jemals brauchen, Alter, ich bin zur Stelle, hörst du?«
Ich dankte ihm herzlich, und wir kehrten nach Rocafort zurück, wo man schon mit dem Festmahl auf uns wartete. Noch nie waren so viele Leute in unserer kleinen
aula
versammelt gewesen, und es wurde eine überaus fröhliche Runde. Alfons’ Weib kam mir ein wenig einfältig vor, aber gutherzig. Sie lachte laut und ausgelassen und passte somit gut zu ihrem Gemahl, der nicht müde wurde, Anekdoten von unseren Feldzügen zu erzählen, kräftig dem Wein zuzusprechen und immer wieder über seine eigenen Scherze in schallendes Gelächter auszubrechen.
Joana und Cortesa hatten sich in der Küche schier überboten. Wir aßen zart gegrilltes Zicklein, in der Pfanne gebratene, würzige Blutwürste, die einer meiner freien Bauern aus Dankbarkeit gestiftet hatte, am Spieß geröstete Milchferkel, eingelegte Wachteleier, frischen Fisch aus dem Flüsschen und zehn verschiedene Gemüsegerichte, mit und ohne Knoblauch, aber mit Kräutern und meinem Pfeffer aus Outremer gewürzt. Wir verschlangen Berge von frisch gebackenem, duftendem Brot und tranken ganze Fässchen von Cubarias Reserve leer. Was mir umso besser gefiel, da Prior Bernard den Wein kostenlos gestiftet hatte, vermutlich aus Schuldgefühlen. Nun, trotz allem, dafür wollte ich gern auf das Wohl dieses Raffzahns trinken.
»Ihr Provenzalen denkt nur ans Fressen«, stöhnte Hamid und rieb sich ächzend den Bauch.
»Unrecht hast du!«, rief Alfons. »Es gibt noch andere Dinge, die wir schätzen, nicht wahr,
mon cor?
«
Bei diesen Worten, und angeheitert wie er war, klatschte er seinem Weib so derb auf den breiten Hintern, dass sie erschrocken hochfuhr. »Pfoten weg, du geiler Bock!«, schrie sie, Entrüstung spielend. »Noch dazu vor all den Leuten!« Aber gleich darauf stimmte sie in sein fröhliches Gelächter ein und schob ihm zur Versöhnung ein Stückchen Käse in den Mund.
Schließlich war es so weit. Die Tafel wurde abgeräumt, die Mägde trugen dicke Milch und mit Honig gesüßte Waldbeeren auf, und alle feuerten Jaume an, nun endlich mit seinem Spiel zu beginnen, während sie genüsslich an ihrem Nachtisch löffelten.
Er nahm umständlich seine Laute zur Hand, räusperte sich verlegen, begann, das Instrument nachzustimmen und die ersten Akkorde anzuschlagen. Daraufhin verbeugte er sich zuerst vor Berta, dann vor mir und schließlich vor den anderen Gästen.
»Unser
Castelan
hat mich gebeten, ein
canso
zu Ehren unserer
domina
zu erdichten«, sagte er. »Zuerst wollte mir nichts einfallen, was der Herrin wirklich gerecht werden könnte, denn wer ihren Mut und ihren Liebreiz kennt …«
Er verbeugte sich schnell vor Berta, um zu verbergen, dass er rot geworden war. Die Leute in der
aula
beklatschten begeistert seine Worte und riefen, er solle endlich hören lassen. Auch Berta ermunterte ihn lächelnd.
Jaume hatte sich wieder gefangen und grinste. »Vom vielen Nachdenken sind am Ende sogar zwei Lieder draus geworden. Hier das erste.« Er zupfte die Laute und hob an zu singen.
Domna, tant vos ai preiada,
Si us plaz, q’amar me voillaz,
Q’eu sui vostr’ endomenjaz,
Car es pros et enseignada
E toz bos prez autreiaz.
Herrin, oft hab ich Euch hofiert,
dass Ihr mich lieben möget,
denn ich gehöre ganz Euch,
die Ihr mutig und klug und
mit solch Tugend beschenket seid.
Und in dieser Art ging es weiter über mehrere Strophen hinweg. Ein artiges Liedchen, das Bertas gute Eigenschaften in den höchsten Tönen besang, nicht besonders einfallsreich, aber nett und angenehm. Doch da niemand auf Rocafort in Sachen Musik und Dichtung besonders verwöhnt war, erhielt Jaume tosenden Beifall. Man verlangte nach Wiederholung, und Jaume sang es noch zweimal hintereinander. Berta bedachte ihn jedes Mal mit dem wärmsten Lächeln und bedankte sich vielmals. Alfons’ Weib seufzte tief und warf Jaume schmachtende Blicke zu, eine Tatsache, die ihrem Gemahl gottlob entging, denn der Wein hatte ihn schon mehr als benebelt.
Nach einer kleinen Unterbrechung schlug Jaume erneut seine Laute an und bat um Ruhe. »Und hier ist das Lied, das mein Herr mir besonders aufgetragen hat.« Er lächelte zu mir herüber, und alle Gespräche
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