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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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teilzunehmen, was in diesen Tagen nicht allzu häufig vorkam. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit saß er ziemlich steif bei Tisch, sagte kaum ein Wort und vermied es, Berta oder mich anzublicken. Und wenn sie ihn freundlich ansprach, wie eben alle anderen auch, hatte er doch tatsächlich die Frechheit, bis über die Ohren rot zu werden. Es stimmte also. Der Kerl war in Berta verliebt. Bei der nächsten Gelegenheit achtete ich darauf, ob sie ihn anders als die Übrigen behandelte, ihn bevorzugte oder ihm irgendein Zeichen besonderer Zuneigung schenkte. Aber selbst mein misstrauischer Geist konnte nichts Seltsames an ihrem Verhalten entdecken, jedenfalls nichts, das den Burschen in irgendeiner Form hätte ermutigen können.
    Inzwischen war es Spätsommer geworden, und wie die alte Elena vorausgesagt hatte, seit der Fehde war das Lachen aus Rocafort verbannt gewesen. Auch das Wetter schien mit uns zu trauern, denn wochenlang stürmte der Nordwind, und es war nass und viel zu kühl für die Jahreszeit, so dass jeder in seiner Behausung blieb, wenn er nichts Wichtiges zu erledigen hatte. Aber dann klarte es auf, und das warme Sommerwetter kehrte zurück. Die Kinder tobten aufs Neue im Freien, und die jungen Mägde begannen wieder, leichtere Kleider zu tragen und die Röcke zu schwingen. Die Männer arbeiteten in den Olivenhainen, und an den lauen Abenden saßen die Leute vor ihren Türen, tranken Wein und redeten bis in die Nacht hinein. Der gewohnte Frohsinn war dabei, zurückzukehren.
    Eines Nachmittags tauchte ein Bote auf, der uns den Besuch meines guten Freundes Alfons Guilhem d’Estevenon und seiner Gemahlin für den übernächsten Tag ankündigte. Darüber waren Hamid, Guilhem und ich sehr erfreut, und ich bat unser Weibervolk, ein festliches Mahl herzurichten, obwohl es um den Inhalt unserer Speisekammern eher mager bestellt war. Was fehlte, trug ich ihnen auf, sollten sie in Cubaria kaufen, auch wenn es mich zugrunde richten sollte. Ich wollte mich nicht lumpen lassen, meinen alten
companh
in aller Gastfreundschaft zu empfangen. Dies war eine gute Gelegenheit, den neuen Anfang in Rocafort zu feiern.
    Deshalb ließ ich Jaume kommen.
    »Übermorgen gibt es ein Festmahl«, sagte ich zu ihm. »Ein guter Freund kommt uns besuchen.«
    »Ich habe davon gehört,
Castelan
«, erwiderte er vorsichtig.
    Er sah bleich aus, übernächtigt, als habe er tagelang schlecht geschlafen. Außerdem vermied er meine Augen und sah stattdessen zum Fenster hinaus, als ob es dort Spannendes zu beobachten gäbe.
    »Hat Brun mit dir geredet?«
    »Das hat er.«
    »Und? Was ist mit meinem
canso?
«, fragte ich ungeduldig. »Ich will nicht länger warten. Am Tag des Festmahls wirst du es vortragen. Und keine weiteren Ausreden, ist das klar?«
    Er nickte, aber mit einer Miene, als sei dies sein Todesurteil. »So soll es sein«, sagte er dann mit einem Seufzer. »Aber nur unter einer Bedingung.«
    Ich runzelte die Stirn. »Die wäre?«
    »Ihr zahlt mich gleich jetzt aus,
Castelan
«, stieß er hervor. »Denn nach meinem Vortrag mach ich mich auf den Weg und bin dann endgültig fort von hier!«
    »Warum, zum Teufel, willst du mich verlassen?«
    »Nicht Euch, Herr!«
    Ich starrte ihn an und begriff zuerst nicht. Dann begann es, mir zu dämmern.
    »Bertas wegen?«
    »Es ist Eure eigene Schuld,
Castelan.
«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Um an diesem vermaledeiten
canso
zu arbeiten, musste ich mich mit dem Gegenstand meiner Verse beschäftigen. Und je mehr ich dies tat und nach schönen Worten suchte, umso mehr begann ich, die
Domna
zu verehren.« Zum ersten Mal sah er mich an. »Sie ist einmalig, Herr«, begann er zu schwärmen. »Schön wie eine Elfe, anmutig …«
    »Das weiß ich selbst,
putan!
«, knurrte ich wütend. »Du solltest dichten, aber dich nicht verlieben. Hab ich dir etwa gesagt, du solltest dich verlieben?«
    Er ließ den Kopf hängen. »Es tut mir leid,
Castelan,
aber nun ist es besser, ich ziehe fort und suche mein Glück anderswo. Eine andere Burg, eine neue Herrin, neue Abenteuer, da komme ich auf andere Gedanken.«
    »Verstehe. Und mir tut es erst recht leid, Jaume. Hätte dich gern behalten.«
    So zahlte ich ihn für seine Dienste aus und legte für das Lied noch gutes Gold obendrauf, so wie ich es versprochen hatte, in der Hoffnung, sein
canso
würde uns nicht enttäuschen.
    Alfons und sein Weib kamen am angekündigten Tag schon gegen Ende des Vormittags, und wir begrüßten sie herzlich. Ich führte Alfons über meine

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