Der Bastard von Tolosa / Roman
gewesen, sich nicht zu beteiligen.
Inzwischen waren Wachen in die Halle getreten. Hamid hob Ricards Schwert mit der Linken auf, und ich steckte seinen Dolch in meinen Gürtel. Dann nahm mein Freund die Klinge von Ricards Kehle und hieß ihn aufstehen. Zwei Bewaffnete traten vor und packten ihn an den Armen. Er wehrte sich nicht, als sie ihn mit seinem eigenen Gürtel banden.
Mein Atem hatte sich wieder beruhigt. Ich hielt immer noch den Schild und die schwere Axt. Nun trat ich auf seine drei Kumpane zu.
»Besser, ihr ergebt euch. Oder wollt ihr hier sterben?«
Langsam, mit trotzigen Gesichtern warfen sie ihre Schwerter auf den Tisch. Weitere Wachen traten ein, und alle drei wurden gefesselt und abgeführt.
»Du kamst zur rechten Zeit,
per Dieu!
«, wandte ich mich an Hamid. »Wenig später, und ich wäre Futter für die Geier gewesen.«
»Ich hörte Geschrei aus der Halle und wurde neugierig. Als er auf dich losging, habe ich den rechten Augenblick abgewartet.«
»Wie bist du in die Halle gekommen?«
»Durch die Küche und den Kamin«, grinste er.
Wir verließen die
aula magna
und stiegen die kurze Treppe hinab. Vor mich trat der Wachhauptmann und salutierte.
»Legt die drei in Ketten und steckt sie ins Verlies. So bald wie möglich werden sie gerichtet.« Dann zeigte ich auf Ricard. »Peyregoux hier, den bringt gefesselt zum Grafen in die Stadt. Sagt
Coms
Bertran, dass er und zwei andere mich mit dem Schwert angegriffen haben, obwohl ich unbewaffnet war. Aber, da er sein Vetter ist, übergebe ich ihn seiner Gerichtsgewalt und vertraue auf seine Weisheit.«
Der Mann wiederholte: »Seiner Gewalt und Weisheit. Jawohl. Wir machen uns gleich auf den Weg, Herr.«
Ich fasste mir an die Seite. Meine Tunika hatte ein paar Blutflecke, doch es schien nicht weiter schlimm zu sein. Ricards Schwert hatte mich nur gestreift.
Ich schüttelte den Kopf. »Was für ein Irrsinn!«
»Ich habe dich gewarnt. Aber dank Allah lebst du noch«, war alles, was Hamid dazu sagte. Ich stand immer noch unter höchster Anspannung und leerte auf einen Zug den Becher Wein, den Hamid mir reichte.
»Das wird ein Nachspiel geben. Ich kann das nicht durchgehen lassen. Die hätten mich umgebracht. Noch dazu ihren
castelan.
«
»Es wird kommen, wie es kommen muss«, sagte er bekümmert. »Du wirst nicht aufgeben, und er wird nicht aufgeben. Bis einer von euch beiden tot ist.«
»Was redest du? Der Kerl ist so gut wie erledigt. Weißt du nicht, was Schwurbruch bedeutet?«
Aber in Wirklichkeit war ich mir nicht so sicher. Hatte ich ihn nicht sträflich herausgefordert? Bertran würde entscheiden müssen. Und der Strolch war auch noch sein Vetter. Ich stieß einen lauten Fluch aus.
***
Euthalias rundes Gesicht erschien im Türspalt. Als sie mich erkannte, lächelte sie erfreut und riss die Tür auf.
»Ist Adela bei dir?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf. »Aber tritt erst mal ein, Jaufré.«
Ich zögerte. In Arnauds Abwesenheit war dies eher unschicklich. Doch Euthalia fasste mich am Ärmel und zog mich beherzt in die Kammer.
»Stell dich nicht an. Dafür kennen wir uns zu lange. Und wie du siehst, sind wir nicht allein.« Sie wies auf zwei kleine Buben ihrer Brut, die auf dem Boden spielten. Ich trat in ihre Stube. Als Waffenmeister der Festung belegte Arnaud eigene Räume.
Euthalia trug ein einfaches knöchellanges Obergewand, auf dem die Spuren der täglichen Arbeit mit Haushalt und Kindern zu erkennen waren. Ihre Hand strich ungewollt darüber. »Setz dich. Ich bin gleich wieder da«, sagte sie mit einem verlegenen Lächeln.
Die Kinder starrten mich mit großen Augen an. Einer war blond wie Arnaud, der andere dunkelhaarig. Sie mussten drei oder vier Jahre alt sein. Ich blickte auf die beiden Jungen, ohne sie wirklich wahrzunehmen, denn ich war noch zu aufgewühlt von diesem Kampf in der Halle. Der kleinere der beiden kam näher, fasste mich zutraulich an den Fingern an und grinste, den Kopf im Nacken, zu mir hoch. Unverkennbar das offenherzige Lächeln seiner Mutter.
Schon war Euthalia zurück, diesmal in ein langes, dunkelgrünes Gewand aus feiner Seide gehüllt, das zu ihrer matten Hautfarbe passte.
»Von eurem Zechgelage letzte Nacht hab ich gehört.« Sie schüttelte missbilligend den Kopf und stellte Napf und Löffel auf den Tisch. »Ich bin sicher, du hast nichts gegessen. Also keine Widerrede«, befahl sie in mütterlich strengem Ton und begann, Kräuter zu zerschneiden.
Ihre Wärme und Herzlichkeit taten mir gut.
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