Der Bastard von Tolosa / Roman
sogar gelungen, sein Handgelenk zu packen. Dann sprang ich außer Reichweite und spürte über den Rippen ein Brennen auf der Haut. War ich getroffen?
Ricard stand mit dem Rücken zum Halleneingang und versperrte mir den Fluchtweg. Er war jetzt vorsichtiger, verlagerte sein Gewicht ein wenig von einem Fuß auf den anderen, fast wie ein Tänzer. Er machte den Eindruck eines geübten Schwertkämpfers. Seine Haltung war tadellos, und er stand federnd und leichtfüßig, fast katzenhaft, auf den Beinen. Er schwang sein Schwert in weitem Bogen, so dass die lange Klinge mit hörbarem Ton die Luft spaltete. Doch ich achtete nicht auf sein Schwert, sondern starrte ihm in die Augen. Dort würde ich zuerst erkennen, wenn er zum Angriff ansetzte.
Seine Zechbrüder waren aufgesprungen und näherten sich langsam wie ein Rudel Wölfe, das die Beute umkreist. Der mit den Pockennarben hatte ebenfalls sein Schwert gezogen. Er war klein und beweglich und starrte mich mit stechenden Augen an. Ich war ihnen ausgeliefert wie ein Schlachtlamm.
»Haltet euch raus, sonst wird es euch schlecht ergehen«, rief ich den anderen zu.
Ein Grinsen zeigte sich auf ihren vom Wein geröteten Gesichtern. Nun riss auch der blonde Riese sein Schwert aus der Scheide. Ein einziger, gut gezielter Schwertschlag konnte mich töten oder zum Krüppel machen. Während Ricard mich in Schach hielt, rückten seine beiden Hunde näher. Nur der dritte hatte keine Waffe gezogen und hielt sich zurück. Ich begann, ernsthaft um mein Leben zu fürchten.
Ricard machte einen erneuten Vorstoß. Dabei erahnte ich die Bewegung aus den Augenwinkeln mehr, als ich sie sah, und sprang zurück, näher zur Seitenwand der Halle. Aber es war nur eine Finte gewesen, denn Ricard federte leichtfüßig zurück und lachte über meinen hastigen Rückzug.
»Schweißtreibende Arbeit, was, Montalban?«
Mir lief tatsächlich der Schweiß von der Stirn. Wenn es ihnen gelang, mich in die Mitte zu nehmen, war ich geliefert. Von betrunkenen Halunken in meiner eigenen Burg erstochen zu werden, was für ein lächerlicher Tod nach all den Schlachten, die ich überlebt hatte. Gab es eine Möglichkeit, an Ricard vorbei zur Tür zu gelangen? Doch den Gedanken verwarf ich wieder.
»Ist wie blinde Kuh spielen«, lachte Ricard spöttisch. »Dabei machen wir es leicht für dich, denn du trägst ja nicht mal eine Augenbinde, nicht wahr, Jungs?« Der Saal hallte von ihrem betrunkenen Lachen.
Plötzlich sah ich, wie Ricards Pupillen sich verengten. Blitzschnell holte er aus und schnellte nach vorn, um mir den Schädel zu spalten. Viel Platz zum Ausweichen hatte ich nicht und hätte deshalb unter seinem Arm wegtauchen sollen. Stattdessen sprang ich weiter zurück zur Wand und riss das erste solide Stück herunter, das ich zu fassen bekam. Es war ein Schild, den ich an beiden Enden packte und gerade noch hochreißen konnte, bevor Ricards Schlag mich in zwei Stücke zerteilt hätte. Er hatte seine ganze Kraft hineingelegt, und fast hätte es mich in die Knie gezwungen. Der Junge mochte klein sein, aber kräftiger als gedacht. Das Echo des Schlags hallte durch den Raum und dröhnte in meinen Ohren.
Deable!
Das war kein Spiel mehr.
Bevor er erneut ausholen konnte, stürmte ich vor, rammte ihm den schweren Schild in die Brust und warf mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen. Er strauchelte und stürzte mit einem erschrockenen Aufschrei zu Boden. Ich wollte meinen Vorteil nutzen und ihm den Schild ins Gesicht rammen, doch schon bedrängte mich der Pockennarbige mit der Waffe. Ich sprang zurück. Es gelang mir, mit der linken Faust den Schild am Innengurt zu packen und hochzureißen, so dass die schwere Klinge nur den eisenbeschlagenen Schildrand traf. Wieder dröhnte das Echo des Schwerthiebs wie ein Hammerschlag durch die Halle.
Ich lief weiter rückwärts und verdrehte die Augen verzweifelt auf der Suche nach einer Waffe an den Wänden. Der muskelbepackte Blondschopf näherte sich nun ebenfalls. Im Hintergrund hatte Ricard sich wieder aufgerappelt und funkelte mich böse an, während er sich mit dem Ärmel das Blut von der Lippe wischte. Dann packte er sein Schwert fester, und sie begannen, mich zu umkreisen.
»Bist du von Sinnen, Ricard?«, schrie ich.
»Hör auf, wie ein Weib zu flennen!«, verhöhnte er mich. »Wer ist jetzt die Memme, eh?«
»Was du vorhast, ist Mord. Dafür wirst du hängen!«
»Wieso Mord?« Er zog unschuldig die Augenbrauen in die Höhe. »Du hast mich angegriffen. Alle werden
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