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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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verwundert
an.
    Dieser Augenblick mußte es wohl gewesen sein.
    Bei ihm.
    Bei ihr nicht.
    Ein Augenblick, wo im Film die Geigen einsetzen.
    Für ihn.
    Nicht für sie, die einen Haken um Bastian schlug
wie um ein Hindernis, das ihr im Weg stand, und den Flur hinunterging. Er
folgte ihr verzaubert.
    Sie war so gar nicht sein Typ und entsprach
dennoch der unklaren Vorstellung von jener Frau, auf die er bisher vergebens
gewartet hatte.
    Aber mußte das ausgerechnet eine Ärztin sein!?
    Sie öffnete die Tür von Zimmer 338. Das war
Großmutters Unterkunft.
    Die Tür schloß sich hinter ihr.
    Vergessen waren seine Fluchtgedanken, seine
Krankenhausallergie. Er wartete darauf, daß sich die Tür von 338 wieder öffnen
und sie herauskommen würde.
    Die Tür von 338 öffnete sich, und Schwester
Theresa kam mit Frau Kynasts Schüssel heraus.
    Schwester Theresa sagte zu ihm: »Sie können noch
nicht hinein. Doktor Freude ist drin. Und überhaupt ist jetzt keine
Besuchszeit. Wo kämen wir denn hin, wenn wir ständig Ausnahmen machen würden!«
    Schwester Theresa ging den Flur hinunter und
verschwand in der Fäkalienspüle. Bastian hätte sie am liebsten dort
eingeschlossen, damit sie ihn nicht verscheuchen konnte. Er mußte die Ärztin
wiedersehen. Doktor Freude hieß sie. Freude schöner Götterfunken. Doktor Freude
schöner Götterfunken.
    Er fand sich schon sehr albern.
    Sie verließ das Zimmer 338. Bastian stellte sich
ihr in den Weg.
    Verwunderter Blick aus weit
auseinanderstehenden, bernsteingoldenen, skeptischen Augen. Die Augen waren
eigentlich viel zu groß für ihr Gesicht.
    »Ja, bitte?«
    »Wie geht es meiner Großmutter?«
    »Großmutter? Welcher?«
    »Frau Guthmann.«
    »Oh, gut. Sehr gut.«
    »Und ihr Vorfall?«
    »Der wird ihr keine Beschwerden mehr machen.«
Sie wollte weitergehen. Dazu mußte sie wieder einen Haken um ihn schlagen.
    »Wie passiert denn so was?« fragte Bastian, sich
an ihre Fersen heftend.
    »Bei fünf Kindern kommt das schon mal vor.«
    »...und bei dreizehn Enkeln«, sagte er
verstehend.
    »Die haben damit nichts zu tun«, sagte Dr.
Freude. »Die gehen höchstens auf die Nerven.« Sie blieb stehen und lachte. »Sie
sind Bastian, der dreizehnte, nicht wahr?« Amüsiert betrachtete sie ihn. »Sie
sind ein Siebenmonatskind.«
    »Ja, wieso?«
    »Mit fünf Jahren fielen Sie vom Kirschbaum. Sie
blieben zweimal sitzen. Meisterten Ihr Abitur mit einundzwanzig. Dann
studierten Sie Maschinenbau. Liebten eine Fünfunddreißigjährige. Ihre Familie
stand kopf. Sie sattelten um...«
    »Auf eine Neunzehnjährige.«
    »Auf Pädagogik.«
    Bastian legte die Hände vor sein Gesicht.
    »Machen Sie sich nichts draus.«
    Bastian nahm die Hände wieder herunter. »Es wird
immer schlimmer mit ihr, je älter sie wird. Hat sie Ihnen auch von dem Schäfer
erzählt? Von dem, der sie im Jahre 38 gesundgebetet hat, als sie die Gürtelrose
hatte?«
    Dr. Freude drückte die Klinke von Zimmer 331.
»Nein«, sagte sie, »bisher nicht. Aber ich nehme an, das wird sie noch. Ihre
Großmutter ist ja noch ein paar Tage hier.«
    »Ein Glück«, sagte Bastian, »ein solches Glück.
Muß ich noch öfter zu Besuch kommen.«
    Die Person, die er so spontan zu lieben begonnen
hatte, war schon beinah im Zimmer 331, und ehe sie da wieder herauskam, würde
längst Schwester Theresa aus Gleiwitz zurückgekehrt sein und ihn exmittieren.
    »Hören Sie sagte er dringend hinter ihr her.
    »Was denn noch?«
    »Ich hasse Krankenhäuser.«
    »Dann gehen Sie doch auch zum Schäfer.«
    »Aber wenn es die einzige Möglichkeit wäre, Sie
wiederzusehen, ließe ich mich hier einweisen. Und wenn ich Terpentin saufen
müßte.«
    Die Ärztin betrachtete ihn kopfschüttelnd. »Für
Terpentin bin ich nicht zuständig. Da müßten Sie sich schon ein Frauenleiden
zulegen. Schaffen Sie das?«
    Und damit schloß sich die Tür von Zimmer 331
hinter ihr. Bastian war abgeblitzt. Aber er nahm es Dr. Freude nicht weiter
übel, daß sie noch so gar nichts für ihn empfand.
    Bei manchen dauert das eben länger.
     
     
     

Micky
     
    Seit er an der Münchner PH studierte, bewohnte
Bastian eine Mansardenwohnung in einem Altbau nahe den Isarauen. Er war das
Lieblingsthema der weiblichen Mieter im Treppenhaus. Sie hatten so ziemlich
alles an ihm zu besprechen — sein Privatleben, seine Gewohnheiten, die Fenster
putzte er auch nie und verlor ständig etwas, wenn er seine überfüllten
Mülltüten auf den Hof hinuntertrug. Außerdem hatte er lange Haare. Insgesamt
waren

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