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Der Bauch von Paris - 3

Der Bauch von Paris - 3

Titel: Der Bauch von Paris - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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versicherte ihr, sie könne unbesorgt sein. Die Bewegung war nicht gut für ihn; seit er sich rührte, fühlte er, wie sein Hunger wieder erwachte. Er setzte sich mit dem Rücken an einen Haufen Kohl neben der Ware von Frau François, sagte sich, daß er es hier aushalten, daß er sich nicht mehr regen, daß er abwarten würde. Sein Kopf kam ihm ganz leer vor, und er konnte sich nicht deutlich erklären, wo er sich befand. Von den ersten Septembertagen an ist es frühmorgens ganz dunkel. Die Laternen um ihn herum blakten sanft und drangen nicht durch die Finsternis. Er saß am Rande einer breiten Straße, die er nicht wiedererkannte. Weit weg versank sie in der stockdunklen Nacht. Außer der Ware, die er bewachte, konnte er kaum etwas unterscheiden. Drüben türmten sich längs der Steinplatten undeutliche Haufen. In der Mitte des Fahrdamms versperrten grau wirkende Umrisse von großen zweirädrigen Karren die Straße; und ein Schnaufen, das vorüberstrich, ließ von einem Ende zum andern eine Reihe von angeschirrten Tieren ahnen, die nicht zu sehen waren. Zurufe, der Lärm, wenn ein Stück Holz oder eine Eisenkette aufs Pflaster fiel, der dumpfe Lawinenrutsch einer Wagenladung Gemüse, das letzte Rücken eines Wagens, der an die Bordschwelle stieß, brachten in die noch schlafende Luft das sanfte Raunen eines dröhnenden und ungeheuren Erwachens, das man in der Tiefe dieses bebenden Dunkels herannahen fühlte. Als sich Florent umwandte, gewahrte er an der andern Seite seiner Kohlköpfe einen Mann, der, den Kopf auf einem Korb Pflaumen, wie ein Paket in einen Mantel eingewickelt, dalag und schnarchte. Mehr in seiner Nähe erkannte er links ein Kind von ungefähr zehn Jahren, das mit dem Lächeln eines Engels in einer Kuhle zwischen zwei Bergen von Schikoree eingeschlummert war. Und außer den Laternen am Rande des Bürgersteigs, die am Ende unsichtbarer Arme tanzten und über den Schlaf der da herumliegenden Menschen und Gemüsehaufen, die auf den Tag warteten, mit einem Satz hinwegsprangen, war noch nichts richtig wach. Aber was ihn in Erstaunen setzte, waren riesige Hallen zu beiden Seiten der Straße, deren übereinandergetürmte Dächer immer größer zu werden, sich auszudehnen und sich in einem zerstiebenden Schimmer zu verlieren schienen. Sein entkräfteter Geist träumte von einer Reihe unermeßlicher und ebenmäßiger Paläste von kristallener Schwerelosigkeit, die auf ihren Fassaden tausend Flammenstreifen sich unendlich fortsetzender Jalousien entzündeten. Zwischen den schmalen Pfeilern bildeten diese dünnen gelben Stäbe Leitern von Licht, die bis zu der dunklen Linie der ersten Dächer emporstiegen, die darauf gehäuften oberen Dächer erklommen und die großen Gerippe unendlicher Räume in ihrer Vierschrötigkeit sehen ließen, wo unter dem gelben Schein der Gasflammen ein Durcheinander von grauen, verschwommenen und schlafenden Gestalten herumlag. Er wandte den Kopf, ärgerlich darüber, daß er nicht wußte, wo er sich befand, beunruhigt durch diese kolossale und hinfällige Erscheinung; und als er aufblickte, gewahrte er das beleuchtete Zifferblatt von SaintEustache und die graue Masse der Kirche. Das verwunderte ihn tief. Er befand sich an der Pointe SaintEustache.
    Inzwischen war Frau François wiedergekommen. Sie hatte einen heftigen Wortwechsel mit einem Mann, der einen Sack auf der Schulter trug und ihr für ihre Möhren einen Sou für das Bund zahlen wollte.
    »Hören Sie, Sie sind wohl nicht bei Trost. Lacaille … Sie verkaufen sie für vier und fünf Sous an die Pariser weiter, streiten Sie das nicht ab … Für zwei Sous, meinetwegen.« Und als der Mann ging, fuhr sie fort: »Die Leute glauben, das wächst von selber, wahrhaftig … Soll er ich Möhren für einen Sou suchen, dieser versoffne Lacaille … Passen Sie auf, er kommt zurück«, wandte sie sich an Florent. Sich neben ihn setzend, redete sie dann weiter: »Sagen Sie mal, wenn Sie lange von Paris fort waren, kennen Sie vielleicht die neuen Markthallen noch gar nicht? Es ist ja höchstens fünf Jahre her, daß sie gebaut wurden … Da, sehen Sie, das neben uns ist die Blumen und Obsthalle, etwas weiter die für Seefische, die für Geflügel und dahinter die für Grobgemüse, für Butter und Käse … Sechs Hallen sind auf dieser Seite und dann gegenüber auf der anderen Seite noch vier – für Fleisch, für Kaldaunen – und La Vallée5… Alles sehr groß, aber im Winter schauderhaft kalt. Sie wollen ja noch zwei Hallen bauen

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