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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Ausfragerei nicht länger ertragen wollte, legte sich Iker auf seine Matte und tat so, als wolle er einschlafen.
    Der Kapitän unterhielt sich mit einem anderen Fahrgast. Offenbar war er ein unverbesserlicher Schwätzer.
     
     
    Wie angekündigt, legte das Schiff sehr oft an. Die einen stiegen aus, andere kamen an Bord, man unterhielt sich, knabberte Fladenbrot, Zwiebeln und Dörrfisch, trank süßes Bier und ließ sich von den sanften Bewegungen des wohlwollenden Flusses wiegen. Mit einem Ohr hörte Iker den Familiengeschichten und Berichten von Gerichtsverfahren und häuslichen Streitereien zu.
    Als sie wieder anlegten, wurde Nordwind auf einmal unruhig und stellte die Ohren auf.
    Sie hielten nicht bei einem Dorf, sondern an einem kleinen, von Bewässerungsgräben durchzogenen Palmenhain, aus dem zwei unrasierte Männer mit muskulösen Armen kamen.
    Sie sahen aus wie die Ruderer von der Schiffsmannschaft, die Iker hatte umbringen wollen. Die beiden Männer machten es sich am Heck bequem.
    Der Kapitän hatte ihm also eine Falle gestellt! Er hatte sich nur über ihn lustig machen wollen, indem er ihm Fragen stellte, deren Antworten er längst kannte. Und diese beiden Gauner würden den Rest der Arbeit erledigen.
    Iker ging zu dem Bärtigen, der eingenickt zu sein schien.
    »Ihr schaut ja gar nicht auf den Fluss!«
    »Ein guter Seemann schläft immer nur mit einem Auge.«
    »Ich will sofort aussteigen.«
    »Wir sind aber noch weit weg von Kahun!«
    »Ich habe es mir anders überlegt.«
    »Du scheinst nicht zu wissen, was du willst, Junge. Wo willst du denn nun wirklich hin?«
    »Ich will sofort an Land.«
    »Hier ist aber jetzt kein Halt vorgesehen. Wenn du darauf bestehst, musst du noch etwas zahlen.«
    »Habe ich Euch etwa nicht schon genug gegeben?«
    »Doch, schon, aber…«
    »Genügt Euch eine neue Matte?«
    »Wenn sie wirklich neu ist…«
    Iker gab ihm eine von seinen beiden Reisematten. Der Kapitän war zufrieden und begann mit dem Landemanöver.
    Kaum war der Steg ausgefahren, als Iker und Nordwind auch schon an Land gingen. Iker war überzeugt, die beiden Ruderer würden ihnen folgen.
    Da hatte er sich jedoch getäuscht. Das Boot fuhr mit ihnen davon.
    »Jetzt müssen wir weiter laufen als geplant«, sagte Iker zu Nordwind. »Aber dafür ist wenigstens keiner hinter uns her.«
    Der Esel nickte zustimmend, und Iker war erleichtert.
    »Diese beiden Kerle sahen wirklich übel aus. Nach allem, was ich erlebt habe, muss ich schließlich misstrauisch sein.«
    Iker überzeugte sich davon, dass sein Schreibwerkzeug vollständig war; sein Esel verspeiste inzwischen genüsslich einige Disteln. Dann gingen sie auf einem Weg, der an den Feldern vorbeiführte, weiter Richtung Norden.
    »So viele Fragen quälen mich! Vielleicht finde ich in Kahun Antworten darauf. Aber warum weigert man sich, mit mir über das Land Punt zu sprechen? Djehuti hat mir nur einen Teil der Wahrheit anvertraut. Außer er selbst ist schlechter unterrichtet, als ich vermute. Und der Pharao persönlich soll gewollt haben, dass ich sterbe! Was habe ich ihm denn getan? Ich bin ein Nichts, ich bedrohe seine Macht auf keine Weise. Dennoch hatte er es ausgerechnet auf mich abgesehen. Wenn ich vernünftig wäre, würde ich verschwinden und zusehen, dass man mich vergisst. Aber ich kann unmöglich auf die Wahrheit verzichten, egal wie gefährlich das auch sein mag. Und ich will sie Wiedersehen. Wenn ich weiter kämpfen will, dann nur wegen ihr.«
    Nordwind entschied, wann sie sich ausruhen sollten und suchte schattige Plätzchen, wo sie schliefen, ehe es weiterging. Die beiden Weggefährten begegneten nur ein paar Bauern, von denen manche mürrisch, andere freundlich waren. Auf einem Bauernhof schrieb Iker verschiedene Briefe an die örtliche Verwaltung, mit der der Besitzer im Streit lag. Als Gegenleistung bekam Iker von ihm etwas zu essen.
    Als sie sich schließlich dem reichen, üppigen Fayyum näherten, begann der Esel laut zu schreien.
    Ganz offensichtlich hatte er eine Gefahr gewittert.
    Auf einem Hügel stand ein Schakal und musterte die Eindringlinge, die sich in sein Reich gewagt hatten. Dann hob er den Kopf zum Himmel und stieß seltsame Töne aus, die sich Nordwind ganz genau anhörte, um nun entschlossenen Schritts auf das Raubtier zuzugehen.
    Iker begriff, dass die beiden Tiere miteinander gesprochen hatten. War der Schakal nicht die Verkörperung von Anubis, der hier und im Jenseits alle Wege kannte?
    Die beiden Freunde passten sich dem

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