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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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gutes Benehmen. Nehmt ihn mit, ich will ihn nicht mehr sehen müssen.«
    Iker sagte kein Wort zu den Schergen, die ihn in das Gefängnis brachten, das außerhalb der Stadt lag. Sie warfen ihn in eine Zelle, in der bereits drei Hühnerdiebe saßen – ein junger und zwei Alte.
    »Was hast du gemacht?«, fragte der Junge.
    »Nichts.«
    »Genau wie ich. Und wie viele Gänse hast du gestohlen?«
    »Keine einzige.«
    »Keine Angst, hier kannst du die Wahrheit sagen. Wir sind auf deiner Seite.«
    »Wie lange bist du schon hier?«
    »Ein paar Wochen. Wir müssen warten, bis der Richter geruht, sich um uns zu kümmern. Leider ist er ziemlich streng. Es kann gut sein, dass man einiges aufgebrummt kriegt, vor allem wenn man nicht zum ersten Mal hier ist. Macht man ein Geständnis und tut so, als ob man alles bereuen würde, ist er meistens etwas gnädiger. Wenn du dich damit nicht auskennst, können wir mit dir üben.«
    »Ich bin ein Schreiber und habe nichts gestohlen.«
    Der eine Alte öffnete ein Auge. »Ein Schreiber und im Gefängnis? Dann musst du aber ein Schwerverbrecher sein! Erzähl mal.«
    Iker hatte keine Lust mehr und verzog sich in eine Ecke der Zelle.
    »Lasst ihn in Ruhe«, meinte der Junge.
    Iker hatte zwar alles verloren, weigerte sich aber dennoch, die Hoffnung aufzugeben.
    War er schon wieder in eine Falle getappt? Nein, weil ihn ja der Schakal von Anubis hierher gebracht hatte. Das Ganze musste ein Missverständnis sein. Vielleicht dauerte es einige Zeit, bis er es aufklären konnte, aber irgendwann würde Iker das gelingen.

 
46
     
     
     
    Mit einem lauten Knall wurde die Zellentür aufgestoßen.
    »He, du da«, sagte ein Wärter zu Iker, »steh auf und komm mit.«
    »Wohin bringst du mich?«
    »Das wirst du schon sehen.«
    Drei Wärter holten ihn aus dem Gefängnis, fesselten ihm aber zu seiner großen Überraschung nicht wieder die Hände.
    »Bin ich etwa frei?«
    »Wissen wir nicht, wir sollen dich den Behörden vorführen. Wenn du versuchst zu fliehen, machen wir dich fertig.«
    Die Hoffnung auf ein besseres Schicksal hatte sich also schon wieder in Luft aufgelöst. Ihn erwartete von dieser Behörde vermutlich ein hartes Urteil – wahrscheinlich mehrere Jahre Zwangsarbeit in den Kupferminen oder in einer Oase in der Westlichen Wüste.
    Einer gegen drei, das könnte gelingen. Aber die Wärter durften nicht so nah bei ihm bleiben, damit er erfolgreich zuschlagen konnte. Leider verstanden sie etwas von ihrem Beruf und gaben ihm keine Chance.
    Iker sah zum ersten Mal Kahun, ein Viereck von 390 auf 420 Metern, umgeben von einer Stadtmauer, die sechs Meter hoch und drei Meter dick war. Das wichtigste Stadttor befand sich auf der nordöstlichen Seite und wurde von vier Soldaten bewacht.
    »Wir bringen euch den Gefangenen.«
    »Ist gut, wir übernehmen ihn«, sagte ein Offizier und rief zwei seiner Leute zu sich.
    Die Soldaten waren kräftiger gebaut als die Wärter und mit Spießen bewaffnet. Wenn sie damit umgehen konnten, würde Iker nicht weit kommen. Also ergab er sich fürs Erste in sein Schicksal.
    Das Quartett ging nun durch eine breite Hauptstraße, von der aus kleinere Straßen in die beiden größten Stadtviertel führten. Man erkannte auf den ersten Blick, dass die ganze Stadt wie auf dem Reißbrett angelegt und sorgfältig geplant war. In diesem merkwürdigen Ort, an dem es für eine ägyptische Stadt ungewöhnlich ruhig zuging, fühlte sich Iker sofort wohl.
    Es gab nicht viele Verkaufsstände, dafür aber schöne weiße Häuser, und alles war vorbildlich sauber. Iker hätte Kahun gern näher kennen gelernt, aber die Soldaten trieben ihn zur Eile an.
    »Beeilt euch, der Stadtvorsteher hasst es, warten zu müssen.«
    Das beeindruckende Gebäude, in dem der Herr über die Stadt wohnte, war auf einer geschützten Anhöhe erbaut, von wo aus es das Häusergewirr unten überblickte.
    Und obwohl das ausladende Haus mit seinen siebzig Zimmern nicht weniger als zweitausendsiebenhundert Quadratmeter groß war, konnte man es nur durch eine schmale Tür betreten. Die Wachhäuschen auf beiden Seiten waren mit Soldaten besetzt.
    »Hier ist der Gefangene, den der Stadtvorsteher sehen will«, meldete der Offizier.
    »Moment bitte, ich verständige seinen Haushofmeister.«
    Linker Hand führte ein gefliester Weg zur Küche, zu den Ställen und den Werkstätten. Der Verwalter, Iker und die Soldaten nahmen den rechten Gang, der sie in ein Vorzimmer brachte. Von dort gelangte man über einen weiteren Flur in

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