Der Baum des Lebens
Provinzfürsten!«, rief General Nesmontu. »Sie überwachen die Wege durch die Wüste, die zu den Minen führen, und häufen so persönliche Reichtümer an. Damit ist es für sie einfach, Soldaten und Söldner bestens zu bezahlen.«
»Wahrscheinlich hast du Recht«, sagte der Monarch bekümmert, »trotzdem übergebe ich Senânkh den vertrauensvollen Auftrag, die Schätze aller Tempel zu überprüfen. Vielleicht findet er ja doch, wonach wir suchen.«
Der Pharao erhob sich.
Jeder wusste nun ganz genau, was er zu tun hatte.
Als Sobek die Tür des Sitzungssaales öffnete, traf er auf einen seiner Leute, der ganz offensichtlich außer sich war.
»Schlechte Nachrichten, Herr. Der Mann, der mir gerade diesen Bericht übergeben hat, ist äußerst zuverlässig.«
Nachdem Sobek den kurzen, schrecklichen Text überflogen hatte, kam er zu dem Schluss, dass er den Pharao bitten musste, die Besprechung mit seinem engsten Beraterkreis zu verlängern.
28
»Dem Bericht zufolge, den ich soeben erhalten habe, Majestät«, erklärte ein ratloser Sobek, »wurden die Türkisminen der Göttin Hathor überfallen und alle Minenarbeiter getötet. Die Ordnungshüter, die auf ihrem Rundgang dort hingekommen sind, haben nur noch verbrannte Leichen gefunden.«
Alle Mitglieder des Hohen Rates waren entsetzt. Sesostris wirkte noch ernster als sonst.
»Wer ist denn zu einem derartig abscheulichen Verbrechen fähig?«, fragte Sehotep in die Runde.
»Wahrscheinlich die Sandläufer«, vermutete General Nesmontu. »Nachdem sich jeder Provinzfürst nur um die eigene Sicherheit kümmert, geht es ihnen glänzend!«
»Normalerweise vergreifen sie sich aber nur an Karawanen«, entgegnete Sobek. »Und sie sind berechnend genug einzusehen, dass ihnen die Verwüstung königlicher Besitzungen allergrößte Schwierigkeiten einbrächte!«
»Du vergisst dabei, dass sie nicht greifbar sind. Dieser Vorfall ist sehr ernst, er beweist, dass sich die einzelnen Clans zu einem Generalangriff zusammenschließen.«
»Wenn das so ist, werden sie es nicht dabei bewenden lassen«, bemerkte Sesostris. »Man bringe mir so schnell wie möglich die Berichte über die Mauern des Herrschers und die Festungen in Kanaan.«
Senânkh betraute Medes mit dieser Aufgabe, der sich als erstaunlich tüchtig erwies.
Bei Durchsicht der Dokumente stellte der Monarch fest, dass nur ein einziger Garnisonsposten stumm geblieben war: Sichern.
»Eine kleine mittelmäßige Truppe, die von einem Kommandanten befehligt wird, der ständig seine Versetzung verlangt«, erklärte General Nesmontu. »Für einen Angriff der Beduinen wären sie genug Leute und auch entschlossen genug, aber einem derartigen Vorstoß könnten sie nicht standhalten. Es sieht ganz danach aus, als gäbe es in der Gegend einen Aufstand gegen unsere Grenzposten.«
»Sie müssen in höchste Alarmbereitschaft versetzt werden«, befahl Sesostris. »General, du machst sofort alle unsere Regimenter mobil. Sobald sie marschbereit sind, brechen wir nach Sichern auf.«
Schiefmaul war mit ganzem Herzen bei der Sache. Sein neuer Beruf als Ausbilder zukünftiger Widerstandskämpfer machte ihm so viel Spaß, dass er nicht darauf achtete, wie viele Übungsstunden geleistet wurden, wobei kein einziger Kampf gestellt war. Jeden Tag mussten mehrere junge Männer sterben. Nach Schiefmauls Ansicht, der immer mehr verlangte und immer gnadenloser wurde, waren sie schlicht unfähig. Der Prophet wollte Einheiten, die vor keiner Gefahr zurückschreckten.
Mit seinen täglichen Predigten, denen alle Einwohner von Sichern, mit Ausnahme der Frauen, die ihre Häuser nicht verlassen durften, zuhören mussten, machte ihnen der Prophet Mut. Er verheimlichte dabei nicht, dass es zu heftigen Kämpfen kommen würde, stellte ihnen aber den vollkommenen Sieg in Aussicht. Die tapferen Männer, die dafür ihr Leben lassen sollten, kämen direkt ins Paradies, wo sie von den schönsten Frauen verwöhnt werden würden und der Wein nur so in Strömen floss.
Shab der Krumme machte alle Drückeberger aus und lieferte sie Schiefmaul, der sie als Zielscheibe für seine Bogenschützen und Messerwerfer verwendete. Obwohl er von seiner unverhofften neuen Existenz wie berauscht war, konnte die rechte Hand des Propheten seine Unruhe nicht verbergen.
»Herr, ich fürchte, dass unser Sieg nicht von Dauer sein wird. Glaubt Ihr nicht, dass der Pharao handeln wird?«
»Doch, natürlich.«
»Sollten wir nicht vielleicht… weniger sichtbar
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