Der Baum des Lebens
ausführen, Majestät. Darf ich Euch aber daran erinnern, dass die Streitkräfte der Provinzfürsten zusammengenommen unserer Armee weit überlegen sind? Ganz zu schweigen von unserer unzureichenden Ausrüstung und der Baufälligkeit vieler Kasernen.«
»Was die beiden letzten Punkte betrifft, möchte ich, dass du darüber unverzüglich einen genauen Bericht anfertigst, damit wir wirksam gegen diese Mängel vorgehen können. Im Übrigen ist mir der Ernst der Lage durchaus bewusst, und ich werde nicht tatenlos zusehen.«
»Ihr könnt auf meine Ergebenheit zählen, Majestät«, versprach General Nesmontu.
Sobek der Beschützer hätte sich nur zu gern aus dieser Gesellschaft zurückgezogen, in der er sich fehl am Platze fühlte, aber nun sah der Souverän ihn ernst an.
»Sobek, dich ernenne ich zum Oberkommandeur der gesamten Ordnungskräfte des Landes. Du sollst angemessen dafür sorgen, dass unser Land sicher ist, den freien Verkehr von Menschen und Waren sicherstellen, die Einhaltung der Schifffahrtsgesetze überwachen und Unruhestifter festsetzen.«
»Das will ich gerne tun«, versprach Sobek, »aber darf ich Eure Majestät um den Gefallen bitten, mich nicht in ein Arbeitszimmer zu sperren? Ich möchte weiterhin mit meiner kleinen Mannschaft für Euren persönlichen Schutz sorgen.«
»Dann musst du selbst Mittel und Wege finden, wie du das mit deinen anderen Pflichten vereinbaren kannst.«
»Ihr könnt auf mich zählen, Majestät!«
»Das Pharaonentum ist ein lebendiges Gebilde«, fuhr Sesostris fort. »Auch wenn der Pharao weder Bruder noch Sohn hat, an den er sein Amt weitergeben könnte, muss er doch fortsetzen, was sein Amtsvorgänger begonnen hat, und sich selbst als Herrscher verwirklichen. Nur ein Schwacher hat keine Feinde, und Maats Kampf gegen isefet, also gegen Gewalt, Lüge und Ungerechtigkeit, wird nie enden. Heute nimmt das Ganze aber eine ungewohnte Wendung, weil einige unter unseren Gegnern im Verborgenen handeln, und zwar ganz besonders diejenigen, die entschlossen sind, das Pharaonentum und Ägypten selbst zu zerstören.«
»Fürchtet Ihr etwa um Euer Leben, Majestät?«, fragte Sehotep besorgt.
»Das ist nicht das Entscheidende. Wenn ich von dieser Erde verschwinden sollte, würden die Götter einen Nachfolger für mich bestimmen. Abydos ist in Gefahr! Osiris’ Akazie wird von dunklen Mächten angegriffen und droht einzugehen. Mit Hilfe neuer Tempel, die ich errichten will, und mit deren erneuernder Energie, kann ich diese Entwicklung hoffentlich aufhalten. Aber noch weiß ich nicht, wer der Urheber dieses Übels ist, und solange wir ihn nicht ausgemacht haben, müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen. Wer könnte es Eurer Meinung nach wagen, Seths Macht zur Zerstörung von Osiris’ Auferstehung zu missbrauchen?«
»Da gibt es für mich keinerlei Zweifel«, warf General Nesmontu ein. »Das ist mit Sicherheit einer der Provinzherrscher, die sich weigern, Eure übergeordnete Stellung anzuerkennen. Anstatt sich zu unterwerfen und seine Vorrechte aufzugeben, hat er sich mit dem Bösen verbunden.«
»Kann denn ein Ägypter wirklich so wahnsinnig sein, dass er sein eigenes Land zerstören will?«, fragte Senânkh.
»Ein Potentat wie Chnum-Hotep schreckt vor nichts zurück, wenn es darum geht, seine Machtansprüche zu sichern! Und damit ist er nicht allein.«
»Ich persönlich übernehme die Garantie für Uakha, den Fürsten des Schlangengaus«, versicherte Sesostris zur großen Verwunderung des alten Generals.
»Ohne anmaßend zu sein: Hat er Euch nicht nur eine Komödie vorgespielt, Majestät?«
»Seine Glaubwürdigkeit ist über jeden Zweifel erhaben. Uakha ist entschlossen, ein getreuer Diener des Pharaos zu werden.«
»Bleiben immer noch fünf andere, mindestens genauso gefährliche Aufrührer wie er!«
»Sobek soll Erkundigungen über sie einziehen. Ich selbst werde versuchen, sie zu überzeugen.«
»Ich will ja nicht unken, Majestät, aber was plant Ihr im Falle eines Scheiterns?«
»Ägypten muss auf Biegen oder Brechen wieder vereint werden.«
»Ich werde meine Leute sofort auf diesen Kampf vorbereiten«, sagte der General.
»Es gibt nichts Schlimmeres als einen Krieg unter den Ägyptern«, wandte Sehotep ein.
»Zu diesem Mittel werde ich nur greifen, wenn es gar keinen anderen Ausweg gibt«, beruhigte ihn der König. »Außerdem gilt es noch eine andere Aufgabe zu erfüllen: Wir müssen das Gold finden, mit dem die Akazie geheilt werden kann.«
»Sucht es bei den
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