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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Königlichen Rats. Eure Aufgabe wird es sein, die königlichen Anweisungen niederzuschreiben und ihre Ausführung im ganzen Land zu überwachen.«
    Medes glaubte eine ganze Weile, er träume nur. Er, Medes, kam ins Zentrum der Macht! Zwar kehrte er nicht in den Kreis zurück, dessen Mittelpunkt der Pharao war, aber er berührte ihn. Unmittelbar über den bedeutendsten Persönlichkeiten des Reichs angesiedelt, würde er ihre wahren Absichten als Erster erfahren.
    Jetzt lag es an ihm herauszufinden, wie er am besten aus dieser neuen Lage Gewinn ziehen konnte.
    Sie waren nur zu viert im Sitzungssaal der königlichen Residenz in Memphis: Sobek der Beschützer, Sehotep, Senânkh und General Nesmontu.
    Sie schwiegen und wagten sich weder anzusehen, noch darüber nachzudenken, dass sie der König zu seinen engsten Beratern auserwählt hatte. Keiner hatte die Ehre im Sinn, die mit diesem Amt verbunden war, alle dachten nur an die Schwierigkeiten, die auf sie zukamen, weil sie wussten, dass Sesostris weder Fehlschläge noch Ausflüchte duldete.
    Als der Pharao dann erschien, erhoben sich alle und verneigten sich vor ihm. Dank seiner Kopfbedeckung – dem Nemes – durchquerten seine Gedanken den Himmel wie der göttliche Falke, nahm er die Energie der Sonne in sich auf und zelebrierte eine der mysteriösesten Vereinigungen, nämlich die von Re und Osiris; durch seinen Lendenschurz, der einen Namen trug, der dem der Akazie entspricht – shendjyt für Lendenschurz und shendjet für Akazie –, bezeugte der König sein Wissen über die großen Mysterien; durch seine Armreifen aus massivem Gold seine symbolische Zugehörigkeit zum Reich der Götter.
    Der Pharao nahm langsam auf seinem Thron Platz. »Es ist unsere vornehmliche Aufgabe, Maat auf dieser Erde herrschen zu lassen«, rief er in Erinnerung. »Ohne Redlichkeit, Gerechtigkeit und Wahrheit wird der Mensch zur Beute des Menschen und unsere Gesellschaft unbewohnbar. Unser Herz muss wachsam sein, unsere Zunge scharf und unsere Lippen sollen die Wahrheit kundtun. Wir sind dazu ausersehen, das Werk Gottes und der Götter fortzuführen, die Schöpfung jeden Tag neu zu beginnen und dieses Land immer wieder, wie einen Tempel, neu zu begründen. Erhaben ist der Erhabene, und seine Erhabenen sind ebenfalls erhaben. Keiner von euch darf sich jemals mittelmäßig verhalten, keiner von euch darf dem königlichen Geschick schaden.«
    Sesostris’ Blick ruhte jetzt auf Sehotep, einem dreißigjährigen vornehmen Mann mit feinen Gesichtszügen und Augen, die nur so von Intelligenz sprühten. Sehotep stammte aus einer reichen Familie, war ein erfahrener Schreiber und so lebhaft, dass er manchmal nahezu nervös wirkte, was die Höflinge nicht gerade schätzten.
    »Dich ernenne ich zu meinem einzigen Gefährten, dem Träger des Goldenen Siegels und oberstem Leiter aller Arbeiten des Pharaos. Du bist für die Einhaltung der Tempelgeheimnisse genauso zuständig wie für das Wohlergehen des Viehs. Sei rechtschaffen und wahrheitsliebend wie Thot. Willst du diese Aufgaben übernehmen und wie befohlen ausführen?«
    »Das verspreche ich«, schwor Sehotep mit bewegter Stimme.
    Anschließend wandte sich Sesostris an einen etwa vierzigjährigen Mann mit vollem Gesicht und gut genährtem Bauch. Hinter dieser Fassade eines Lebemanns und Liebhabers der guten Küche verbargen sich ein charakterfester Fachmann für öffentliche Ausgaben und ein ebenso unnachgiebiger wie gefürchteter Vorgesetzter. Da er nur äußerst wenig Verständnis für Fragen des Taktes hatte, kam es oft zu Reibereien mit Schmeichlern und Nichtsnutzen.
    »Senânkh, dich ernenne ich zum Wirtschaftsminister, zum Großen Schatzmeister des Königreichs, zum Oberhaupt der weißen Doppelkrone. Du sollst die gerechte Verteilung der Reichtümer überwachen, damit niemand Hunger leiden muss.«
    »Ich werde mich darum kümmern, Majestät.«
    Der alte General Nesmontu, der als besonders streng galt, hatte sich bereits unter der Regierung von Amenemhet I. ausgezeichnet. Ruhm und Ehre kümmerten ihn nicht, er lebte genauso einfach wie seine Leute in der Hauptkaserne von Memphis, und war nur einem Ziel verpflichtet: der Verteidigung des ägyptischen Gebiets, koste sie, was sie wolle.
    »Dich, Nesmontu, ernenne ich zum Oberbefehlshaber unserer Truppen.«
    Der alte Offizier, der oft dafür gescholten wurde, dass er kein Blatt vor den Mund nahm, wurde auch gleich seinem Ruf gerecht: »Selbstverständlich werde ich jeden Eurer Befehle gehorsamst

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