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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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wurde der Regen stärker, sodass Meer bei dem Tempo im diffusen Scheinwerferlicht nur verschwommen etwas erkennen konnte. Trotzdem nahm Sebastian nicht den Fuß vom Gas. Es hätte auch wohl nichts genutzt, wenn Meer ihn gebeten hätte, doch langsamer zu fahren. Er wollte schließlich zu seinem Kind.

59. KAPITEL
    R andbezirk Wiens, Österreich
    Dienstag, 29. April – 22:00 Uhr
    Auch ohne Deutschkenntnisse bekam Meer unschwer mit, dass der Pfleger auf der Krankenstation Sebastian nicht zu seinem Sohn durchlassen wollte. In dem sich daraus ergebenden Wortgefecht hob Sebastian aber die Stimme kaum mehr als zu einem wütenden Flüstern. Tat er das wohl aus Rücksicht auf die anderen Patienten? Oder verbohrte er sich, je mehr er in Zorn geriet, immer tiefer in Schweigen? Er mochte dem Pfleger noch so sehr zusetzen – weder ließ der Mann sich aus der Ruhe bringen, noch vergriff er sich im Ton. Mehrmals verwies er auf “Frau Doktor Kutscher”, was Meer zu der Annahme veranlasste, dass Sebastians Exfrau wohl Besuchsverbot angeordnet hatte. Schließlich tat Sebastian so, als gebe er auf und wende sich zum Gehen, nur um dann unversehens herumzuschnellen und die Tür zum Krankenzimmer seines Sohnes aufzureißen. Mit einem Satz war er drinnen. Der Pfleger folgte ihm hastig hinterdrein.
    Durch die Glasscheibe konnte Meer verfolgen, wie Sebastian ans Krankenbett trat und sich über den Jungen beugte. Dann aber war auch der Pfleger schon da, der Sebastian erstaunlich sanft die Hand auf die Schulter legte. Sebastian versuchte, ihn abzuschütteln, doch der Pfleger blieb standhaft und drehte den Besucher mit der anderen Hand herum. Beide verließen das Zimmer, und Meer musste beiseitetreten, als sie durch die Tür kamen, Sebastian mit resigniert hängenden Schultern.
    “Wie geht es ihm?”, fragte Meer, als die beiden zum Aufzug gingen.
    “Körperlich? Er hält sich wacker, bei seinem Fall schon ein positives Zeichen. Gott sei Dank! Aber wie Sie ja gewiss mitbekommen haben, werde ich nicht mehr zu ihm gelassen. Ich habe zwar eine einstweilige Verfügung beantragt – so nennt man das wohl –, damit Rebecca mir nicht verwehren kann, meinen Sohn von Spezialisten untersuchen zu lassen. Offenbar ist sie mir aber zuvorgekommen. Jetzt brauche
ich
tatsächlich
ihre
Erlaubnis, wenn ich ihn besuchen möchte. Ich! Sein Vater!”
    “Hat sie Sie denn nicht angerufen und Ihnen gesagt, dass er krank ist? Sie musste doch damit rechnen, dass Sie ihn besuchen wollen!”
    “Nein, der Anruf kam nicht von ihr, sondern von einer Schwester. Ich weiß nicht, was meine Exfrau erwartet hat. Laut Pfleger hat sie Anweisung erteilt, dass man mich nur in ihrer Gegenwart zu Nicolas lässt.”
    “Rufen Sie sie an. Vielleicht lässt sie ja mit sich reden.”
    Vorübergehend leuchtete ein Hoffnungsschimmer in seinen Augen auf. Er bat Meer, auf ihn zu warten, und eilte zurück zur Schwesternstation.
    Meer nahm derweil auf einem grünen Ledersessel Platz. Wie viele besorgte und schmerzerfüllte Mütter und Väter, Ehemänner und Ehefrauen, Kinder und Verwandte und Bekannte mochten hier wohl seit Anfang des 20. Jahrhunderts, als diese Anstalt erbaut wurde, gesessen haben? Bei diesem Gedanken fiel ihr auch ein, was Sebastian über die hier während der Nazizeit durchgeführten Experimente berichtet hatte.
    Sebastian kam zurück und ließ sich deprimiert neben ihr auf einen Sessel sinken. “Die Nachtschwester hat meine Exfrau angerufen”, sagte er. “Rebecca hat sich sogar herabgelassen, direkt mit mir zu reden statt über dritte Personen. Sie meint, sie hat die Nase voll von dem ‘faulen Zauber’, dem ich den Jungen angeblich aussetze. Deshalb soll ich ihn nur noch besuchen, wenn sie selber zugegen ist, weil sie mir nicht mehr über den Weg traut. Dass ich Sie am Wochenende hierher mitgebracht habe, das war anscheinend der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Und angesichts seiner Erkrankung soll nun kein Außenstehender seiner Genesung im Wege stehen. Aber der Junge hat sich nun mal in sich selber verkrochen, und gegen die Lungenentzündung kommt er nur an, wenn er auch mental präsent ist. Wieso will ihr das nicht in den Kopf?”
    Meer legte ihm die Hand auf den Arm. Selbst durch den Jackenstoff hindurch fühlte sie Sebastians Anspannung. “Ich kenne die Gesetzeslage hier in Österreich zwar nicht, aber in Amerika ist es so gut wie ausgeschlossen, eine solche Verfügung ohne einen triftigen Grund durchzusetzen. So ungefähr die Einzigen,

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