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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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ihre scharfen Krallen auf dem Metallboden des Käfigs wetzte. Ein halbes Dutzend hatte er inzwischen schon eingesperrt. Nachdenklich betrachtete David seine langschwänzigen Gefährten, die in den Kloaken dieser ganzen Welt überlebten. War es nicht so, dass die ganze Welt zu einer Kloake wurde? Inzwischen schabten etliche der Nager an den Käfigstäben, so als ahnten sie, dass ihr Kerkermeister gerade über sie nachdachte. Sie wurden anscheinend ungeduldig. Aber sie würden warten müssen …
    David hatte festgestellt, dass das Warten hier unten in dem Gewölbe gar nicht so schlimm war wie ursprünglich erwartet. Ein Gutteil der Anspannung während der vergangenen Wochen hatte auf der Furcht beruht, man könne ihn womöglich noch vor vollbrachter Tat aufspüren.
    Vor ihm lagen nur noch wenige Stunden, bis das Konzertgebäude zu neuem Leben erwachte und Paxtons Leute ihre Sondierungen wieder aufnahmen. Das Wachbleiben fiel David leichter, wenn über ihm Geräusche zu hören waren. Man hatte immerhin etwas zu tun, wenn man sich auf die Laute konzentrierte.
    Er setzte sich wieder hin und streckte sich aus. Mittlerweile hatten die Ratten mit ihrem Gekratze aufgehört. Es war zu still – so totenstill, dass man glatt wieder eindösen konnte … und sei es auf dem nackten Lehmboden … im Dreck …
    Er stand am Ufer eines rauschenden Flusses, im Hintergrund erblickte er hohe, schneebedeckte Gipfel. Er atmete tief ein. Die Luft war vom süßen Duft blühender Bäume erfüllt. Ein älterer, mit einer hellen Robe bekleideter Mann keifte verbittert und drohend auf ihn ein. Er aber verspürte keine Angst. Die Frau mit den meergrünen Augen schwebte in Gefahr … wegen dieses Alten. Es galt, sie vor ihm zu bewahren, sie in Sicherheit zu bringen …
    Mit einem Ruck schreckte David hoch, überrascht, dass der Traum wiedergekehrt war. Ein würgendes Gefühl drohenden Unheils ergriff von ihm Besitz.

61. KAPITEL
    I ch weiß, dass ich unsterblich bin. Ohne Zweifel bin ich schon früher zehntausendmal gestorben. Ich verlache das, was ihr Auflösung nennt, und ich kenne die Fülle der Zeit.
    – Walt Whitman –
    Wien, Österreich
    Mittwoch, 30. April – 09:15 Uhr
    Jeremy Logan wirkte noch angegriffener als am Tage zuvor. Als er seiner Tochter und Malachai eröffnete, er werde das Krankenhaus auch an diesem Morgen noch nicht verlassen, vermutlich nicht einmal am Nachmittag, da war Meer nicht sonderlich überrascht. Eher besorgt.
    “Ich habe leicht erhöhte Temperatur”, erklärte er. “Hab ich mir ganz bestimmt gestern hier im Spital eingefangen. Je länger man im Krankenhaus liegt, desto kränker wird man.”
    “Wie hoch ist das Fieber denn?”, forschte Meer.
    “Nichts Ernstes, aber wegen der Unregelmäßigkeit beim EKG soll ich noch ein Weilchen zur Beobachtung bleiben. Die verdammten Ärzte mit ihrer Gründlichkeit! So, und jetzt Schluss damit! Erzählt mir lieber, was ihr seit gestern gefunden habt.”
    Meer berichtete ihm vom Ausflug nach Baden und vom Fund der Papierreste, auf denen vermutlich einmal die Noten für die Melodie der untergegangenen Erinnerungen niedergeschrieben worden waren. Das Einzige, was sie nicht erwähnte, war der Überfall im Wienerwald.
    “Was weg ist, ist weg”, meinte Malachai, als sie geendet hatte. “Lohnt sich nicht, sich darüber zu grämen. Sobald wir die Flöte gefunden haben, kriegen wir auch die Melodie heraus. Darauf sollten wir uns konzentrieren. Aus allen Quellen, die wir studiert haben, geht klar hervor, dass von Breuning im Besitz der Flöte gewesen sein muss, ohne sich ihrer Bedeutung bewusst zu sein. Väter übertragen ihren Besitz auf die Söhne. Das war ganz besonders im 19. Jahrhundert so. Hatte von Breuning einen Sohn? Hatte der wiederum Nachkommen? Ist die Familie in Wien geblieben? Vielleicht hat irgendein alter Herr ja das Instrument immer noch und weiß gar nicht, was es ist!”
    “Ja, er hatte einen Sohn”, bestätigte Jeremy. “Gerhard von Breuning. Er schrieb sogar eines der ersten Bücher über Beethoven überhaupt, mit Erinnerungen aus seiner Jugendzeit. Die Nationalbibliothek müsste es eigentlich haben.” Er guckte auf seine Armbanduhr. “Die macht mittwochs allerdings erst am Nachmittag auf.”
    “Sind denn die Buchläden wohl schon geöffnet?”, fragte Meer.
    Jeremy starrte sie an. “Du sollst dich da heraushalten!”
    “Zu spät!”
    “Überlass das lieber den Leuten, die mit gefährlichen Situationen umgehen können!”
    “Aber im Augenblick geht

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