Der Befehl aus dem Dunkel
Helm mit plötzlichem Entschluß zur Seite – und dann?
Sekundenlang stand Georg wie angewurzelt. Die Beine gestrafft, die Füße wie sich festsaugend auf den Boden gestemmt, die Fäuste geballt, die Kiefer fest aufeinandergepreßt. Die ganze Gestalt ein Bild gesammelter, stärkster Willenskraft … Ich will nicht! hämmerte es unausgesetzt in seinem Hirn … Jetzt … ein gequältes Stöhnen aus seinem Mund, die gespannten Sehnen lockerten sich, zuerst der eine, dann der andere Fuß lösen sich vom Boden – dann war es, als finge eine Marionette an sich im Tanz zu bewegen. Der letzte Widerstand erloschen – in lockeren, freien Tanzfiguren bewegte sich Georg Astenryk durch das Zimmer.
»Georg! Hast du das Große Los gewonnen, oder …«
In der geöffneten Tür stand Marian und schaute verwundert auf Georg, der sich unaufhörlich im Tanzschritt durch das Zimmer bewegte.
Da trat Marian mit ein paar hastigen Sprüngen in den Raum und griff Georg am Arm, um ihn festzuhalten. Doch der stieß ihn zur Seite – und tanzte weiter. Marian stand in sprachlosem Erschrecken. Was war mit Georg? Waren seine Nerven zusammengebrochen?
Dann hielt Georg plötzlich inne, warf sich aufatmend auf einen Diwan. Nach einer Weile stand er langsam auf und trat lachend an Marian heran.
»Marian!« Georg legte beide Hände auf dessen Schultern. »Marian! Ich hab’s! Habe das Geheimnis Allgermissens!«
Marian fuhr zurück und erblaßte.
»Georg, ist es wahr? Treibst du keinen Scherz mit mir?«
»Aber, Marian. Gewiß, ich habe es ergründet. Es ist kein Scherz.«
Marian wandte sich unwillig zur Seite. »Das ist Sünde … Frevel, Georg! Das widerspricht jedem göttlichen Recht und Gesetz …«
Georg trat zu ihm und legte den Arm um ihn. »Aber, Marian, wie kannst du eine durchaus natürliche Sache, deren physikalische Erklärung ich dir jetzt leicht zu geben vermag, für Sünde und Frevel halten?«
Marian schüttelte den Kopf. »Das hier«, er deutete auf die Apparatur, »ist ja wohl noch harmlos, wenngleich es auch kaum begreiflich erscheinen muß. Aber denke doch weiter, Georg. Denke an die Folgen, wie sie bei einer Weiterentwicklung dieses kleinen Verstärkers zu einem gewaltigen Sender sich auswirken müssen auf größere Entfernungen, große Menschenmengen … auf Städte … Völker … Länder. Georg, ich bitte dich! Laß das! Denke immer daran, wie Allgermissen geendet hat.«
»Ach was, Marian! Deine Besorgnisse gehen zu weit. Kann ich auch jetzt die Tragweite dieser Entdeckung noch nicht voll überschauen, so glaube ich doch nicht, daß jemals das eintreten wird, was du befürchtest. Komm! Sei kein Narr, setz dich zu mir! Ich werde dir erklären, daß das, was du für übernatürlich hältst, eine ganz einfache physikalische Erscheinung ist.
Allgermissen ging von der Tatsache aus, daß das denkende menschliche Gehirn Hertzsche Wellen ausstrahlt. Er schuf sich einen Verstärker von besonderer Art, der diese Gedankenwellen ebenso verstärkt wie ein gewöhnlicher Radioverstärker die Rundfunkwellen. Du weißt ja, daß heute jeder Laie alles, was ihm gefällt, auf ein Tonband aufnehmen kann. Nun – das gleiche machte Allgermissen mit den Gedankenwellen. Er ließ sie durch seinen Verstärker, unter dessen Eingangsantenne er saß, auf ein Magnelofonband aufnehmen und verstärken. So entstand dieses geheimnisvolle Band.
Und nun umgekehrt: Das Band läuft über einen Spulenkopf und läßt das Aufgenommene – in diesem Falle also die Gedankenwellen – über den Verstärker in die Ausgangsantenne gehen. Mit dem Erfolg, daß die gedanklichen Befehle Allgermissens millionenfach verstärkt alle eigenen Gedanken eines Menschen, der unter der Ausgangsantenne steht, überwältigen und sich durchsetzen, wobei, wie du gesehen hast, jeder Widerstand vergeblich ist.«
»Aber wie kam es, Georg, daß ich, als ich im Bereich der Antenne stand, nicht auch dem Zauber unterlag? Und wie kam es, daß nicht auch jener Offizier, der Allgermissen erschoß, dem Zwange der Platte folgen mußte?«
»Diese Fragen will ich dir schnell beantworten. Der Offizier war durch seinen Stahlhelm gegen die Wellen von der Deckenantenne eben noch abgeschirmt. Und du wurdest nicht betroffen, weil du nicht auf die gesendeten Wellen eingestimmt bist. Nenne es Zufall, nenne es Schicksalsfügung, daß ich es war.«
»Gut! … Mag sein. Aber immer wieder muß ich dich dann fragen, wie war’s bei dem General Iwanow, wo alle dem Magnetofonband folgen
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