Der beiden Quitzows letzte Fahrten
fortgeschleppt haben. Er wünscht Euch zu sprechen.«
»Von Dönaborg? Ist es der Graf oder ein bloßer Edler dieses Namens?«
»Kann es nicht sagen. Er ist alt und leidend; letzteres vielleicht nur in Folge der erlittenen Unbill.«
»Führt ihn zu mir!«
»Er steht schon vor der Thür.«
»So laßt ihn eintreten.«
Der Schiffer öffnete und ließ, sich entfernend, den Angemeldeten eintreten. Rolf verharrte ruhig in seiner Stellung; sein Auge glitt forschend und wie nach einem Anhalte suchend, über die bleichen Züge des Eingetretenen.
»Ihr seid?« frug er in seiner kurzen Weise.
»Mein Name ist Dönaborg.«
»Vollständig!«
»Graf Gert von Dönaborg.«
»Wie kommt Ihr nach Holstein, da Ihr dort doch kein Heimwesen habt?«
Der Gefragte blickte rasch empor.
»Kennt Ihr mich?«
»Setzt Euch, Herr! Der Name Dönaborg hat einen guten Klang in meinem Ohre!«
»Sagt, woher stammt dieser Klang?«
»Das sollt Ihr wohl gleich sehen!«
Er griff in das Ebenholzkästchen, nahm eine ähnliche Elfenbeinplatte, wie die vorhin erwähnte, heraus und reichte sie dem Grafen dar. Derselbe warf einen Blick auf das Bild und sprang dann überrascht empor.
»Herr, wie kommt dieses Conterfey auf den ›Wiking‹ und in Eure Hände? Es ist das Bild des besten und treuesten meiner Freunde. O sagt, wem Ihr es abgenommen habt! Ich habe nach den Söhnen dieses Mannes geforscht bis auf den heutigen Tag und doch niemals Etwas über sie vernehmen können.«
»Sie sind verschollen und verschwunden, spurlos, ohne Wiederkehr; Ihr dürft nicht nach ihnen fragen, denn es würde Euch keine Antwort werden; Ihr dürft nicht nach ihnen suchen, denn all’ Eure Mühe würde doch vergebens sein. Ihre Jugend ist gestorben, ihr Glück begraben, ihre Ehre vernichtet und ihr Name vergessen!«
»Vergessen? Wenn Alle ihn vergessen haben, bei mir ist er wohl aufgehoben. Das Geschlecht derer von Moltke – – –«
»Halt! Sprecht dieses Wort nicht zum zweiten Male aus; ich mag es nimmer hören!«
»So haßt Ihr diesen Namen? Hat einer von Denen, die ihn trugen, Euch so schwer beleidigt und gekränkt, daß Ihr ihn nicht ohne Zorn hören könnt?«
»Nein, o nein, sondern ich bin es gewesen, der sich an ihm versündigt und ihn um Alles gebracht hat, was ihm werth und theuer war. Kennt Ihr auch dieses Bild?«
Er reichte ihm das weibliche Portrait hin.
»Walda von Löwenholm, die Geliebte der beiden Brüder. Herr, Ihr macht mich staunen! Wollt mir doch erzählen, wie Ihr zu diesen Bildern gekommen seid!«
»Jetzt nicht, vielleicht erfahrt Ihr es später. Jetzt sollt Ihr mir vielmehr von Euch erzählen und wie Ihr auf die Galeote gekommen seid.«
»Ich wurde von Schweden nach Rendsburg zum Herzog Heinrich von Holstein gesandt, welchem der Dänenkönig Erik des Vaters Lehen nehmen will, und hatte dabei ein Weniges im Süd-Ditmarschen zu thun, wo ich bei dem nächtlichen Ueberfall der Dänen erkannt und gefangen genommen wurde. Man wollte mich zu Erik bringen, wo ich als Feind des Reiches einen sichern Tod gefunden hätte.«
»Das wolle Gott verhüten! Ist Euer Werk in Rendsburg schon gethan?«
»Nein; der Herzog wird mich schwer vermissen, da er nebst der Hansa auf Schwedens Hülfe rechnen muß.«
»Welch’ ein Gefängniß habt Ihr auf dem Fahrzeuge gehabt?«
»Ich lag in einem Loche am vordern Maste, kaum groß genug, daß ein zehnjähriger Bube darin zu sitzen vermag. Meine Speise während dreier Tage war Wasser, und die einzige Beachtung, welche meine Bitte um ein besseres Gefängniß fand, bestand in Fußtritten, mit denen man mich in das Loch zurückstieß.«
Die Stirn Rolfs legte sich in Falten.
»Wie war das Treiben der Dänen auf dem Lande während des Ueberfalles?«
»Sie haben gesengt und gebrennt nach Herzenslust und dabei auch der Menschen Leben nicht geschont. Als man mich gebunden durch den brennenden Ort führte, sah ich der Leichen mehrere liegen.«
Der Capitain machte keine Bemerkung zu dieser Mittheilung, aber der Blick seines Auges verkündete nichts Gutes.
»Was dachtet Ihr, als man Euch nach dem ›Wiking‹ brachte?« frug er nach einer kleinen Pause.
»Ich erschrak,« antwortete er zögernd.
Jetzt lächelte Rolf.
»Ich glaube es Euch! Wer Ursache dazu hat, der mag nur immerhin vor mir zittern. Gerechtigkeit ist eine schwere Tugend, und wer sie übt, hat öfterer zu strafen als zu lohnen. Ihr sollt ein Beispiel von beidem sehen. Kommt mit nach oben, Graf!«
Er erhob sich, um sich mit Dönaborg auf das Deck
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