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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu begeben. Droben angekommen, winkte er den Schiffer zu sich.
    »Bringt die Dänen!«
    Die Lücke, welche in den Raum hinabführte, der zur Aufbewahrung der Gefangenen diente, wurde geöffnet, und bald standen die Letzteren in einer langen Reihe vor dem Mittelmaste. Diejenigen Männer des »Wiking«, welche sich nicht im Dienste befanden, drängten sich herbei, um zu hören, was der Capitain über sie befehlen werde. Dieser trat mit dem Grafen vor die Gefangenen. Sein Auge bohrte sich in das Angesicht eines jeden Einzelnen von ihnen und haftete zuletzt mit vernichtendem Ausdrucke auf dem Anführer.
    »Du wirst sterben!«
    Er sprach nur diese drei Worte. Die Untersuchung war beendet und das Urtheil gefällt.
    »Herr,« rief der Mann bittend, »was habe ich denn Euch gethan, daß – – –«
    »Still! Ihr habt das Blut friedlicher Leute vergossen und ihre Wohnungen mit Feuer vernichtet. Sie hatten Euch auch nichts gethan. Fort mit ihm!«
    Er wurde gepackt und trotz allen Streubens nach vorn geschafft.
    »Welche unter Euch sind es, die sich des Mordes schuldig machten?«
    Tiefes Schweigen folgte dieser bedrohlichen Frage.
    »Gut, so waret Ihr es alle. Fort mit ihnen an die Raae!«
    Dieser Befehl löste sofort die Zungen, und bald waren die Verbrecher herausgefunden. Sie wurden abgeführt.
    »Herr, schont des Menschenlebens! Die Leute haben doch nur – –« wollte der Graf bittend einwenden, der Capitain aber brachte ihn durch eine einzige abwehrende Bewegung seiner Hand zum Schweigen.
    »Ich sprach zu Euch von Gerechtigkeit! Schiffer, wie weit seid Ihr mit der Galeote?«
    »Noch nicht ganz zu Ende, Capitain.«
    »So laßt die Arbeit ruhen. Hochbootsmann Clas!«
    »Herr!«
    »Du gehst mit Deinen Mannen auf die Galeote und führst dieselbe nach Meldorf in Süd-Ditmarschen. Dort giebst Du sie mit ihrer vollständigen Ladung diesem Herrn, dem Grafen von Dönaborg über, welcher als Eigner des Fahrzeuges mit Dir geht, und wendest Dich sodann mit den Deinen nach Helgoland, wo Du meine Rückkehr erwartest!«
    »Ich, der Eigner der Galeote? Was soll ich in Meldorf mit ihr thun?« frug der Graf.
    »Ihr werdet vielleicht die Güte haben, dafür zu sorgen, daß die Beraubten ihr Eigenthum zurück erhalten. Ich schlage mich für Holstein und werde den Angehörigen dieses Landes nicht das vorenthalten, was ihnen gehört. In Meldorf verkauft Ihr das Fahrzeug und verwendet den Erlös als Schadenersatz für diejenigen, denen nichts zurückerstattet werden kann.«
    »Ja,« rief Dönaborg freudig, »das will ich gern und willig thun. Eure Gerechtigkeit ist streng nach allen Seiten, und ich wünsche nur, Ihr wirktet in einem anderen Lebenskreise und ich könnte stets in Eurer Nähe weilen!«
    Ueber das Angesicht des Capitains flog ein trübes, bitteres Lächeln, eine Antwort aber gab er nicht. –
    Als einige Zeit später der Graf sich auf die Galeote begab, begleitete er ihn bis zum Fallreep.
    »Ich sollte Euch vorhin sagen wie ich zu den Bildern gekommen bin. Ihr habt Olaf Moltke gekannt und seine beiden Söhne oft auf Euren Knieen geschaukelt, Ihr werdet also nicht reden, wo ich zur Schweigsamkeit verurtheilt bin. Habt Dank für all’ Eure Liebe, die Ihr für uns hattet und für die Treue und Sorgsamkeit, mit welcher Ihr uns in Schutz nahmt, als Alle uns verließen! Der eine der Knaben war ich; Gott gebe, daß der andere nicht verloren sei!«
    Das Boot stieß ab. Rolf blickte ihm nach; in dem Winkel seines Auges glänzte es hell und feucht. Der starke, feste, wetterharte Mann weinte. Dann aber schüttelte er trotzig die heißen Thränen aus dem Auge.
    »Vorwärts, nur immer vorwärts! Rückwärts geht kein guter Weg. Halloh, Schiffer, laßt alle Segel beisetzen; es giebt eine Jagd auf die Inselmänner, und da giebt es eine lustige Fahrt!« – –
Zehntes Kapitel
Die zweite That
    Die Stadt Angermünde, früher gewöhnlich Neu-oder Ketzerangermünde genannt, zum Unterschiede von Tangermünde, welches auch Alt-Angermünde hieß, lag am südwestlichen Ufer des Mündesee’s und war in der sonst gewohnten Weise befestigt. Durch die rund um die Stadt gehende Mauer führten vier Thore, deren eins nach dem See ging. In der Stadt befand sich ein Augustiner-Mönchskloster, dessen Kirche noch heut vorhanden ist, die St. Marienkirche mit einem hohen Thurme und die St. Gertrautskirche mit einem Hospitale. An die Stadtmauer nach dem See hin lagerte sich ein festes Schloß, auf welchem der pommersche Hauptmann Johann von Briesen

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