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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gesellschaft beisammen ist.«
    »Wenn Du hier verziehen willst, so sollst Du die Erlaubniß dazu haben, ich aber werde auch ohne Dich auf meinen alten guten Schimmel klettern und nach Ziesar reiten. Dann magst Du meinetwegen sehen, wie Du mir mit heiler Haut nachkommst!«
    »Da hat man es! Nun wollt Ihr gar noch mutterseelenallein davonreiten, und ich soll mittlerweile hier sitzen bleiben und Grillen fangen. Ich werde nach den Pferden sehen, mein edles, liebes Fräulein, und dann mag es in Gottes Namen fortgehen!«
    Er ging hinaus, und das Mädchen trat zum Fenster. Da erhob sich in der Ecke der Stube eine jugendliche Gestalt, welche bisher schweigsam dort gesessen hatte, und schritt mit kurzem Gruße durch die Thür. Sie hatte den Jüngling bisher wenig oder gar nicht beachtet, als er aber jetzt auf die Straße trat und in der Richtung nach Wollin davonschritt, konnte sie nicht anders, als ihn mit den Augen verfolgen, soweit er nur zu sehen war.
    Er konnte wohl kaum sechzehn Jahre zählen, aber es lag über seiner kräftigen Figur ein männlicher Ernst ausgegossen, der ihr etwas Anziehendes und Vertrauenerweckendes mittheilte. Ein trotzig-schöner Kopf ruhte auf dem starken Nacken, und die gewandten Glieder zeigten einen Bau, an dem kein Tadel aufzufinden war. Er trug die Kleidung eines fahrenden Schülers; an seiner Linken hing ein zierliches Schwert, und über die Schulter ging ein schöngesticktes Band, an welchem eine Laute befestigt war.
    »Wer mag das wohl sein?« dachte sie. »Es ist hier so finster, daß ich ihn gar nicht deutlich sehen konnte, und ich bin recht unartig gegen ihn gewesen. Er hat denselben Weg, wie wir, und konnte mit uns ziehen. Nun geht er allein und die Wölfe oder Strauchdiebe werden über ihn herfallen, noch ehe wir ihn ereilen und zu Hülfe kommen können.«
    Sie hielt in ihrem Gedankengange inne und lachte belustigt auf, als ihr beifiel, welch’ ein unbegründetes Selbstvertrauen er enthielt. Der schöne Fremdling hätte jedenfalls ihrer Hülfe weniger bedurft, als sie der seinigen, und obgleich sie ihn nur vorübergehend gesehen hatte, so erschien er ihr doch nicht wie Einer, der sich auf den Beistand Anderer mehr verläßt als auf seine eigne Kraft.
    Da kam ein Reiter aus der entgegengesetzten Richtung langsam die Straße daher und hielt vor dem Hause. Er stieg ab und trat zu Märten Stelzer, dessen Pferde betrachtend.
    »Nicht übel!« lobte er, indem er den Schimmel liebkosend klopfte. »Das sind keine Ackergäule. Wem gehören sie?«
    Märten brummte eine Antwort in den Bart, von welcher der Andere nicht eine Sylbe verstand.
    »Seid Ihr heut schon weit geritten?«
    Ein zweites Brummen klang halb wie Ja und halb wie Nein.
    »Wohin soll es noch gehen?«
    Jetzt bekam der ehrliche Märten einen Husten, der ihn ganz und gar verhinderte, Red’ und Antwort zu stehen.
    Der Frager schien darob nicht sehr viel Verdrießlichkeit zu empfinden; er warf noch einen schlauen Blick auf den Alten und trat sodann in die Stube. Hier bemerkte er das junge Mädchen.
    »Gott grüße Euch, Jungfrau!«
    Sie dankte ihm.
    »Ihr habt wohl schon eine weite Reise hinter Euch?«
    Sie schüttelte lächelnd den Lockenkopf.
    »Nicht gar zu weit; es ist noch recht gut auszuhalten.«
    »Wollt Ihr in die Berge, oder kommt Ihr von da her?«
    »Wir wollen nach Ziesar.«
    »Nach Ziesar? Das ist eine weite Strecke, und Ihr habt einen gefährlichen Weg vor Euch. Fürchtet Ihr Euch nicht?«
    »Vor wem soll ich bange sein?« frug sie, ihr offenes Auge voll auf ihn richtend. »Die wilden Thiere fürchte ich nicht, denn es ist ja jetzt heller Tag, wo sie sich nicht hervor getrauen, und mein Knappe ist zwar alt, aber ein treuer, tapferer Kopf. Und die Menschen, nun, die können mir ja nichts thun, denn ich habe ihnen auch kein Leid zugefügt.«
    »Das will ich recht wohl glauben, aber darnach fragen sie ja nicht. Ich meine nicht, daß es vorsichtig von Euch gehandelt sei, Euch so ganz allein in diese Gegend zu wagen, wo vor noch kurzer Zeit der Krieg gewüthet hat. Die Straßen sind noch nicht wieder so sicher wie früher, als Herr Wichart von Rochow hier hauste, dem der Markgraf seine Schlösser Potsdam, Rekahn und Golzow genommen hat, und Ihr thätet besser, wieder umzukehren oder eine größere Gesellschaft zu erwarten.«
    Sein Auge war erwartungsvoll auf sie gerichtet.
    »Umkehren?« frug sie. »Nein, das thue ich nicht, und zum Warten habe ich keine Lust. Mir wird Niemand etwas thun; ich brauche nur zu sagen, wer ich

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