Der beiden Quitzows letzte Fahrten
bin, so wird sich Jeder fürchten, mir ein Leid zuzufügen.«
»So! Und wer seid Ihr denn?« Die kindliche Naivetät des unerfahrenen und eigenwilligen Mädchens machte ihm das Forschen leichter, als es ihm draußen bei dem vorsichtigen Märten geworden war.
»O, mein Name thut nicht viel, aber der Bischof von Brandenburg, Herr Johann von Waldow, ist mein Oheim, der Bruder meiner Mutter; ich bin von daheim fort, um ihn in Ziesar zu besuchen, und wer mir hinderlich sein wollte, den würde sein Arm gar wohl zu treffen wissen. Er ist der mächtigste Herr hier zu Lande, und sein Name ist der beste Schutz, den ich mir wünschen kann.«
Das Aufleuchten seines Auges bei diesen Worten war kein heilverkündendes, aber selbst wenn sie es bemerkt hätte, so wäre sie doch viel zu vertrauensvoll gewesen, um es richtig zu deuten. Auch der Blick des Einverständnisses, welchen er mit dem Wirthe wechselte, entging ihr, so daß sie im weiteren Laufe des Gespräches sogar die Frage an ihn richtete, ob sie von jetzt aus nicht zusammenhalten wollten, da sie doch einen und denselben Weg vor sich hätten.
»Wohl ist unser Weg ein gleicher,« antwortete er, »jedoch ist meinem Geschäfte solche Eile geboten, daß es Euch schwer und anstrengend sein würde, mir zu folgen.«
Er erhob sich, bezahlte den Trunk, welchen er zu sich genommen hatte, und ritt davon. Jetzt trat Stelzer wieder ein, und während er die abgebrochene Unterhaltung mit seiner Herrin wieder aufnahm, machte sich der Wirth draußen mit den Pferden zu schaffen und kehrte dann mit einem befriedigten Lächeln wieder zu den Gästen zurück.
Unterdessen schritt der fahrende Schüler nachdenklich seines Weges fürbaß. Er dachte ebenso an das Mädchen, wie dasselbe an ihn gedacht hatte. Wer war sie nur? Ganz gewiß war sie ein verzogener Liebling, dem die elterliche Liebe stets die kleinsten Wünsche erfüllt hatte, und welchem es nun schwer wurde, auf etwas zu verzichten, was ihm begehrenswerth erschien. Und doch wie lieb und gut hatten trotz dieses Eigenwillens ihre Worte geklungen! Wie freundlich und herzlich war sie gegen den alten Knappen gewesen! Wie hatte ihr das Lächeln so schön gestanden, und wie war der Ton ihrer Stimme so eigenthümlich einschmeichelnd gewesen! Ganz gewiß war sie ein bewundernswerthes Geschöpf, dem nur Glück und Heil zu wünschen war. Und doch befand sie sich grad jetzt in gar großer Fährlichkeit, denn was man sich von der Unsicherheit des Weges erzählte, das war keineswegs eine Lüge, sondern die volle Wahrheit.
Sie hatte ihn gar ernst angeschaut; der fahrende Schüler war ihr jedenfalls zu gering gewesen, und darum hatte er es auch nicht gewagt, ihr seine Begleitung anzubieten, trotzdem er zu Fuße ging und sie beritten war. Aber so wollte er doch wenigstens ohne ihr Wissen und ihren Willen zu ihrem Schutze bereit sein und ein offenes Auge auf den Weg haben, um sie warnen zu können, wenn er eine Gefahr für sie bemerke.
Da vernahm er hinter sich Hufschläge. Er wandte sich um; der Nahende war derselbe Reiter, welcher im Kruge mit dem Mädchen gesprochen hatte. Als dieser des Schülers ansichtig wurde, zuckte es verächtlich um seine Lippen.
»Ein gelehrter Faulenzer und Bruder Habenichts. Diese Art von Leuten läßt man ziehen, wohin sie wollen, so lange sie sich nicht in anderer Leute Sachen mischen.«
Er wollte ohne Gruß und Wort an ihm vorüber, hielt aber bei einem flüchtigen Blicke in sein Gesicht das Pferd unwillkürlich an.
»Woher des Weges und wohin?« frug er, dieses Gesicht schärfer betrachtend.
»Grad’ so wie Ihr: von daher und dorthin!« klang die Antwort, indem der Sprecher mit der Hand nach rück-und vorwärts zeigte.
»Um das zu wissen, brauche ich nicht erst zu fragen. Gebt eine manierliche Antwort, denn Frage und Antwort giebt eine gute Rede.«
»Soll mir recht sein. Ich komme von Golzow und will nach Wollin. Was aber Eure Güte betrifft, so begehre ich ihrer nicht. Lebt wohl.«
Der Reiter beachtete diese Aufforderung nicht. Wo hatte er nur diese dunklen Augen leuchten und diese Locken so abweisend schütteln sehen! Er konnte sich nicht besinnen.
»Ihr seid verteufelt kurz. Wie nun, wenn ich Euch die Zunge löste?«
»Haha!« So kurz dieses Lachen war, es sagte doch eben so viel, wie die nachfolgenden Worte: »Macht Euch von hinnen, ich habe keine Lust, zu scherzen!«
Das klang so schneidend, daß der Mann unwillkürlich in die Zügel griff, aber schon im Weiterreiten frug er noch:
»Haben wir uns
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