Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Dienst geleistet, und mein Oheim wird hohe Freude haben, Euch bei sich zu sehen, um Euch mit mir danken zu können.«
»Weiß Euer Ohm, daß Ihr heut’ kommt, um ihm Euren Besuch zu machen?«
»Nein,« antwortete sie lachend. »Ich bin sein Wildwasser, und Ihr wißt, daß dieses fließt und rinnt ganz wie es ihm beliebt. Ich ritt heut’ mit meinem alten Märten in den Morgen hinein, um ein Wenig frische Luft zu trinken; da kam mir das Verlangen, nach Ziesar zu gehen, in den Sinn, und obgleich Märten sich große Mühe gab, mich von diesem gefährlichen und unvorsichtigen Vorhaben, wie er es nannte, abzuhalten, so hat er doch mitgemußt.«
»Und Eure Frau Mutter weiß also gar nicht, wo Ihr hingerathen seid?« frug er in mißbilligendem Tone.
»O, die ist es gewohnt, mich ruhig gewähren zu lassen, und überdies habe ich ihr einen Knecht gesandt, der ihr sagen sollte, wo ich hingehe. Wäre ich doch ein Bube! Ich schnallte mir das Schwert an die Seite, setzte mich auf mein Roß und ritt in die weite Welt hinein. Alle Drachen stäche ich todt, alle Riesen schlüge ich nieder; den Raubrittern verbrennte ich ihre Burgen, und alles schlechte und unnütze Gesindel würde ausgerottet. Ich werde nächst dem Oheim mit dem Hauptmann Hans von Röder sprechen und ihnen sagen, daß sie doch einmal all’ dem Unfuge und bösen Wesen ein Ende machen mögen!«
»Das mögt Ihr thun, und ich will ihnen gern und willig Glück zu diesem Vorhaben wünschen. Nur müssen sie sich hüten, den Unschuldigen zu treffen oder heilige und wohlverbriefte Rechte anzutasten. Nun aber lebt wohl. Grüßt mir den frommen und gestrengen Herrn Bischof und sagt ihm, daß es mir ein großes Glück bereitet habe, für einige wenige Stunden Euer Diener sein zu dürfen!«
»Das könntet Ihr wohl länger oder immer sein, wenn Ihr nur wolltet,« antwortete sie, indem ihr Auge hell und mit kindlichem Wohlgefallen auf ihm ruhte. »Darum sollt Ihr mir nicht so schnell von hinnen gehen, sondern mich auf das Schloß geleiten, wo Ihr dem Ohm dann Euren Gruß selbst bringen könnt. Er ist ein gar strenger Herr, das ist wahr, aber er kann auch gar sanft und milde sein, wenn er Liebe und Gnade walten lassen darf.«
»Gern würde ich mich mit Euch zu ihm begeben, aber ich bin ein armer, geringer Schüler, der solcher hoher Herren nicht würdig ist, und da er nicht weiß, daß Ihr kommt, so würde es nicht höflich von mir sein, wenn ich ihm Störung bereiten wollte.«
»Diese bereitet Ihr ihm nicht, aber ich will Eure Gründe gelten lassen und Euch nicht verleiten, Etwas zu thun, was Ihr nicht für höflich haltet. Aber eine Bitte müßt Ihr mir erfüllen! Wollt Ihr?«
»Sagt mir welche! Wenn es mir möglich ist, so will ich es ja gern thun.«
»Geht nirgends anders hin, als in die Herberge zum ›wackeren Rittersmann‹, welche am Markte gelegen ist. Wenn ich dem Ohm von Euch erzähle, so wird er Euch bei sich sehen wollen, und dann weiß ich doch, wo Ihr zu finden seid.«
»Diesen Wunsch will ich Euch nicht abschlagen, und es soll mir nichts Besseres und Lieberes geschehen, als daß es mir vergönnt ist, Euch wieder zu sehen!«
Sie reichte ihm die kleine, zarte Hand vom Pferde herab; er wagte es, dieselbe an seine Lippen zu ziehen, und es ward ihm gar eigen und wunderlich zu Muthe, als er ihren sanften Druck fühlte und die holde Röthe bemerkte, welche dabei das liebliche Gesichtchen übergoß. Auch Märten Stelzer bot ihm mit vertraulichem Wohlwollen die Hand.
»Ich bin zwar nur ein geringer Knecht, mein liebes, werthes Jungherrlein,« meinte er, »und Ihr seid ein vielgelehrter und auch tapferer Jüngling, der es einst zu hohen Ehren bringen kann, aber Ihr müßt auch mir erlauben, Euch ein Lebewohl zu sagen, da Ihr uns aus so großer Gefahr errettet habt. Meinen alten, morschen Knochen wäre es nimmer möglich gewesen, den Strauchdieben allein Stand zu halten, vielmehr hätten sie mich ganz sicher niedergeschlagen und das Jungfräulein gefangen mit sich fortgeführt. Darum wollte ich, ich könnte Euch auch einmal einen Dienst erweisen. Geht nicht fort; ich werde Euch in der Herberge aufsuchen, um Euch zu sagen, wie der hochwürdige Herr unser Abenteuer aufgenommen hat.«
Jetzt trennten sie sich, und während Marie mit Märten den Weg zum Schlosse wählte, schritt Joachim nach der Herberge, die ihm bezeichnet worden war.
Es war die beste und besuchteste, welche sich damals in Ziesar befand, und daher sah er bei seinem Eintritte die Tische voll
Weitere Kostenlose Bücher