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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Dingen zu. Joachim verhielt sich ruhig, wie es einem bescheidenen Manne seines Alters so erfahrenen und hochgestellten Leuten gegenüber zukam, und begab sich, als die Tafel aufgehoben wurde, in das Gemach, welches ihm als das seinige zugewiesen wurde. Noch hatte er nicht daran denken können, es sich bequem zu machen, als es leise an die Thür pochte und ein kleines Köpfchen durch die Spalte lugte.
    »Seid Ihr endlich da, mein tapferer Rittersmann?« frug Marie. »Ich habe schon lange auf Euch gewartet und mich schier gewundert, was Euch so lange bei dem Mahle halten mag.«
    »Verzeiht, daß es mir nicht möglich war, früher fortzukommen; es wäre doch keine gute Sitte gewesen, hätte ich mich entfernen wollen, bevor mir die Erlaubniß dazu wurde.«
    »Ja, da habt Ihr recht, denn auf das Verlangen eines armen, kleinen Mädchens braucht so ein stolzer Herr wie Ihr nicht viel zu geben,« erwiderte sie, indem sie vollends hereinschlüpfte. »Für wen hat Euch denn wohl der Oheim kommen lassen? Für sich oder für mich?«
    Joachim konnte ein Lächeln über diese eigenthümliche Frage nicht unterdrücken.
    »Er hat vergessen, oder es nicht für nothwendig erachtet, mir dieses zu sagen. Wollt Ihr mich vielleicht darüber belehren?«
    »Ja, das will ich, damit ich nicht wieder Langeweile empfinde, während Ihr bei Tische allerlei Kurzweil treibt. Ich habe dem Oheim gesagt, daß ich in diesen schlimmen Zeiten einen Ritter brauche, auf dessen Treue und Tapferkeit ich mich verlassen kann. Darauf hat er lachend gemeint, ich solle mir einen unter seinen Mannen aussuchen, und da ich keinen finden konnte, der mir recht gewesen wäre, so hat er nach Euch gesandt. Nun sollt Ihr bei mir sein, aber nicht bei den Anderen, mit mir gehen und spazieren reiten und mich mit Fleiß und Eifer bedienen, damit Ihr Euch meine Zufriedenheit erwerbet.«
    »Also bin ich Euch als Ritter recht und willkommen?«
    »Das will ich wohl meinen! Ihr habt ja schon bewiesen, daß ich mich Eurem Schutze anvertrauen kann.«
    »So will ich Euch denn ein treuer Schirmherr sein und nach besten Kräften Euch zu Diensten stehen. Hier habt Ihr meinen Handschlag, den ich halten werde!«
    Er reichte ihr die Hand, in welche sie die ihrige legte.
    »Ihr seid der erste Ritter, der sich nach meinen Farben richten will. Laßt mich diese Wahl doch nicht bereuen! Und nun sollt Ihr mir sogleich zeigen, ob Ihr mir in allen Dingen Ehre und Gehorsam erweisen wollt: Ich pflege, so oft ich auf Ziesar bin, gern den Gefangenen meinen Besuch abzustatten. Der Gefängnißvoigt Matthias Schabegast ist ein harter Gesell, der noch dazu dem Glase gern zuspricht und dann in der Betrunkenheit seinen Anbefohlenen ihre ohnedies so schwere Lage noch bitterer und unerträglicher macht. Darum bin ich stets bereit, ihnen dieselbe zu erleichtern, und mein Ohm, der Bischof, setzt mir darin kein Hinderniß entgegen, sondern läßt mir gern die Freude, welche es mir gewährt, eine freundliche Stunde in ein trauriges Dasein zu bringen. Heut nun habe ich noch nicht Zeit gehabt, hinunter zu gehen; jetzt aber werde ich nicht länger säumen, und Ihr sollt mit mir kommen, um mir zu helfen, Trost und Beistand auszutheilen.«
    Ueber das Gesicht Joachims glitt ein Zug der Freude. War der Grund davon nur der, in dem Mädchen ein so mildes und barmherziges Gemüth entdeckt zu haben, oder gab es vielleicht noch etwas Anderes, was ihn so hell und dankbar in ihr Auge blicken ließ?
    »Dank Euch für diese Güte, daß Ihr mich für werth haltet, Euch auch in solchen Dingen zu dienen! Aber wird es Euch auch wirklich möglich sein, die Gefängnisse zu öffnen, da der Voigt die Schlüssel in seiner Verwahrung hat?«
    »O, das macht mir keine Sorge! Er wird jetzt wohl nicht daheim sein, aber die Schlüssel müssen mir trotzdem von seinem Weibe ausgehändigt werden. Kommt und folget mir; auch Ihr seid gut, und unser Thun wird Euch Freude bereiten!«
    Sie schritt ihm voran, und bald gelangten die beiden jungen Leute in die Küche des Schlosses, wo Maria Allerlei für ihre Schützlinge in einen Korb packte, welchen sie dann Joachim in die Arme schob.
    »So, den sollt Ihr tragen,« lachte sie, »obgleich dieser Dienst wenig nach dem Geschmacke eines tapferen Ritters sein wird. Nun laßt uns die Schlüssel holen!«
    Sie gingen über den Schloßhof nach demjenigen Theile der Burg, welcher den Gefangenen als Aufenthalt diente. Als sie in die Wohnung des Voigtes gelangten, war dieser soeben nach Hause gekommen. Brummend

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