Der beiden Quitzows letzte Fahrten
aus freier Gnade. Ihr seid ein Held, wie es nicht so nahe einen zweiten giebt, und sollt nicht wieder hinabgehen in den Kerker, wo Ihr bisher verwahret lagt. Gebt mir Euer Wort, daß Ihr nicht von hier entfliehen wollt, und Ihr sollt in diesem Schlosse herumgehen dürfen als ein Freier, und ein mildes Gefängniß haben, bis Ihr mit meinem Willen von hinnen geht!«
Dieser Edelmuth kam dem Ritter so unerwartet, daß er mit dem Versprechen zögerte.
»Schlagt ein, Herr Caspar,« rief Marie, indem sie seine Hand erfaßte und in diejenige des Bischofs legte. »Der Ohm meint es gar gut, und Ihr könnt ihm vertrauen.«
»Hochwürdiger Herr,« rief er endlich, »ja, hier ist meine Hand! Ihr habt mich besiegt, und dieser Sieg ist wohl größer, als Ihr jetzt noch vermeint, die Zukunft wird’s wohl lehren.«
»Das walte Gott. Und nun begrüßet Euren Sohn,« meinte Johann von Waldow lächelnd, »der sich den Namen Wolf von Hagen doch wohl nur von Eurem Schlosse Wolfshagen entlehnt hat.«
»Sein Sohn?« frug Hans von Röder überrascht; Marie horchte erstaunt auf, und auch die Uebrigen gaben durch Ausrufungen zu erkennen, daß sie dies nicht erwartet hätten.
»Ja, sein Sohn, der sich in mein Haus geschlichen hat, um den Vater zu befreien, wie ich nun erkenne.«
»Befreien? Mit List oder Gewalt befreien? Nein,« rief Joachim. »Ich wollte nur den Vater heimlich sehen und ihm Trost bringen in dem Unglücke, welches über uns hereingebrochen ist. Ich bin kein Quitzow, hochwürdiger Herr, und ehre den Grafen von Zollern, obgleich er den Meinen wehe thun mußte. Das möget Ihr mir wohl glauben!«
Und sich aus der Umarmung Caspars lösend, bat er:
»Der Vater ist wohl gut und liebt das Recht. Laßt es ihn im Guten erkennen, so werdet Ihr gar bald einen starken Helfer an ihm haben!« –
Zwölftes Kapitel
Die Söhne des Geächteten
Droben im Saale saßen sie zusammen wie gewöhnlich, die beiden Boldewins und Thomas von dem Kruge nebst Herrn Claus von Quitzow, und zechten, daß Kuno, der alte Kellermeister, des Laufens kaum ein Ende sah. Dem alten Boldewin lag wieder einmal die Gicht in den Gliedern, so daß er ein Gesicht immer ärger schnitt als das andere; Claus lag in dem breiten Armstuhle, hatte die fetten Hände über den dicken Bauch gelegt und machte ein bedächtiges Nickerchen, aus dem er in regelmäßigen Zwischenpausen emporfuhr, um mit einem durstigen »Hrrr! Hm!« nach dem Humpen zu greifen, um den Inhalt desselben in den weitgeöffneten Mund zu schütten. Die beiden Anderen sahen einander an und tranken, tranken und sahen einander an und strengten ihr Gehirn vergebens an, sich ein grauenhaftes Abenteuer auszusinnen, um es dann nach alltäglichem Brauche als ein selbsterlebtes zu erzählen.
In der Mannenstube ging es lebhafter zu, denn die drei Vornehmsten unter den Anwesenden liebten weder das Schweigen noch die Langeweile und sorgten stets dafür, daß die Unterhaltung im rechten Flusse blieb.
»Ja, nun sitzt er open, zieht die Peine in die Höhe und pläst auf der Seufzerpfeife,« meinte Caspar Liebenow. »Das sind die pösen Geister, welche in den Kellerwinkeln hausen und in den Wein fahren, wenn das Faß nicht gut verspundet ist. Wer am heiligen Weihnachtsapend hinuntergeht und von punkt zwölf Uhr bis punkt ein Uhr siepen mal siepen pommersche Maaß Rothen trinkt, der pekommt sie zu sehen und kann gar Manches hören, was ihm die Haare zu Perge treipt.«
»Höre, Bruder Caspar, dat Ding mit die Geister thut mich sehr richtig vorkommen; aber wie dann nun, wenn dat Faß nun richtig zugespundet worden sein thut und die Zipperlein trotzdennoch kommen? Höre, wat ich mich denke: der Ritter hat een Loch im Magen, wo der Wein hindurchlaufen thut bis hinunter in die Beine; da möchte er gern heraus, und is doch keen Zapfen nich daran, und nun thut er in die Haut zwicken und beißen, um een Loch hinein zu kriegen.«
»Pruder Schwalpe, von wegen dem Loch, da muß ich Dir peistimmen! Was sagst Du dazu, Pruder Steckelpein?«
»Das von dem Loch ist richtig, und das von den Geistern ist auch richtig. So, also! Es hat mir einmal Einer gesagt, daß der Mensch neunundneunzig Geister hat, und wenn der hundertste kommt, das ist der Apothekergeist, so muß man sterben.«
»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche, das ist ja eine ganz verdeiwelt fürchterpare Geistergeschichte! Aper da will ich die neunundneunzig doch zehnmal lieper hapen, als den einen Apothekergeist, nicht wahr, Pruder Schwalpe?«
»Thue Dir
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