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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geöffnet wurde und der Voigt allein gegenwärtig sei, so blitzte ein rascher Entschluß durch seine Seele, der Entschluß, zu fliehen. Derselbe war zwar mehr als kühn, er war verwegen, ja vielleicht vollständig vergeblich zu nennen, da es fast unmöglich erschien, aus dem Schlosse zu entkommen, selbst wenn es glückte, aus den Verließen zu gelangen; aber zu verlieren war ja nichts, und so erhob er sich blitzschnell, noch ehe Matthias seine Absicht errathen konnte, vom Lager, faßte ihn bei der Brust, entriß ihm die Laterne und schleuderte ihn dann mit solcher Wucht an die gegenüberliegende Mauer, daß er dort sofort zusammenbrach. Nun zog er den Schlüssel aus dem Schlosse und stieg langsam und vorsichtig die Treppe empor.
    Oben fand er den Eingang offen; er trat durch denselben und verschloß ihn. Nun sah er sich in einem langen Corridore, welcher vollständig unbeleuchtet war. Mit leisen Schritten eilte er denselben entlang, bereit, Jeden, der sich ihm entgegenstelle, niederzuschlagen, und gewahrte in der Mitte desselben eine breite steinerne Stufenreihe, welche jedenfalls den Hauptaufgang zu dem Gebäude bildete und nach dem Schloßhofe führte. Einen forschenden Blick um sich werfend, sah er, daß er sich nicht irre, denn er selbst war bei seiner Ankunft diese Treppe emporgeführt worden.
    Schon stand er im Begriffe, die Laterne zu verlöschen und hinabzusteigen, als er mehrere Stimmen hörte, welche sich von unten näherten. Er durfte sich nicht sehen lassen, trat zur nächsten Thür, öffnete dieselbe auf gut Glück und stand vor einem kleinen Zimmer, aus welchem eine Seitenthür weiter führte. Es war leer; tief aufathmend trat er ein und zog die Thür hinter sich zu. Sich nun sorgfältiger umschauend, suchte er irgend eine Waffe zu entdecken, aber es war Nichts zu finden, was ihm als eine solche hätte dienen können. Während dieses ihm eine kleine Enttäuschung brachte, hörte er die Schritte, welche er vorhin vernommen hatte, an dem Gemache vorübereilen; er war also noch nicht bemerkt worden und konnte einmal frei und ordentlich aufathmen.
    Jetzt galt es nun, weiter vorzudringen. Er näherte sich der zweiten Thür, öffnete dieselbe so unhörbar wie möglich und lugte durch die enge Oeffnung. Auch dieser Raum war leer, und auch aus ihm konnte man weiter gelangen. Aber als er eingetreten war, hörte er deutlich ein Gemurmel von vielfältigen Stimmen, welche aus dem Nebenraume zu ihm drangen; er ahnte, daß dies der Saal sei, und sah sich eben nach einem passenden Verstecke um, als er hinter sich das Zuschlagen einer Thür vernahm und sich einige Secunden später diejenige öffnete, durch welche er selbst soeben getreten war. Der Stiftshauptmann Hans von Röder stand vor ihm, in der Hand eine Leuchte haltend.
    Vor Ueberraschung fast gelähmt, stand dieser starr und steif am Eingange und blickte Putlitz mit weitgeöffneten Augen an. Dieser faßte ihn sofort bei der Brust und raunte ihm zu:
    »Schweigt, oder es kostet Euch das Leben!«
    Aber schon hatte sich der Erschrockene erholt, riß sich los und schlug dem Ritter das Licht in das Gesicht.
    »Hierher!« rief er, daß es dröhnend durch die Thüren schallte, »hierher, Ihr Leute, es ist – –«
    Die folgenden Worte wurden unhörbar, da ihm die Faust Caspars die Kehle zuschnürte. Dieser war durch den Schlag für einige Augenblicke geblendet worden und mußte sich damit begnügen, den Hauptmann an weiteren Hülferufen zu verhindern; als er aber die Augen wieder öffnete, sah er das Gemach von einem hellen Lichte durchströmt, welches aus dem Saale hereindrang. Man hatte den Ruf vernommen, und einer der anwesenden Knechte war herbeigeeilt, um nach der Ursache desselben zu sehen. Als er Putlitz erkannte, sprang er erschrocken zurück und rief:
    »Um Gott, herbei, Ihr Herren! Die Gans von Putlitz will uns entfliegen.«
    Diese Worte brachten eine große Verwirrung unter den Anwesenden hervor; ein Jeder stürzte sich so eilig wie möglich nach dem Orte der Gefahr, und so hinderte Einer den Andern, rasch vorwärts zu kommen. Putlitz war aber nicht der Mann, sich so schnell greifen zu lassen. Nach rückwärts blühete ihm kein Heil, und nach vorwärts war es nur auf eine einzige Weise möglich, Vortheile zu erlangen. Er zog die Hände von dem halbtodten Stiftshauptmann zurück und stand im nächsten Augenblicke im Saale mitten in dem Knäuel der Menschen, die ihn zu greifen gedachten. Mit mächtigen Hieben und Stößen brach er sich eine Bahn durch sie

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