Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
sehen, ob ich die Wahrheit rede oder nicht!«
    Er öffnete die Thür und rief mit schallender Stimme den Namen Wratislaw den Corridor hinunter. Nach wenigen Minuten erschien der Wende, demüthig fragend, was der Ritter von ihm begehre.
    »Hrrr! Hm! Diese beiden Leute wollen wissen, wer der ›schwarze Dietrich‹ gewesen ist. Ich befehle Dir, nichts als die lautere Wahrheit zu sagen!«
    Das häßliche Gesicht des Mannes verzog sich zu einem widerlichen Grinsen, als er, das heimtückische Auge schadenfroh auf die Brüder werfend, die Antwort gab:
    »Wenn Ihr es befehlt, Herr, so muß ich gehorsam sein, obgleich es sonst niemals über meine Lippen gekommen wäre. Der Ritter Dietrich von Quitzow war unser Hauptmann, als wir in der Wendenburg unser Lager hatten. Es waren nur Wenige, die es wußten, und zu diesen gehörte auch ich.«
    »Gut, ein Mehreres ist nicht nothwendig, und Du kannst wieder gehen!«
    Wratislaw verließ das Gemach, und Claus kehrte zu seinem Sessel zurück. Die Jünglinge blickten sich einander stumm in die Augen; es kam ihnen vor, als ob sie träumten und als ob irgend Etwas geschehen müsse, sie aus diesem Traume aufzuwecken. Zwar hatte die Aussage des Wenden keineswegs eine unumstößliche Giltigkeit für sie; aber es war doch wohl unmöglich, daß die Sache so ganz und gar aus der Luft gegriffen sein konnte, und die Ueberzeugung, mit welcher Claus gesprochen und gehandelt hatte, war gar wohl geeignet, Ihre Meinung zu erschüttern.
    »Hrrr! Hm! Was sagt Ihr nun? Der Wratislaw könnte Euch viel erzählen von dem ›schwarzen Dietrich‹. Er ist oft zwischen dem Räuberlager und Plaue oder Friesack hin-und hergelaufen, um die Befehle des Herrn Dietrich von Quitzow zu holen oder auszuführen. Und wenn Ihr ihm keinen Glauben schenken wollt, so will ich Euch nur noch sagen, daß ich einst so unvorsichtig gewesen bin, mich von Eurem Vater zur Theilnahme verlocken zu lassen. Es standen mehrere Banden unter seiner Leitung, und ich ließ mich von ihm bewegen, eine derselben zu befehligen. Ich habe ihm geholfen, schwere Dinge auszuführen und bösen Undank von ihm dafür gehabt. Am Ende mußte ich noch froh sein, ohne Schaden für meinen ritterlichen Ruf zurücktreten zu können, der selbst jetzt noch sehr gefährdet ist. So haben sich die zwei Schlimmsten von den Leuten des ›schwarzen Dietrich‹, nämlich Wratislaw und Gieljuschken, nach dem Untergange der Bande zu mir gemacht, und ich muß sie nun bei mir dulden, weil sie sonst aus Rache meine Theilnahme an den räuberischen Thaten Eures Vaters verrathen würden. Und diese beiden Männer haben erst heut einen verkleideten Gegner von mir und Herrn Dietrich aufgegriffen, welcher die Absicht hatte, ein großes Unglück über uns zu bringen. Hrrr! Hm! Das ist Alles, was ich Euch sagen kann, denn mehr würde Euch nicht dienlich sein. Und nun nennt mich wieder einen Strauchdieb und Buschklepper, wenn Ihr den Muth und das Recht dazu habt!«
    Das war zu viel für die Brüder. Es war ihnen zu Muthe, als habe Jemand ihnen das Allerheiligste ihres innern Lebens entweiht und zertreten; wie zerschmettert standen sie vor dem Vetter und sannen vergebens auf Worte, ihren Gefühlen den richtigen Ausdruck zu geben. Endlich brachte Dietz mühsam hervor:
    »Verzeiht, Herr Claus, wenn ich Euch zu viel gethan habe, und erlaubt uns, Euch jetzt zu verlassen! Was Ihr uns mitgetheilt habt, ist zu schwer, als daß wir es sogleich fassen und tragen könnten, und wir müssen zuerst das Gräßliche zu überwinden suchen, ehe wir Euch eine feste und richtige Antwort geben können.«
    »Ja, geht jetzt,« meinte der Ritter, und sein vorhin so zorniges Angesicht nahm jetzt den froheren milden Ausdruck an. Es war ihm anzusehen, daß er es fast bereute, ihnen die furchtbare Mittheilung gemacht zu haben, und seine Stimme klang weicher noch, als gewöhnlich, als er hinzufügte: »Ich bin wahrlich nicht so schlimm, als Ihr von mir dachtet, nur hättet Ihr mich nicht in Aerger bringen sollen, denn dann wäre Euch diese traurige Erfahrung erspart geblieben. Hrrr! Hm! Nun es aber einmal geschehen ist, so müßt Ihr es muthig auf Euch nehmen und zu überwinden suchen. Thut, was Ihr wollt. Euer Vater hat mich zu Dingen beredet, die ich ohne sein Verlocken nicht gethan hätte, und sein Undank, mit welchem er mir lohnte, hat mich ihm entfremdet. Aber Ihr könnt ja nichts dafür und sollt es nicht entgelten. Darum habe ich Euch willkommen geheißen und werde diesen Gruß auch nicht zu schanden

Weitere Kostenlose Bücher