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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verstehe. Ich glaube, wir hätten nicht so starr sein und ihm bei seinem löblichen Bestreben mit unserer Hülfe dienen sollen, statt daß wir uns gegen ihn auflehnten und nun dafür so arg zu Schaden gekommen sind!«
    Claus sah ihn fast erschrocken an, denn eine solche Meinung hatte er bei einem Quitzow nicht erwartet.
    »Was sagst Du da?« frug er. »Hrrr! Hm! Ich erlebe immer neue Wunder an Dir! Du sprichst dem Manne das Wort, dessen grimmigster Feind Du sein solltest?«
    »Kann ich mich zwingen, ihn zu hassen? Ich habe früher auch so gedacht wie Ihr; aber das Unglück hat mich unterwiesen, den Sinn auf Besseres zu richten. Die Armuth ist ein arges Uebel, und ich weiß nun, wie es dem Volke zu Muthe sein muß, wenn es den Angriffen der Ritter preisgegeben wird und den Lohn seiner sauren Arbeit mit Gewalt sich entreißen sieht. Wo Mord und Raub im Lande herrschen, da muß einmal ein Mann kommen, der sich des Schutzlosen kräftig annimmt.«
    »Mord und Raub? Hrrr! Hm! Knabe, wahre Dich, daß mir der Zorn nicht wiederkehrt! Erst nanntest Du uns Strauchritter und Wegelagerer, und jetzt machst Du uns gar zu Räubern und Mördern. Wer, wie Ihr, selbst solch Werg am Rocken hat, der sollte doch wohl anders sprechen!«
    »Das ist eine Unwahrheit, Vetter,« entgegnete Dietz, seine jugendliche Unüberlegtheit gar nicht bemerkend. »Wer da sagt, daß auch wir dergleichen thun, dem schlage ich die Lüge aus dem Gesichte. Unser Name ist berühmt im weiten Kreise, und niemals hat einer der Unsrigen so gehandelt, wie es auf Garlosen geschieht, nach dem, was wir in den letzten Tagen darüber gehört haben. Garlosen ist ein Raubnest, und es thut uns leid, daß auch Ihr dort verkehrt.«
    »Hrrrrrrrr! Hmmmm!« schnaubte jetzt Herr Claus, indem er sich mit möglichster Schnelligkeit von dem Sessel erhob. »Jetzt ist meine Geduld alle, denn ich sehe, daß Du ein ebenso hitziger und rücksichtsloser Kopf bist wie Dein Vater. Keiner von den Eurigen hätte das gethan, was wir auf Garlosen thun, sagst Du? Weißt Du denn, daß es keinen größeren Räuber und Mörder, keinen schlimmeren Dieb und Buschklepper gegeben hat, als grad Euren berühmten Vater?«
    Er stand mit vor Zorn geballten Fäusten vor den Jünglingen. Das heißgewordene Blut überzog sein Gesicht mit einer dunklen Röthe, und in seinen erregten Zügen sprach sich ein Haß aus, der lange in seinem Herzen verborgen gewesen sein mußte, um das sonst helle und immer lächelnde Gesicht auf solche Weise zu entstellen. Dietz konnte anfänglich gar nicht glauben, daß die Worte, die er gehört hatte, wirklich gesprochen worden seien; als er aber sich überzeugen mußte, daß er sich nicht getäuscht habe, rief er im heiligen Eifer der Kindesliebe:
    »Wagt es nicht, das noch einmal zu behaupten, Vetter! Ihr nennt mich einen Knaben, und es mag sein, daß ich nicht vorsichtig gesprochen habe; aber wenn Ihr die Ehre meines Vaters antastet, so steht der Knabe als Mann vor Euch und wird Rechenschaft fordern über jedes einzelne Eurer Worte. Ihr seid ein wackerer Kämpe und versteht, mit dem Schwerte umzugehen, das wissen wir; doch habe auch ich nie gelernt, mich zu fürchten, und bedeute Euch also, Eure Rede zurückzunehmen!«
    »Zurücknehmen? Hrrr! Hm! Was fällt Dir ein? Du wirst mich nicht der Lüge zeihen: der ›schwarze Dietrich‹ ist kein Anderer gewesen, als Dein Herr Vater, welcher schnöden Gewinnes wegen das ruchlose Gesindel gegen seine Nächsten losgelassen hat. Widerlege es mir, wenn Du kannst!«
    Cuno hatte bisher nur wenig Theil an dem Gespräche genommen; bei der letzten Behauptung aber sprang er mit erhobener Faust auf denselben zu. Es war ihm noch nicht möglich gewesen, die Ansichten des Bruders in allen Stücken theilen zu können; aber was jetzt von seinem Vater gesagt wurde, das war zu entsetzlich, zu fürchterlich, als daß in ihm nicht der helle Grimm darüber hätte auflodern sollen.
    »Elender Verleumder!« rief er empört, »ich schlage Dich nieder, obgleich ich nur ein schwacher Bube bin!«
    »Halt, Cuno!« wehrte Dietz ihn ab, indem er den zum Schlage bereiten Arm ergriff. »Er ist unser Vetter und nicht werth, daß ihn Deine Hand berührt. Komm, laß uns gehen! Stavenow mit seinem Ungeziefer ist kein Ort für ehrliche Leute!«
    »Ungeziefer? Hrrr! Hm! Ich brauchte nur ein Wort zu sagen, um Euch zu verderben; aber ich habe Mitleid mit Euch und will Euch nicht entgelten lassen, was Euer Vater an mir verschuldet hat. Wartet nur einen Augenblick, so sollt Ihr

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