Der beiden Quitzows letzte Fahrten
ließen sich jetzt schon ziemlich deutlich erkennen und namentlich ein auf der Oberfläche des Wassers fort bis zu der Insel gleitender Blick vermochte von Minute zu Minute immer unzweifelhafter die Zickzacklinien des Ufers selbst zu unterscheiden.
An der Seite nun, welche der links an der Insel vorüberführenden Fahrstraße gegenüber liegt, war dicht am Ufer ein anscheinend nicht zur Insel gehörender, von ihr getrennter Gegenstand zu erkennen.
Der Capitän sah ein paar Augenblicke scharf aus nach diesem das Interesse des Grafen erregenden Punkte und flüsterte dann:
»Ein Schiff! Seit wann ankern Fahrzeuge an dieser Stelle? Es ist doch nicht etwa –?«
»Vermögt Ihr noch nichts Näheres an dem Schiffe zu unterscheiden?« fragte der Graf hastig, erregt.
»Hm! Die Masten sind auffallend klein und das Schiff selbst scheint außergewöhnlich lang und schmal zu sein. Doch werde ich mich in diesem Punkte wohl täuschen, denn das würde ja der Beschreibung ohngefähr entsprechen, die Ihr mir von der ›Schwalbe‹ gegeben habt. Es wäre mehr als verwegen, wenn die kecken Räuber hier schon angelegt hätten!«
»Nein, nein, Capitän,« fiel ihm der Graf, welcher das vermeintliche Schiff inzwischen scharf im Auge behalten, in’s Wort; »ich glaube fest, daß wir auf der richtigen Fährte sind. – Kein Zweifel, jetzt bin ich meiner Sache sogar gewiß!« fügte er nach kurzem Schweigen in festem Tone hinzu.
Im Augenblicke waren diese Worte des Grafen den Rittern, Mannen und den Matrosen bekannt und der Capitän murmelte zufrieden vor sich hin:
»In einer halben Stunde wird die Schwalbe unser und ein Vermögen verdient sein. Diese Nacht wird die schönste seit langen Jahren!«
Vorsichtig wurde die Insel umfahren und bei der stetig zunehmenden Helle waren bereits Gegenstände in weiterer Entfernung erkennbar.
Mit wachsender Ungeduld sahen die Ritter wie die Matrosen dem Ende der langgedehnten Insel entgegen, um die »Schwalbe« in Sicht zu erhalten.
Endlich war die Spitze von Neuwerk erreicht, das Schiff bog links ab und –
»Ha,« rief der Graf in dem Moment, »schneller, schneller, die Schurken rüsten sich eben zur Abfahrt!«
Matrosen hißten soeben die Segel und die »Schwalbe« setzte sich in dem Moment in Bewegung, als die Verfolger sie erreichten. Durch eine geschickt ausgeführte Wendung gelangte das Schiff der Letzteren in den Lee der »Schwalbe«, auf welcher inzwischen und in sicherer Voraussicht eines unvermeidlichen Kampfes der Befehl ertheilt worden sein mußte, einige Reffs fallen zu lassen und nothgedrungen beizudrehen. Bald befanden die beiden Fahrzeuge sich Planke an Planke. Die Enterhaken flogen und in demselben Augenblicke waren die Matrosen schon im wüthendsten Kampfe mit der Bemannung der »Schwalbe«.
»Wo sind meine Leute?« rief der Graf, welcher mit Suteminn, dessen Sicherheit auf dem Verdeck des schwankenden Schiffes längst die Bewunderung der übrigen Herren erregt hatte, zu gleicher Zeit die »Schwalbe« betrat. »Ich sehe hier nur fremde Gesichter!«
»Das werden wir bald erfahren!« rief ihm Suteminn zu und drang gegen die Vertheidiger der Schwalbe vor. Mit unwiderstehlicher Gewalt handhabte er sein Schwert und die Kraft, Gewandtheit und Schnelligkeit, mit welcher er gegen die verwegenen Gesellen vorging, die sich ihm entgegenstellten, brachten es bald dahin, daß diese scheu zu weichen begannen.
Noch ehe die Knechte vermocht hatten, am Kampfe sich nachdrücklich zu betheiligen, war dieser, dank der Thätigkeit des Grafen, Suteminn’s, der übrigen Herren, von denen Herr von Bismarck sich besonders durch seine Stärke und Gewandtheit bemerkbar machte, und der kampflustigen Matrosen bereits entschieden. Letztere waren sogar schon beschäftigt, die noch lebenden Ueberwundenen, welche ohne Ausnahme sämmtlich verwundet und kampfunfähig geworden waren, zu binden, als der Graf hastig rief:
»Die unteren Räume müssen untersucht werden!« und der Treppe zueilte.
Der Capitän, Suteminn, Herr von Bismarck und einige Knechte folgten und kamen eben auf dem Schiffsboden an, als sie den Ruf des Grafen hörten:
»Die Tönnchen sind fort! Verloren!«
Ein Licht war rasch zur Stelle und ein Blick genügte den Anwesenden, um sich davon zu überzeugen, daß an der Stelle, auf welche der Graf mit den bebend vor Aufregung hervorgestoßenen Worten deutete:
»Dort standen sie! Dort hatte ich sie hinstellen lassen!« nichts zu sehen war.
In diesem Augenblick wurde der im Hintergrunde
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