Der beiden Quitzows letzte Fahrten
»der Capitän wird Dich sicher finden, wenn Du zum Verräther wirst, und Dich dann in der entsetzlichsten Weise strafen. Denke an Clas!«
»Ach was,« entgegnete der also Gewarnte. »Ich habe nicht länger Lust, mich der Tyrannei des Capitäns zu beugen!«
»Wollt Ihr mir wirklich die Freiheit wiedergeben und werdet Ihr mir auch weiter forthelfen, wenn ich Euern Wunsch erfülle?« wandte er sich fragend an den Ritter, welche Frage dieser sofort bejahte, worauf rasch die Antwort erfolgte:
»Nun gut, die Fäßchen sind in einer Höhle auf der Insel versteckt, die ich Euch zeigen will, sobald ich erst die verdammten Fesseln los sein werde!«
Ein paar Augenblicke später stand der Mann auf den Füßen.
»Folgt mir nur, ich werde Euch führen!«
Der Capitän hatte währenddessen die Insel einer näheren, scharfen Besichtigung unterzogen. Dieselbe war nur am Ufer mit dichtem Gesträuch bewachsen, das Innere dagegen bildete eine öde, bäum-und strauchlose Fläche, auf welcher zunächst der Seite, an der die Schiffe hielten, eine kleine Hütte sichtbar war.
Die Hütte schien seit einigen Minuten auch das besondere Interesse des Herrn Henning von Bismarck zu erregen, denn er rief in dem Augenblicke, als auch der Capitän sprechen wollte, hastig:
»Wer wohnt dort in dem Häuschen? Der Besitzer desselben hat uns bemerkt und rennt jetzt wie toll umher!«
»Dieselbe Frage habe auch ich stellen wollen,« bemerkte der Capitän; »vor einer Viertelstunde habe ich den kleinen, buckeligen Kerl rechts von der Bucht her auf das Häuschen zu springen sehen!«
Der seiner Fesseln ledige Räuber wandte sich nach der bezeichneten Richtung und gab unaufgefordert die Auskunft:
»Der Mann, welcher dort in der Hütte wohnt, ist der Wächter der Fäßchen!«
»Hm!« brummte der Capitän, »dann wird es wohl gerathen sein, den Kerl mit den Hunden dort zusammen aufzuknüpfen!«
Rasch wurde ein Boot hinabgelassen, der Graf bestieg dasselbe mit Suteminn, einigen Matrosen der »Schwalbe«, die sich von ihrer kurzen Gefangenschaft inzwischen wieder erholt hatten, in Begleitung des Führers und bald landeten sie an der Insel.
»Caspar,« befahl Suteminn, »hole Du den Mann da aus dem Häuschen und bringe ihn in jedem Falle uns nach.«
»Gut, Herr Ritter!« grinste der Wachtmeister, »ich pringe den Kerl, und wenn er der Deiwel selper wäre! Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche,« sagte er, als er ein paar Schritt in der Richtung gegen das Häuschen gegangen war, »ich hape wohl auf dem elenden Kasten da das Laufen verlernt, der Poden scheint hier gerade so sehr zu wackeln wie das Schiff, denn ich muß mich ja pei allen Teufeln stützen, um nicht hinzufallen.
Na, warte Schuft, Du sollst mein Schwert auf Deinem Rücken tanzen fühlen, wenn Du etwa mich auch noch ärgern willst!«
Drohend, grollend ging er anfangs wankend, bald aber immer festeren Schrittes der Hütte zu, in deren Thüre ein Weib erschien.
»Was wollt Ihr hier?« schrie sie dem ergrimmten Wachtmeister entgegen.
»Sachte! sachte, alter Drache!« brüllte dieser, »wo ist der Kerl, der hier wohnt?«
»Oho! der Kerl? Hier wohne ich mit meinem Mann!«
»Wo ist Dein Mann? Rufe ihn!«
»Er ist nicht zu Hause!«
»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche; ich glaupe, das Weipspild will mich ärgern. Ich werde ihn selbst suchen, dann aper Dich gleich mit mir nehmen!«
Mit diesen Worten schritt er der Hausthür zu, und das Weib, welches fürchten mochte, der, mit seinem langen Schwerte verdächtige Bewegungen machende wilde Kriegsknecht werde sie bei längerem Widerstande ernstlich bedrohen, zog sich schreiend zurück.
In diesem Augenblicke wurde die Thür eines Kämmerchens aufgestoßen und ein kleiner verwachsener Mann, in dessen Zügen sich Bosheit, Tücke und Hinterlist, im nicht geringem Grade jetzt aber auch Furcht ausprägten, trat hervor. Noch ehe er oder der Wachtmeister aber ein Wort zu sprechen vermocht, hatte das in der Nähe des Kleinen stehende Weib diesen hinterrücks gefaßt und versuchte unter gellendem Hülfegeschrei ihn zurückzuziehen. Der Ausführung dieses Bemühens trat der Wachtmeister hindernd entgegen, welcher den Kleinen, in dem die Leser Hinrich, den Genossen der Schiffsknechte vom »Wiking«, erkannt haben werden, am Arme faßte und mit einem gewaltigen Ruck aus der Gewalt des Weibes befreite und zur Hütte hinaus schleifte.
»Was wollt Ihr von mir?« fragte dort Hinrich, als er wieder auf den Füßen stand, den ihn finster
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