Der beiden Quitzows letzte Fahrten
absolute Macht der Gebietenden völlig zu theilen.
Er hatte aber die märkischen Junker und Ritter und ihre zumeist rohen Sitten und Gebräuche, andererseits auch ihre Selbstüberhebung, ihre auf der Zahl der kriegsdienstfähigen Mannen und auf der Körperkraft der Streitmacht lediglich beruhende, angebliche Machtvollkommenheit, endlich auch ihre crasse Unwissenheit in allem, was nicht zur Ausübung der damals üblichen Methode des Kriegführens, oder zur Veranstaltung roher Zechgelage gehörte, hinlänglich kennen gelernt und hegte, da er ja den Ritter Suteminn noch zu wenig gesehen und gesprochen, um bereits befähigt gewesen zu sein, sich ein richtiges Urtheil über denselben zu bilden, die leise Besorgniß, er werde sich nicht völlig frei gehalten haben von dem bereits erwähnten, vorzugsweise den märkischen Junkern anhaftenden unberechtigten Dünkel, den Größten ihrer Zeit in allem zum Mindesten völlig gleich zu stehen.
Wie sehr erstaunte er, als er wahrnehmen mußte, daß Suteminn bei der Erziehung der beiden Kinder sich nur von den Principien hatte leiten lassen, die wirklich und nur allein dem Adel allezeit zur Zierde gereicht haben!
Mit Thränen der Freude im Auge sprach er ihm später, als Detlev und Marie sich bereits zurückgezogen hatten, nochmals seinen wärmsten Dank aus für diese ganz in seinem Sinne geleitete Erziehung und gab gleichzeitig, wenn auch versteckt, seiner Verwunderung darüber Ausdruck, inmitten der bereits characterisirten märkischen Junker einen Mann zu finden, der vermöge seiner Kenntnisse, seiner Bildung alle seine Standesgenossen weit, weit überragt, und, wie er während der Zeit seines jetzigen Aufenthalts in den Marken allseitig und einstimmig gehört habe, durch seine Tapferkeit von den Wegelagerern und seinen Feinden gefürchtet, von seinen Bekannten aber hochgeachtet und geehrt wurde, trotz alledem aber, und ungeachtet er wissen müsse, wie hoch er über den Rittern und dem Adel der Marken erhaben dastehe, sich so in selbstgezogenen engen Grenzen hält, wie dies der Fall sei.
»Ihr überhebt meine geringen Kenntnisse sowohl, als auch meine Stellung den märkischen Rittern gegenüber,« erwiderte Suteminn mit leisem Lächeln. Dies verschwand jedoch schnell, als er fortfuhr: »Was indeß meine Zurückgezogenheit anlangt, aus der ich nur heraustrete, wenn ich Anlaß habe, im speciellen Falle mich für oder gegen Jemand zu entscheiden, so darf ich diese Eigenschaft oder wenn Ihr sie so nennen wollt, diese Bewegung innerhalb selbstgezogener Grenzen wohl auf meinen Lebensgang zurückführen!«
»Das Schicksal wandelt allerdings, wie ich an mir selbst ja recht deutlich erfahre, oft recht sonderbare und gefährliche Wege, und auch Euch scheint es nicht immer auf ebener Straße geführt zu haben. Nur Wenige sind so glücklich, nicht von Schlägen heimgesucht zu werden, die geeignet sind, Frohsinn und Heiterkeit, wenn nicht für immer, so doch für lange Zeit zu bannen, und ob selbst diese Wenigen das Glück wirklich genießen, welches wir Uebrigen, weniger Bevorzugten bei ihnen zu finden vermeinen, mag lieber ununtersucht bleiben –!«
»Ihr habt vollkommen Recht; nur werden Manchem Prüfungen auferlegt, die – gar zu hart erscheinen. Ich will damit keinesfalls sagen, daß gerade ich in meinem Leben vorzugsweise dazu verurtheilt gewesen sei, nur immer mit trüben Erfahrungen ringen zu müssen. Dies würde der Wahrheit wenig entsprechen, denn eben so traurig, wie meine Jugendzeit vergangen ist, eben so reich wie mein Aufenthalt im elterlichen Hause und dann in der ersten Zeit mein Leben in der Fremde an furchtbaren Ereignissen war, eben so ruhig, ich möchte sagen friedlich, habe ich seither als Mann gelebt.
Ihr seht also, daß ich noch keineswegs am schlimmsten daran gewesen bin, und auch Euch wird, wie ich fast glaube, die Sonne bald wieder voll scheinen. Heut’ hege ich die Ueberzeugung, daß Ihr die Marken nicht eher verlassen werdet, als bis Ihr Eure Gattin wiedergefunden und Eure Rechnung mit dem schwarzen Unhold ausgeglichen habt. Fragt mich nicht, woher mir plötzlich dieser, wie ich gern zugebe, jedes festen Grundes noch entbehrende, doch aber, wie ich fühle, unerschütterliche Glaube kommt; ich vermöchte Euch keine genügende Antwort zu geben. Das aber weiß ich, meine Erwartung wird in Erfüllung gehen und Ihr werdet Eure Heimath zufrieden, ja glücklich wieder betreten!«
»Möge Eure Vorhersagung in Erfüllung gehen!« rief der Graf leise, wobei ein
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