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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denn diese brach eben in die Klage aus:
    »Wenn doch Marie bei mir wäre! Kein Mensch meint es so gut zu mir, wie meine Freundin, sie versteht mich und weiß, wie schwer ich leiden muß! O Gott! –«
    Der Graf war mittlerweile in die Thür getreten, um die seitwärts stehende Frau sehen zu können. Noch war dies aber nicht möglich, weil sie sich abgewandt von ihm hielt.
    Das durch sein Eintreten verursachte Geräusch wurde von ihr wahrgenommen, sie kehrte sich um und blickte den Grafen verwundert, neugierig an.
    Mit diesem ging im Augenblick eine erschreckende Aenderung vor.
    Mit halbgebeugtem Oberkörper stand er wie versteinert, das weitgeöffnete Auge auf die Frau gerichtet und die Hände ausgestreckt, als wolle er nach einem Halt fassen oder etwas ergreifen. Keines Wortes mächtig, starrte er die Unglückliche an und Suteminn wollte ihm eben besorgt näher treten, als er mit zitternder Stimme das eine Wort hervorstieß:
    »Wanda!«
    Die Frau hatte den Grafen anfangs, wie schon bemerkt, neugierig betrachtet. Diese Neugierde schien sich bald in Schreck zu verwandeln, und als sie endlich bemerkte, daß Leben in die erstarrte Gestalt kam, eilte sie, ohne den Aufschrei des Grafen zu beachten, fort und hinaus in den Hof, wo sie Marie fand.
    Der Graf wollte ihr nachstürzen, Suteminn, welcher auffallend bleich neben ihm stand und selbst mit innerer Bewegung kämpfte, hielt ihn jedoch zurück.
    »Faßt Euch, Herr! Ich ahne, wen Ihr in der Frau erkannt habt, und verstehe den Schmerz, der Euch in diesem Moment erfüllt. Ueberseht aber dabei nicht, daß der Himmel Eurem heißen Flehen Gewährung verheißt, vergeßt nicht, daß Rettung noch möglich, ja daß sie meiner festen Ueberzeugung nach mehr als wahrscheinlich, daß sie sicher zu erwarten ist!«
    Seine Trostesworte fanden jedoch nicht die erwünschte Beachtung, denn der Graf rief leise wehmüthig, während Thränen über sein Gesicht herabrollten:
    »Arme, arme Wanda, so muß ich Dich wiederfinden?!«
    Einige Minuten verharrte er in verhängnißvollem Schweigen, dann richtete er sich empor und suchte seiner Stimme die frühere Festigkeit zu geben, doch gelang ihm dies nur schlecht.
    »Ihr habt Recht. Ich sollte dem Allweisen dankbar sein, daß er mich endlich meine Gattin hat wiederfinden lassen. Bedenkt aber, daß der Schlag, im Moment des Wiedersehens auch erkennen zu müssen, daß die Mutter meiner Kinder, meine durch ein herbes Geschick lange Jahre von mir und den Kindern getrennt gewesene Lebensgefährtin dem Tiefsinn, dem Wahnsinn überliefert worden, zu hart ist, um ihn sofort überwinden zu können, wie es wohl nöthig sein sollte. Allmächtiger, was soll nun geschehen? Marie, Detlev, arme Kinder!«
    »Was ist denn hier vorgefallen?« rief in diesem Augenblick Marie, welche rasch in das Gemach trat. »Die arme Frau kam ganz entsetzt hinaus in den Hof gestürzt und umklammerte mich. ›Helft mir! Helft mir! Ich fürchte mich!‹ rief sie in höchster Angst und sah wiederholt scheu zurück nach dieser Thüre, als fürchte sie – um Gottes Willen, Vater,« unterbrach sie hier plötzlich ihre Mittheilung und eilte auf den Grafen zu, »Du weinst?« rief sie ängstlich, während sie ihre Arme um ihn schlang. »Was bewegt Dich? Du bist doch nicht etwa krank?«
    »Nein, mein Kind,« erwiderte der Graf, ihr liebevoll in’s Auge blickend, »ich fühle mich nicht krank. Aber sage mir, wo ist die Unglückliche?«
    »Detlev steht bei ihr an der Thüre; sie mag nicht hereinkommen, sie fürchtet sich!«
    »Du bist der Aermsten wohl recht zugethan?« fragte der Graf weiter, während Suteminn das Gemach verließ, um, wie er sagte, selbst nach der Frau zu sehen.
    »Ja, Vater, ich habe sie so herzlich lieb, als wenn – wenn –«
    »Nun? als wenn –?«
    »Ich weiß nicht, wie ich Dir das Gefühl beschreiben soll, das mich der Frau gegenüber erfüllt. Es ist mir, als müsse ich sie schon lange, lange kennen, vom ersten Augenblick an, in dem ich sie sah, war ich ihr gut und auch sie hegt die gleiche Gesinnung gegen mich. Es thut mir unbeschreiblich weh, die Aermste, die gewiß recht viel Kummer zu ertragen gehabt hat, in diesem traurigen Zustande zu wissen! Weshalb, lieber Vater, kam sie denn jetzt mit allen Zeichen heftigen Schreck’s plötzlich in den Hof gestürzt? Es kann Ihr doch hier nichts zugestoßen sein?«
    »Nichts Uebles, mein Kind, sie hat mich jetzt zum erstenmale hier gesehen. Ich trat ein und – habe sie wider Willen erschreckt!«
    Seine Stimme bebte

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