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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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leichter Seufzer seinen Lippen entfloh. »Arme, arme Wanda,« fuhr er im leisen Selbstgespräch fort, »welch’ furchtbare Leiden werden Dir auferlegt worden sein! Werde ich Dich wirklich noch einmal wiedersehen? – Ja! ja!« rief er nach minutenlangem Schweigen plötzlich laut, »ich glaube es, daß ich noch einmal ganz glücklich, daß ich mit Gottes und Eurer Hülfe mein Ziel erreichen werde. Ihr habt mir die Kinder, meine geliebten Kinder nicht nur erhalten, sondern auch vortrefflich erzogen, Ihr werdet mir auch ferner noch beistehen und mir zur Rettung meiner unglücklichen Gattin Euren Beistand nicht versagen. Dank, Dank Euch, edler Freund!«
    Suteminn war, als der Graf den Namen seiner Gattin nannte, leicht aufgefahren. Der Name Wanda mußte Erinnerungen in ihm erweckt haben, die nicht ausschließlich freundlicher Natur waren.
    Er beherrschte sich zwar so weit, daß der Graf keinen Anlaß fand, nach dem Grunde der Erregung des Ritters zu fragen, doch vermochte er nicht leicht die Ruhe wiederzufinden, welche ihm so plötzlich geraubt worden war, und er fühlte sich erst erleichtert, als auch der Graf sich in sein Schlafgemach begeben hatte.
    Noch lange wanderte er jetzt in seinem Gemach auf und ab.
    »Wanda! Wanda!« murmelte er wehmüthig, »seit wie langer Zeit hörte ich diesen Namen zum erstenmale wieder! Welche Fluth der Erinnerungen weckt er in mir! –«
    »Thorheit!« brummte er nach kurzem Schweigen, »wie konnte ich nur so schwach sein, durch einfache Nennung eines Namens Zeiten, Tage und Erinnerungen wach werden zu lassen, die am besten begraben bleiben? Hat die Trägerin dieses Namens, an welche ich wider Willen denken muß, hat Wanda von Löwenholm denn verdient, daß ihrer jetzt von mir noch gedacht wird? Trägt sie nicht die Schuld an der Entzweiung der Brüder?
    Nein! den Vorwurf verdient sie nicht, das unglückliche Verhängniß, daß wir Beide Dich liebten, glühend liebten, war die alleinige Ursache der oft genug beklagten Thatsache, daß mein einziger Bruder in unversöhnlichem Groll von mir schied und dem fluchwürdigen Geschick, welchem unsere Familie, unsere Eltern zum Opfer fielen, haben wir es nur allein zu danken, daß Wanda sich dem Zwange der Ihrigen beugte, und keinem von uns ihre Hand reichte. Wo weilt mein Bruder? Lebt er noch und hat er seinen Haß gegen mich noch nicht aufgegeben? Allgütiger,« rief er laut auf, »nur diese Frage beantworte mir, dann will ich mich gern bescheiden! Und Wanda, wo magst Du weilen?« fuhr er, am Fenster stehend und sinnend in die dunkle Nacht hinausschauend, mit weicher Stimme fort. »Hat Dir der Himmel das Loos gewährt, welches Du Dir einst erträumtest? Bist Du so glücklich geworden, als ich Dir es einst wünschte und auch heut’ noch in gleichem Maße gönne?«
    Lange Zeit stand er so, die Stirn an das Fensterkreuz gedrückt und den raschen Flug der vom Winde gejagten Wolkenmassen beobachtend, die den Mond nur für Augenblicke sichtbar werden ließen, und als er sich endlich gewaltsam aus seinem Sinnen emporraffte und dem Innern des Gemachs zuwandte, da waren seine Augen feucht und um den Mund zuckte es gar verdächtig: herber Schmerz um verlorenes Glück, bitteres Weh und tiefer Gram prägten sich in seinem Blick, in seinen Zügen aus und lange dauerte es, bis er die erwünschte Nachtruhe fand. –
    In der Freude des Wiedersehens mit seinen Kindern hatte der Graf der Stimme vergessen, welche ihn in der ersten Stunde seiner Ankunft im Hause Suteminn’s mächtig ergriffen, und wurde auch am folgenden Morgen nicht mehr an dieselbe erinnert. Er gab Suteminn den Wunsch zu erkennen, in Begleitung Detlev’s die Stelle im Walde zwischen Tremmen und Zachow besuchen zu wollen, an welcher er vor Jahren namenlos unglücklich geworden war.
    Suteminn war sofort bereit, den Grafen zu begleiten und bald befanden die drei Herren sich auf dem Wege nach dem Ziele ihres Ausflugs.
    Trotzdem er volle zwölf Jahre nicht mehr dahingekommen, fand der Graf doch ohne besondere Mühe jene Stelle.
    »Hier war es,« rief er vom Wege abbiegend und auf einer kleinen Lichtung anhaltend, in deren Mitte sich eine riesige Eiche erhob. »Hier stand meine Frau mit den beiden Kindern und dort rechts hielt das schwarze Ungeheuer. Von dieser Seite links her kamet Ihr mir zu Hülfe! O Gott, ich erinnere mich des schrecklichen Ereignisses noch immer in allen seinen Einzelheiten –.«
    Er war vom Pferde gestiegen, lehnte sich an den Stamm der Eiche und verdeckte die Augen. Die

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