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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Erinnerung schien sich seiner völlig bemächtigt zu haben, denn er vergaß seiner Begleitung und verharrte regungslos in der angenommenen Stellung.
    Suteminn wagte ihn nicht zu stören; er mochte offenbar fühlen, daß Trostesworte, Einflüsterungen der Hoffnung hier nicht angebracht seien, in seinem Blick sprach sich aber das innigste Mitgefühl mit dem vom Schicksal hartgeprüften Grafen aus. Detlev dagegen war sichtlich überrascht, als sie die Lichtung betraten; er ritt nach der gegenüberliegenden Seite derselben, richtete forschende Blicke ringsum und kam nach kurzem Verweilen an jener Stelle zurück zu seinem Vater und zu dem Ritter.
    »Dies ist also hier die Lichtung, an welcher der schwarze Räuber eine ganze Familie zu vernichten bestrebt gewesen ist?« fragte er gedankenvoll. »Jetzt verstehe ich, weshalb gerade diese Lichtung, dieser Raum da, mir wie eine Erinnerung aus früheren Zeiten erschien!«
    »Warst Du denn schon einmal hier?« fragte der Ritter erstaunt.
    »Jener unglücklichen Frau, die noch in Eurem Hause lebt, sind wir, das heißt, der Herr von Bismarck und ich, hier begegnet. Als ich von jener Seite her den Platz betrat, schien es mir im ersten Augenblick und trotz der Dunkelheit doch, als wäre er mir nicht fremd. Ich hatte aber nicht länger Zeit zu grübeln, ob ich die Lichtung früher bereits gesehen, denn das Verhalten der Frau war so auffallend, so eigenthümlich, daß ich ihr sofort meine Aufmerksamkeit zuwandte!«
    »Die Unglückliche wollte, wie Du damals erzähltest, nicht von diesem Baume weggehen!«
    »Sie konnte nur mit Aufbietung von Gewalt fortgebracht werden und schrie anfangs jämmerlich nach ihren Kindern.«
    Der Graf hatte sich bei den letzten Worten Detlev’s emporgeschwungen und fragte mit Spannung in den Zügen:
    »Diese Frau befindet sich ja wohl noch in Eurer Pflege?«
    »Ja, Herr Graf!«
    Weshalb bebte Suteminn bei dieser Frage des Grafen zusammen und strich mit der Hand über die Augen, gleich als wolle er ein plötzlich vor ihm aufgetauchtes Gebilde verwischen, oder einen Gedanken, eine Vorstellung unterdrücken?
    Aber auch der Graf schien durch die erhaltene Auskunft an irgend etwas erinnert zu werden, das wohl der vollen Beachtung werth sein mußte, denn er schwang sich rasch in den Sattel und sagte mit unverkennbarer Hast:
    »Wir werden jetzt ohne weiteren Aufenthalt nach Tangermünde zurückkehren!«
    »Gewiß, Herr Graf,« entgegnete Suteminn, »wenn Ihr dies wünscht?«
    »Ich muß gestehen, daß mich darnach verlangt, die Frau zu sehen! Seid Ihr übrigens hier in dieser Gegend bekannt?«
    »Ja, doch weshalb stellt Ihr diese Frage?«
    »Ihr erzähltet mir, der Knecht, den Detlev mit der Frau zu Euch gebracht, sei beauftragt gewesen, die Frau dem mir ja bereits bekannten Junker Dietz von Quitzow zuzuführen. Wo hat er sie denn abgeholt?«
    »Darüber habe ich Gelegenheit gehabt, mich genau zu informiren. Gelegentlich unseres Aufenthalts in Hamburg und auch auf der Rückreise habe ich mit dem Junker Dietz von Quitzow die in dieser Sache mir unklar gebliebenen Punkte besprochen und erfahren, daß er die Arme in der That aus langer Kerkerhaft befreit hat, und Herr Hans von Uchtenhagen, der durch den tollkühnen Junker gleichzeitig der Gewalt der Räuber entrissen worden, Willens gewesen ist, für die Frau fernerhin zu sorgen. Detlev und Herr von Bismarck haben, wie Euch bereits bekannt, dieses Vorhaben vereitelt!«
    »Wo aber war der Kerker, in welchem die Frau festgehalten wurde?«
    »In der sogenannten Wendenburg, einer an der Havel gelegenen Klosterruine!«
    Der Graf verfiel wieder in’s Sinnen, und da auch Suteminn sich in Gedanken mit irgend einer Angelegenheit beschäftigte, gerieth die Unterhaltung der drei Reiter völlig in’s Stocken.
    Mit Anbruch der Dunkelheit hielten sie wohlbehalten vor dem Thore des Zauberhauses und der Graf saß kaum mit dem Ritter in dessen Gemach, als er auch bereits anfing, von dem zu sprechen, was ihn so lebhaft interessirte.
    »Die unglückliche Frau erregt, nachdem ich die Aeußerung gehört, welche sie auf der Lichtung gethan, meine Aufmerksamkeit immer mehr und ich –«
    Hier hielt er plötzlich inne und sprang auf. Suteminn ahnte den Beweggrund: Diejenige, von welcher eben die Rede war, sprach im Nebenzimmer. Er erhob sich deshalb gleichfalls und öffnete die Thüre.
    Die Frau stand in der Nähe derselben und plauderte mit der Alten, welche durch ihre Unaufmerksamkeit die Ungeduld der Ersteren gereizt haben mochte,

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