Der beiden Quitzows letzte Fahrten
– eine innere Stimme sagt mir dies – nicht wiederum vergeblich suchen!«
»Das ist auch meine Meinung!« erwiderte Suteminn. »Eure beiden Kinder waren ein Knabe und ein Mädchen?«
»Ja, ein Knabe im Alter von 7 Jahren und ein Mädchen von etwa 5 Jahren!«
»Und wie hießen diese Kinder?«
»Detlev und Marie!«
Der Graf war während dieses kurzen Gesprächs immer unruhiger geworden. Aengstlich forschend blickte er auf den vor ihm stehenden Ritter. Plötzlich schrie er laut auf:
»Ihr wißt, wo meine Kinder hingebracht worden sind! Großer Gott, täusche ich mich? Nein, nein, es kann ja nicht sein, ich sehe es Euch an, daß sie leben und daß Ihr mich zu ihnen führen wollt! Sprecht, um Gottes Willen bitte ich Euch, sprecht schnell, wo sind sie?«
Suteminn bezwang die Rührung, welche sich seiner wieder zu bemächtigen drohte, und entgegnete mit allerdings gepreßter Stimme:
»Ja, Eure Kinder leben und sind gesund. Ihr werdet sie bald sehen. Um Euch aber auch gleich vollständige Aufklärung zu geben, muß ich anfügen, daß der Aufenthalt Eurer Gattin mir noch nicht bekannt ist, doch hoffe ich mit Bestimmtheit, daß wir ihn finden werden. Die beiden Kinder habe ich damals vom Kampfplatze aus mit mir genommen, wo die Räuber bei ihrer Flucht sie ganz allein zurückgelassen hatten und – hier sind sie auferzogen worden!«
»Ich hoffe mit Euch auf die Auffindung meiner Gattin, Freund,« rief der Graf zitternd vor Erregung, und Suteminn beide Hände bietend, »nehmt jetzt schon meinen Dank, meinen innigsten Dank für Eure Güte – wo aber sind die Kinder? o Gott –!«
»Habt einen Augenblick Geduld; ich werde sie bald in Eure Arme führen!«
Mit diesen Worten verließ Suteminn das Gemach.
Der Graf blieb in unbeschreibbarer Aufregung zurück.
Detlev weilte im Hofe und Marie stand mit der Fremden in der Thüre.
Dem Gebote des Ritters folgend, ging die Frau allein in das Wohngemach und Detlev und Marie standen erwartungsvoll vor dem sie liebevoll, doch aber fast wehmüthig betrachtenden Ritter.
»Kinder, Eurer wartet eine große Freude, eine Freude, an deren Eintritt ich kaum mehr geglaubt habe!«
Marie blickte fragend, Detlev aber mit unverhohlenem Mißtrauen zu ihm auf.
»Eine Freude wartet unser, die Euch, so viel ich sehe, nur halb mit diesem Gefühl erfüllt? Was Euch, unsern Wohlthäter, unsern zweiten Vater nur halb zu erfreuen scheint, kann schwerlich geeignet sein, uns sonderlich froh zu stimmen!«
»Du wirst bald erfahren, daß ich Recht habe, lieber Detlev. Aber bist auch Du, Marie, nicht im Stande, zu denken, was Dir und Detlev die höchste Freude machen würde? Wenn nun plötzlich Jemand käme, der nähere Anrechte an Euch Beide besitzt, als ich?«
»Noch nähere Anrechte?« wiederholte Detlev, während Marie die Hand auf das pochende Herz legte und mit ängstlich fragendem Blick in dem Auge des Ritters zu lesen suchte.
»Das ist wohl unmöglich,« fuhr Detlev fort, »denn Vater und Mutter sind im Walde getödtet worden –«
»Halt, Detlev,« unterbrach ihn der Ritter, »woher weißt Du das so genau?«
»Heiliger Gott!« schrie Marie plötzlich auf und auch in Detlev schien eine Ahnung dessen zu erwachen, was der nächste Augenblick ihm wohl schon bringen würde.
Unwillkürlich stieß er bebend die Frage hervor:
»Wo? Wo?«
»Kommt mit mir, Kinder!«
Zitternd vor Aufregung folgten Detlev und die unbewußt sich an ihn anklammernde Marie dem voranschreitenden Ritter in das Gemach, wo sie sich plötzlich dem Grafen gegenüber sahen. Suteminn hatte noch nicht vermocht, ein erklärendes oder vermittelndes Wort zu sprechen, als fast zu gleicher Zeit der Ruf erscholl: »Vater!« »Vater!« »Meine geliebten Kinder!« und Vater und Kinder sich in sprachlosem Entzücken umschlossen hielten.
Leise, unbemerkbar zog Suteminn sich zurück.
Als er eine geraume Zeit später wieder eintrat, lehnte Marie leise weinend im Arme des die Freudenthränen nicht verbergenden Grafen, während dessen Rechte die Hand des vor ihm stehenden Sohnes umfaßt hielt.
Freudetrunken ruhte der Blick des glücklichen Vaters bald auf der stattlichen Gestalt des Sohnes, bald auf der liebreizenden Gestalt der blühenden Tochter, und noch hatten die Ueberglücklichen sich kaum so weit zu fassen vermocht, daß sie ihren Gefühlen nicht nur in abgerissenen Sätzen und Ausrufen Ausdruck geben konnten.
Suteminn wollte sich schnell wieder zurückziehen, der Graf bemerkte ihn jedoch, noch ehe er diesen Vorsatz
Weitere Kostenlose Bücher