Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
missbilligte, dass sie die Verlobung gelöst hatte. Es würde Harrell nicht schwer fallen, sie auf der langen Fahrt irgendwo loszuwerden. Und diesmal könnte er Erfolg haben.
Paul Vandergraff wusste mit ziemlicher Sicherheit nicht, dass sie entführt worden war oder wo sie sich derzeit aufhielt. Obwohl sie auf Sanibel Island im selben Haus wohnten, begegneten sie sich nur selten. Falls er sie überhaupt schon vermisst hatte, nahm er bestimmt an, dass sie, wie so oft, für ein paar Tage verreist war, dass sie vielleicht Freunde besuchte, die mit ihrer Yacht eine Kreuzfahrt durch die Karibik machten, oder einen Kurztrip nach Antibes oder an die Costa del Sol unternommen hatte. Wahrscheinlich würde er erst einmal darauf warten, dass sie sich meldete, deshalb war es unwahrscheinlich, dass er in den nächsten ein oder zwei Wochen Alarm schlagen würde.
Das bedeutete, dass sie im Augenblick eine kurze Atempause hatte. Es lag an ihr, das Beste daraus zu machen. Der Plan, der in ihrem Kopf Gestalt angenommen hatte, war ganz einfach, und die Zeit, bis sie gesundheitlich wieder hergestellt war, konnte entscheidend sein.
Sie senkte den Blick und begann mit ihrer freien Hand das Laken, mit dem sie bis zur Taille zugedeckt war, zu glätten. Sie wünschte Tränen herbei, die erstaunlich leicht kamen. „Was ist", begann sie vorsichtig, „wenn mir dieser Name, mit dem Sie mich anreden, nichts sagt? Was ist, wenn ich Ihnen sage, dass ich nicht weiß, wer ich bin?"
Ein paar Sekunden herrschte Schweigen, bevor der Sheriff fragte: „Wollen Sie das damit sagen?"
„Ich erinnere mich, dass ich angeschossen wurde", gab sie zurück, wobei sie immer noch auf das Laken schaute. „An alles, was vorher war, kaum ... nur an den Unfall und daran, dass ich hoffte, dadurch diesen Dreckskerlen, die mich festhielten, zu entkommen. Und ich erinnere mich dunkel, dass Sie mich in den Arm genommen haben." Sie versuchte, die Wirkung durch ein hilfloses Schulterzucken zu unterstreichen, was sie allerdings sofort bereute.
Sie zog vor Schreck scharf den Atem ein, als Doc Watson bellte: „Allmächtiger, Roan, was hatten Sie mit diesem Mädchen vor?"
„Nichts", gab der Sheriff mit einem gepeinigten Blick auf den Arzt zurück. „Jedenfalls nichts, was nicht absolut notwendig und vollkommen unschuldig gewesen wäre."
Der verletzte kleine Vogel: Es schien die sicherste Rolle zu sein. Sie kannte sie in- und auswendig. Sie murmelte traurig: „Das sagen sie alle."
„Und es ist das, was Sie selbst auch gesagt haben, wenn ich mich richtig erinnere", bemerkte Roan mit grimmigem Nachdruck, während er an das Fußende ihres Betts trat und sich mit seinen großen Händen auf der Matratze aufstützte. „Ich habe Ihnen gestern genauso wenig geglaubt, wie ich Ihnen heute glaube. Mir ist zwar noch nicht klar, was für eine Nummer Sie hier abziehen, aber ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass es nicht funktionieren wird."
„Versuchen Sie nicht, meine Patientin einzuschüchtern", befahl Doc Watkins. „Das kann sie jetzt nicht gebrauchen."
Roan bedachte ihn mit einem gereizten Blick. „Weder schüchtere ich sie ein, noch tue ihr sonst etwas an. Noch nicht. Aber wenn Sie glauben, dass Sie es besser können, nur zu."
„Schlimmer kann es auf keinen Fall werden", schnaubte der ältere Mann missbilligend, dann trat er näher an das Bett heran und griff nach Torys Hand. Er tätschelte sie ein bisschen und sagte: „Schauen Sie, Liebes, so ist das eben. Roan muss seinen Job machen, und er nimmt seine Aufgabe sehr ernst. Er braucht ein bisschen Kooperation von Ihnen. Das sind Sie ihm schuldig, glauben Sie nicht? Ich meine, er ist schließlich bei Ihnen geblieben, obwohl er die Jagd nach den Verbrechern hätte aufnehmen können. Dazu kommt noch, dass ein hübscher Anteil des Bluts, das heute durch Ihre Adern fließt, gestern noch ihm gehört hat. Was meinen Sie dazu?"
„Er hat mir Blut gespendet?" Tory schaffte es nicht, ihre Überraschung zu verbergen.
„Sie sind beide Universalspender, Blutgruppe 0 positiv. Sie können jedem anderen Blut spenden, aber Sie selbst können nur 0 bekommen. Das Krankenhaus hatte zu wenig Konserven und Roan war willig."
„Und vielleicht auch ein bisschen schuldbewusst?" vermutete sie, wobei sie dem Gesetzeshüter durch halbgesenkte Wimpern einen Blick zuwarf. Sie sah, dass sich seine Ohrläppchen rot verfärbten. Ob es vor Verlegenheit war, weil er bei einer guten Tat ertappt worden war, oder vor Verärgerung, weil sie den
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