Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
Häusern erreicht, deren Besitzer sich jetzt im Hochsommer in kühlere Regionen zurückgezogen hatten.
Sie war gelaufen, ohne auf ihre Umgebung zu achten, fast wie in Trance, wobei sie in Gedanken immer noch bei ihrem Krach mit Harrell gewesen war. Sie hatte ihm am Wochenende zuvor seinen Verlobungsring zurückgegeben, und dann war er an diesem Abend, kurz bevor sie das Haus verließ, noch einmal vorbeigekommen. Er war sich so sicher gewesen, dass er sie überreden konnte, ihn in Gnaden wieder aufzunehmen. Deshalb hatte er ihre Weigerung, sein Spiel mitzuspielen, auch nicht besonders gut aufgenommen. Der scharfe Wortwechsel hatte sie verunsichert und aus der Fassung gebracht zurückgelassen.
Und das war noch nicht alles. Ihr Stiefvater hatte sie ebenfalls unter Druck gesetzt. Er schien sie für verantwortungslos zu halten und war offenbar der Meinung, dass sie einen Ehemann brauchte, der ihr sagte, wo es langging. Oder vielleicht wollte er ja auch nur endlich die Verantwortung für sie loswerden.
Paul Vandergraff kannte Harrell aus dem Yachtclub und spielte hin und wieder mit ihm Golf. Der Billigmöbelkönig von Florida hatte in Pauls Augen eine große Zukunft vor sich und war, wie Paul sich ausdrückte, „in hohem Maß geeignet", was immer das auch heißen mochte. Und dass Harrell ein neuer Geschäftspartner werden könnte, war in seinen Augen nur noch ein zusätzlicher Pluspunkt gewesen.
Wahrscheinlich habe ich es nicht geschafft, Paul zu überzeugen, weil meine Begründung, die Verlobung zu lösen, so vage gewesen ist, überlegte Tory jetzt. Aber mehr hatte sie einfach nicht dazu sagen wollen. Sie war nach ihrer Entdeckung, dass Harrell ihr Vertrauen missbraucht und sie kalt lächelnd ausgenommen hatte, derart deprimiert gewesen, dass sie darüber nicht hatte reden wollen. Sie wollte nicht daran denken, geschweige denn es zugeben, dass Paul vielleicht doch Recht hatte, wenn er behauptete, sie wisse nicht, was sie wolle, und ihr fehle eben einfach der Ü berblick.
Dieser Mangel an Entschlossenheit war eine schlimme Erinnerung an etwas, das im Leben ihrer Mutter ein ständig wiederkehrendes Muster gewesen war. Evelyn Molina, Erbin des Bridgeman Department Store Vermögens, war so oft nur ihres Geldes wegen geheiratet worden, dass sie es irgendwann aufgegeben hatte, bei jeder Heirat ihren Namen zu ändern. Sie fügte nur mit einem Bindestrich dem Namen ihres ersten Mannes den ihres derzeitigen Ehemanns hinzu und hatte darauf bestanden, dass Tory es genauso machte, nachdem Paul Vandergraff sie adoptiert hatte. Ihr Stiefvater schien sich sicher zu sein, dass Tory genauso labil war, und hatte immer wieder angedeutet, dass sie eines Tages ebenso enden könnte wie ihre Mutter, die in einem exklusiven Pflegeheim unter Medikamenteneinfluss jahrelang vor sich hingedämmert und schließlich gestorben war. Die geplatzte Verlobung gab ihm nur einmal mehr Recht und untermauerte seinen Verdacht, dass sie mit ihrem Leben nicht zurechtkam.
Die Männer waren aus dem Schatten einer Baumgruppe gekommen. Zuerst ignorierte sie sie, weil sie sie für Touristen hielt. Und als sie die Gefahr dann erkannte, waren sie schon viel zu nah.
Der eine, dem sie später den Namen Big Ears gegeben hatte, stürzte sich auf sie und riss sie zu Boden. Zits verpasste ihr eine Ohrfeige, bei der ihr ganz schwindlig wurde. Bevor sie sich erholen konnte, wurde sie herumgerissen, so dass sie auf dem Bauch, mit dem Gesicht im Sand, lag, während man ihr die Handgelenke auf dem Rücken mit Klebeband fesselte. Als sie ihr einen Knebel verpassten, war ihr ganzer Mund immer noch voller Sand. Dann rissen sie sie hoch und zwangen sie mit vorgehaltener Waffe, zu dem gestohlenen Van zu gehen. Dieser kurze Weg mit einer Pistole an ihrem Kopf war der längste Marsch ihres Lebens gewesen.
Ein Geräusch an der Tür brachte Tory in die Gegenwart zurück. Als sie den Kopf wandte, sah sie, dass Roan wieder ins Zimmer trat. Hinter ihm kam ein älterer Mann in einem weißen Kittel herein, der als erste Amtshandlung an den Medikamententropf trat und die Dosierung regulierte.
„Nun, Donna", sagte er dann lächelnd, während er sie durch die obere Hälfte seiner Zweistärkenbrille musterte. „Wie geht es Ihnen? Sind die Schmerzen erträglich?"
Sie nickte, hob aber gleichzeitig fragend eine Augenbraue. Nachdem sie sich mit der Zungenspitze die plötzlich trocken gewordenen Lippen befeuchtet hatte, fragte sie: „Donna?"
„Das ist doch Ihr Name, oder? Zumindest steht
Weitere Kostenlose Bücher