Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
wahren Grund erraten hatte, ließ sich unmöglich sagen.
Es war Doc Watkins, der antwortete. „Na, kann sein, dass er sich eine Spur verantwortlich gefühlt hat, aber das ist auch schon alles. Roan spendet regelmäßig Blut. Ich erwähne es nur, weil ich dachte, es könnte dazu beitragen, dass Sie die Dinge ein bisschen anders sehen. Wenn Sie uns irgendeinen Tipp geben könnten, wo wir die beiden Ganoven finden, die bei Ihnen waren, wäre uns das schon eine große Hilfe. Die Probleme, in denen Sie selbst stecken, lassen sich ganz bestimmt irgendwie lösen, das verspreche ich Ihnen, wenn Sie uns nur eine kleine Chance geben. Aber wenn Sie uns nicht vertrauen, können wir Ihnen nicht helfen."
Das Angebot war ausgesprochen verführerisch. Und dass es zweifellos ehrlich gemeint war, machte es noch schwerer, es auszuschlagen. Doch Vertrauen fiel Tory nicht leicht, vor allem jetzt nicht.
Sobald Harrells Handlanger ihm berichteten, dass sie ihnen abhanden gekommen war, würde er nach ihr suchen. Ihr liebender Verlobter hatte zwei Gangster beauftragt, sie zu entführen, vielleicht sogar zu töten, weil sie entdeckt hatte, dass er auf mehreren Dokumenten ihre Unterschrift gefälscht hatte. Er hatte geglaubt, dass es ihr nichts ausmache, das hatte er gesagt, nachdem sie ihn zur Rede gestellt hatte; immerhin seien sie doch bereits so gut wie verheiratet. Es sei ein Bombengeschäft, an dem er da dran sei, hatte er weiter gesagt. Die Chance ihres Lebens. Aber bis jetzt müsse er es noch geheim halten, weil die Männer, mit denen er verhandelte, Schwergewichte seien. Sie hielten nach neuem Kapital Ausschau und seien bereit, ihn an ihren Geschäften zu beteiligen, aber erst wollten sie Geld sehen, richtiges Geld, wie zum Beispiel ihre Erbschaft. Es sei nur eine Sicherheit, dieses Papier, das er für sie unterschrieben hatte, es verpflichte sie zu rein gar nichts. Dafür aber würde die Teilhaberschaft sie dann beide steinreich machen.
Sie hatte sich geweigert, ihm zu verzeihen, und ihm gedroht, ihrem Stiefvater alles zu erzählen. Dann hatte sie ihm seinen Verlobungsring zurückgegeben, woraufhin er völlig ausgerastet war. Kurz danach war sie entführt worden. Man musste nicht studiert haben, um zu wissen, warum. Eine Leiche konnte nicht gegen eine gefälschte Unterschrift protestieren.
Sie solle ihnen vertrauen, hatte Doc Watkins gesagt. Als sie da auf der schmutzigen Straße in den Armen des Sheriffs lag, hatte sie ihm ein paar kurze Minuten lang vertraut, aber das war vorbei. Jetzt gab es niemanden mehr, dem sie vertrauen konnte.
„Donna, Honey?"
Sie zwang sich, dem Blick des Arztes zu begegnen. Es war schwer, ihm in das freundlich besorgte Gesicht zu lügen, schwerer, als sie sich je hätte vorstellen können. Schließlich sagte sie: „Nun, wenn Sie meinen, bin ich wahrscheinlich Donna, aber ich erinnere mich trotzdem an nichts bis auf das, was ich Ihnen erzählt habe. Bitte glauben Sie mir, ich erinnere mich wirklich nicht."
Er seufzte, nickte und tätschelte wieder ihre Hand. „Ist schon Ordnung, machen Sie sich darüber jetzt keine Sorgen. Mit der Schussverletzung und dem Knoten in Ihrem Kopf ist es ein Wunder, dass Sie überhaupt einen klaren Gedanken fassen können. Das wird schon wieder, glauben Sie mir."
„Ich ... hoffe es." Ihre Kehle war plötzlich so zugeschnürt, dass ihr die Stimme wegblieb. Sie war an Mitgefühl nicht gewöhnt, ganz zu schweigen von der Art Akzeptanz, die sie in seiner Stimme mitschwingen hörte.
„Doc", sagte Roan Benedict warnend.
Der Arzt und der Sheriff wechselten einen Blick, bevor Doc Watkins sich ihr wieder zuwandte. „Gut. Ich glaube, Roan hat jetzt noch ein paar Fragen. Ich weiß, dass Ihnen wahrscheinlich nicht danach ist, Fragen zu beantworten, aber ... na ja, er ist hier, seit man Sie letzte Nacht hergebracht hat, deshalb verdient er es, wenigstens angehört zu werden."
Wie konnte sie sich weigern, ohne undankbar zu erscheinen oder den Verdacht zu erwecken, dass sie etwas zu verbergen hatte? Was sie natürlich hatte. Also nickte sie zustimmend.
„Braves Mädchen." Der ältere Mann wandte sich zum Gehen. „Dann lasse ich euch beide jetzt allein."
„Sie gehen?" Die Aussicht, mit dem Sheriff allein zu sein, bewirkte, dass sich ihr Magen zusammenkrampfte.
„Keine Sorge. Roan bellt nur, aber er beißt nicht. Er wird Ihnen nicht allzu sehr zusetzen."
Doc Watson bedachte den Sheriff mit einem strengen Blick. Falls der Gesetzeshüter sich getroffen fühlte, zeigte er
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