Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind
sterben, Stiefbruder? Dann komm und hol mich", forderte sie mit allem Hohn in ihrer Stimme auf, den sie aufbringen konnte. „Falls du Manns genug bist!" Sie konnte hören, wie sich hinter ihr die Benedicts allmählich zurückzogen. Nur Wade und Roan blieben.
In der Öffnung zum Keller bewegten sich zwei Schatten, ein größerer und ein recht schmaler. Es wirkte so, als würde Ahmad Jake vor sich halten, um ihn als Schutzschild zu benutzen, so wie er es auch mit Chloe in Turn-Coupe gemacht hatte. Ein weiterer Schatten tauchte auf, bei dem es sich folglich um Ismael handeln musste.
„Wie mutig dieses Weib doch ist, große Reden zu halten, während es sich hinter bewaffneten Männern versteckt", spottete Ahmad. „Ohne sie würdest du das nicht wagen!"
„Glaubst du wirklich? Vielleicht beschützen sie mich ja gar nicht. Vielleicht wollen sie mich ja deiner Rache ausliefern, wenn du den Jungen freilässt. Das würdest du doch tun, wenn eine unwürdige Frau im Austausch für einen Kameraden angeboten würde, nicht wahr?"
„Sei keine Närrin."
„Nun, welchen Schaden kann ein solcher Versuch schon anrichten, wenn wir ohnehin alle sterben werden?"
„Chloe", setzte Wade an, doch sie brachte ihn mit einer knappen Geste zum Schweigen. Sie fürchtete, dass selbst der winzigste Protest vom Thema ablenken konnte. Hinter ihr war das Rascheln leiser geworden, als hätten sich die meisten der Männer bereits zurückgezogen.
Ahmad lachte finster. „Du hättest niemals den Mut, nahe genug zu kommen."
„Was soll es mich kümmern?" fragte sie und machte wieder einen Schritt nach vorn. „Es ist doch egal, auf welche Weise ich mein Leben verliere."
„Dann komm her", höhnte er. „Komm und koste mein Messer."
Wieder ging sie einen Schritt vor, während Wade einen Fluch wisperte. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, dass er sein Gewehr hob und anlegte, als warte er nur auf die erste falsche Bewegung aus der Richtung des Kellers.
„Lass den Jungen los", sagte sie und hob das Kinn. „Dann gehe ich den Rest des Weges."
„Komm erst her, dann sehen wir weiter."
„Ismael soll ihn bis zur Mitte bringen und freilassen, sobald ich meine Hand ausstrecke. Das ist fair."
„Das ist dumm!"
„Dann lass ihn gehen, wenn Ismael mich festhält. Was hast du zu verlieren?" Sie richtete ihren Blick auf Treenas Ehemann. „Ismael? Nimmst du meinen Vorschlag an?"
„Das werde ich", antwortete er und trat vor, so dass er im Mondschein zu erkennen war. Er verbeugte sich leicht und berührte seine Stirn und dann sein Herz. „Ich schwöre es bei der Erinnerung an meine Frau, die dich, Chloe Madison, geliebt hat wie eine eigene Schwester."
Diese Geste des Respekts war weitaus mehr, als sie von ihm erwartet hätte. Sie sah ihn an und bemerkte, wo seine erhobene Hand verharrte. Sie erkannte, was er machte.
In diesem Moment wusste sie mit erschreckender Sicherheit, was geschehen würde.
Die Nacht war dunkel und warm, eine schwache Brise ließ die Blätter an den Bäumen rascheln, als hätte sie jemand für einen kurzen Augenblick im Schlaf gestört. Wellen schlugen unablässig gegen das nahe Seeufer. Wolken zogen über den Himmel und verdeckten immer wieder den Mond. Irgendwo stieß ein Frosch einen Paarungsruf aus und verstummte wieder. Das Leben ging weiter. Es nahm keine Notiz von dem, was sich hier abspielte. So war die Natur.
„Ismael", setzte sie an.
„Es ist Schicksal", sagte er, „und es ist richtig. Wie sagt ihr Amerikaner doch so oft: Es ist fair."
Ich habe einen persönlichen Dschihad zu erfüllen.
„Ich glaube, ich habe meine Meinung geändert", erklärte Chloe plötzlich.
Ahmad lachte mit einer Mischung aus Ironie und Verachtung auf.
Ismael lächelte sie nur an. „Nein, Schwester in meinem Herzen, das wird nicht genügen. Hab keine Angst um mich. Denk stattdessen an meine jungen Töchter, die das Schicksal ihrer Mutter teilen könnten. Denk an meine Familie, der vor so vielen Jahren Leid zugefügt wurde. Erinnere dich an das, was du uns über die Freiheit gelehrt hast, Chloe Madison, als du bei uns gelebt hast. Und dann denk an die vielen Möglichkeiten, frei zu sein - und die eine, endgültige Möglichkeit. Komm jetzt zu mir, ich bitte dich."
Er streckte seine linke Hand aus, während er die andere immer noch in Brusthöhe hielt. Jetzt griff er blitzschnell an seinen Gürtel und zog die Handgranate heraus.
„Nicht!" rief Wade hinter ihr.
Meinte er sie, oder sprach er mit Ismael? War ihm klar geworden, dass
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