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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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es waren zwei?“
    Also erzählte er ihr die ganze Geschichte noch einmal, von Anfang bis Ende, und er hoffte, sie würde diesmal verstehen, daß Aliens keine Menschen waren und man deshalb auch nicht vertraute Reaktionen erwarten konnte. Als er davon sprach, wie die beiden Aliens im Raum gestanden hatten, sagte er: „Schauen Sie. Außer uns sind jetzt noch sechs Leute hier im Zimmer. Aber sie sind hier nur zur Schau. Die ganze Zeit wird keiner von ihnen etwas sagen, etwas denken oder etwas entscheiden. Der andere Alien war die ganze Zeit über mit mir und Jonathon im Raum. Aber wenn er nicht dabeigewesen wäre, hätte sich nichts geändert. Ich weiß nicht, warum er da war, und ich glaube, ich werde es auch nie erfahren. Aber ich verstehe auch nicht, warum Sie glauben, all diese Männer hier um sich herum haben zu müssen.“
    Sie ignorierte diese Bemerkung völlig. „Das ist also alles, was sie interessiert? Es sind Pilger, und sie glauben, die Sonne sei Mekka.“
    „Mehr oder weniger“, sagte er, mit der Betonung auf ‚weniger’.
    „Dann werden sie mit mir nicht reden wollen? Oder mit sonst jemandem von uns? Sie sind derjenige, der die Sonne kennt. Richtig?“ Mit einer flotten Bewegung ihres Ellbogens kritzelte sie etwas auf ihren Notizblock.
    „Richtig.“
    „Reynolds“, sagte sie und sah auf, „ich hoffe nur, Sie wissen, was Sie tun.“
    „Warum?“ fragte er.
    Sie versuchte gar nicht erst, ihre Verachtung zu verbergen. Kaum einer von ihnen tat das noch und Kelly am wenigsten. Ihrer Meinung nach sollte Reynolds überhaupt nicht mehr hier sein. Steckt ihn in ein Altersheim auf der Erde, sagte sie immer. Die anderen Astronauten – die waren taktvoll genug, sich zur Ruhe zu setzen, wenn das Leben zu kompliziert für sie wurde. Wieso hielt dieser Mann, Bradley Reynolds, sich für so etwas Besonderes? Na gut, pflegte sie einzuräumen, vor zehn, zwanzig Jahren, da war er vielleicht ein großer, tapferer Mann im Kampf um die Eroberung des Unbekannten. Als ich sechzehn war, konnte man keine zwei Schritte weit laufen, ohne über seinen Namen oder sein Gesicht zu stolpern. Aber heute? Was ist er schon? Ich sag’ euch, was er ist: eine verfallene, runzlige alte Ruine von einem Mann. Er ist Astronom und Astronaut – na und? Er ist der bestmögliche Mann für das Mondobservatorium – na und? Ich sage trotzdem, er macht mehr Probleme als er wert ist. Er läuft in der Mondbasis herum wie ein träumender Hund. Niemand kann mit ihm Kontakt bekommen. Er hat nicht an einer einzigen psychologischen Expansionssitzung teilgenommen, seit er hier ist, und das war er schon lange vor meiner Zeit. Er ist ein Problem für die Moral; niemand kann seinen Anblick mehr ertragen. Was seinen Job betrifft – den macht er, ja, aber das ist auch alles. Er ist nicht mit dem Herzen dabei. Stellt euch vor, er wußte nicht einmal, daß die Aliens im Orbit waren, bis ich ihn rufen ließ und ihm sagte, daß sie ihn sehen wollten.
    Das letztere stimmte natürlich nicht. Wie alle anderen hatte auch Reynolds von den Aliens gewußt, aber er mußte zugeben, daß ihr Kommen ihn nicht sonderlich betroffen gemacht hatte. Die Hysterie, die die ganze Erde ergriffen hatte, als die Meldung herauskam, daß ein fremdes Raumschiff in das System eingedrungen sei, hatte er nicht teilen können. Die Behörden hatten es schon seit Monaten gewußt, bevor sie die Nachricht freigaben. Bevor irgend etwas an die Öffentlichkeit drang, hatte man zunächst sichergestellt, daß die Aliens gegenwärtig keine eindeutige Gefahr für die Erde darstellten. Aber das war ungefähr alles, was man in Erfahrung hatte bringen können. Dann war das Raumschiff in den Mondorbit eingeschwenkt, ein Akt, der das Fehlen jeder bösen Absicht gegen die Erde bekräftigen sollte, und das ganze Problem war plötzlich in Kellys Schoß gelandet. Die Aliens sagten, daß sie einen Mann sehen wollten, der etwas über die Sonne wußte, und das war, wie sich herausstellte, Reynolds. Dann – und erst dann – hatte er Grund gehabt, sich ernsthaft für die Aliens zu interessieren. An jenem Tage hatte er sich zum ersten Mal seit sechs Jahren die täglichen Nachrichtensendungen von der Erde angehört. Er stellte fest – und es überraschte ihn nicht sonderlich –, daß alle anderen das anfängliche Interesse an den Aliens längst wieder verloren hatten. Es schien, daß sich wieder ein Krieg zusammenbraute. In Afrika diesmal, und darin lag nicht nur eine örtliche, sondern wahrscheinlich auch

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