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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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Photo kühl in seinen Händen, und er konnte nicht umhin, es zu betrachten.
    „Ein Funkraster“, sagte er, ohne zu zögern.
     

     
    „Sie meinen, Sie haben es wirklich noch nicht gesehen?“ fragte Carr verblüfft.
    „Wann wurde das aufgefangen?“
    „Vor zwei Monaten.“
    „Und hat man es entziffert?“
    „Nur diesen Teil.“ Carr wies in eine Ecke des Photos. „Wir glauben, dies ist ihr Planetensystem. Und das dort – das muß ihre Heimatwelt sein.“
    „Das ist ein Riese“, sagte Bradley.
    „Das ist das Problem.“
    „Dann müssen sie …“ Er zuckte heftig die Achseln, als werfe er ein schweres Gewicht ab. „Wer weiß?“
    „Wir wollen es herausfinden. Ihre Stellungnahme … eine Konferenz des Ausschusses für Wissenschaft und Astronautik … und vielleicht sieht dann alles anders aus.“
    Er brauchte nicht zu fragen, wie. Sie hatten einen Fehler begangen, aber wie sollte er das erklären? Carr wollte eine Stellungnahme von ihm, seine Unterstützung, sein Gewicht, aber der Mann, den sie suchten, war nicht mehr hier: Bradley Reynolds, die Legende, der Spaceman, ein Wesen aus einer anderen Zeit. Wie sollte er Carr beibringen, daß jener jüngere Bradley für den älteren Bradley, den alten Mönch, der ihm jetzt gegenübersaß, genau dies war: ein undeutliches Gesicht in einem wirren Strang verblichener Erinnerungen, ein vergilbtes Photo, eine fremdartige, entfernte Episode aus einer verwitterten Geschichte? Manches von dem, was jener jüngere Mann getan hatte, konnte er verstehen, aber niemals würde er einfach in seinen straffen Körper schlüpfen oder die gleichen leichten, springenden Gedanken entwickeln können. Seine Lider waren jetzt dunkel und runzlig, seine Nase war fleischig, und seine Haut hatte einen leichten Oliventon angenommen. Wir sind mehr als nur Passagiere in der Hülle eines Körpers, dachte er. Das Fleisch formt und verzerrt uns, wirbelt uns herum und richtet uns dahin, wo die Korpuskel, Arterien und Drüsen es verlangen. Die Tatsache, daß der von seinem Körper gesetzte Kurs sich mit der Zeit verlagert hatte, schien kaum von Bedeutung. Der Geist im Innern lernte, vergaß und sortierte Details und Erinnerungen, ohne je zu erfahren, wie der Körper – immer schweigend, immer unangefochten herrschend – diese Dinge abgewogen hatte, bevor er sie zum Bewußtsein brachte. Der Geist erlag Illusionen, der Körper niemals. „Ich bin zu alt“, sagte er zu Carr.
    „Zu alt zum Reden?“
    „Ja. Weil ich das nicht bin. Ich bin nicht mehr dieser Mann.“
    „Aber die alten Leute verehren Sie immer noch.“
    Das hatten die anderen auch gesagt. Die Alten und die Sterbenden, deren Zahl so aufgebläht und deren Isolation so starr war, daß sie eine eigene, weltweite Subkultur entwickelt hatten – sie hatten Bradley Reynolds zu ihrem Helden erhoben. Warum? Für sie, für die Müden, die Verbrauchten, die Antiken, strahlte er wie ein fernes, helles Leuchtfeuer – der Mann, der alles getan und es dann fortgeworfen hatte.
    „Lassen Sie mich allein.“
    „Ich fürchte, ich kann ein Nein nicht akzeptieren. Es geht hier um die Zukunft der menschlichen Rasse.“
    Carr griff wieder in die Tasche. Noch einmal die Vorladung? Oder eine Pistole?
    „Ich habe nicht nein gesagt. Ich habe gesagt, lassen Sie mich nachdenken!“
    Unter der Gewalt von Bradleys Wutausbruch wich Carr zurück zur offenen Tür. „Bis wann?“ rief er vom Gang herein.
    „Ich werde Ihnen antworten, wenn es dunkel wird“, versprach Bradley.
    Aber es dauerte länger, viel länger, denn er war gezwungen, den Glauben und das Handeln von fünfunddreißig Jahren in seine Überlegungen einzubeziehen. Er saß auf dem Boden seiner Zelle und benutzte die Methoden der Gegenwart, um seine Sehnsüchte der Vergangenheit zu erforschen. Er studierte seine nackten Unterarme, die so knorrig wie alte Ulmen waren, und versuchte dabei, eine einzige Kette von rationalen Gedanken zu erfassen und zu verfolgen. Trotz der harten Steinplatten, auf denen er saß, schien die Welt zu zerschmelzen; die Luft kräuselte sich in unsichtbarer Aktivität. Ereignisse wiederholen sich und kehren wieder, dachte er – Ereignisse und Menschen und Ideen bilden sich wieder und wieder, entwirren und verschlingen sich, wirbeln im Kreis, in endloser Wiederkehr. Man darf sich nicht vor der Rückkehr in die Vergangenheit fürchten. Alles fließt von allein und ohne natürliche Grenzen. Die Forschung bleibt eine Aufgabe ohne Ende. Aber Bradley fühlte, daß das nicht

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