Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
Vom Netzwerk:
mehr als drei Jahrzehnte lang geliebt und ihm gedient, aber danach kannte er diesen zierlichen, gelben Mann nicht besser als zuvor. Warum muß ich mich heute mit solchen trostlosen Gedanken quälen? fragte er sich. Es mußte an dem Hubschrauber liegen. Auch diesen Schmerz würde er ihnen zum Vorwurf machen.
    „Ja, sie sind wieder meinetwegen gekommen“, sagte er zu Ling, denn er wußte, daß dieser nach dem Hubschrauber fragen wollte.
    „Und du wirst mit ihnen sprechen?“
    „Ich – nein.“ Dann nickte er. „Nein, schick sie in meine Zelle.“
    Das Kloster war aus den Ruinen eines alten Maurentempels erbaut worden. Die Steine waren vom Alter verwittert, und doch hatte die tödliche Gleichförmigkeit der Wüstenumgebung sie konserviert. Jede Nacht stieg Bradley auf die Spitze des östlichen Turmes und betrachtete die Sterne. Das sollte eine Abschiedsgeste sein, mit der er das Universum, das er einst bewohnt hatte, verließ und ein anderes betrat; aber in der nächsten Nacht kam er dann doch wieder zurück und starrte nach oben.
    „Sie sollten dir deine Ruhe lassen, Bruder Bradley.!“
    „Vielleicht – aber sie werden es kaum tun.“
    „Sie glauben, du wirst dort draußen gebraucht.“
    „Niemand wird jemals gebraucht, Bruder Ling.“
    Seine Zelle war natürlich völlig kahl. Eine saubere Decke lag ordentlich zusammengefaltet in einer Ecke. Bradley setzte sich mitten auf den Boden und ließ die Tür offen stehen. Sein bärtiges Kinn ließ er müde auf die Brust sinken. Er lächelte. Automatisch war er in die Technik verfallen, die schon vorher gute Dienste getan hatte. Es war eigentlich nicht notwendig gewesen, hierher zu kommen; er hätte draußen bleiben und sie dort empfangen können. Aber dies war sein Revier – sein Schlupfwinkel –, und diese schützende Leere gab ihm Kraft. Wenn sie kamen und ihn fanden, einen gebeugten alten Mann, der auf dem steinernen Boden einer kahlen Mönchszelle hockte, würden sie sogleich verstehen, daß sie gescheitert waren.
    Diesmal kam nur ein einziger Mann. Bradley sah den Schock in seinem Gesicht und las seine Gedanken: Kann dies Bradley Reynolds sein? Der erste Mensch auf dem Mars? Der Mann, der mit den Aliens sprach? Der Mann, den wir brauchen, um die Welt zu retten? Bradley erinnerte sich mit Vergnügen an einen Tag vor zwölf Jahren, als Vonda Kelly gekommen war. Ihr Besuch war ihm tiefer im Gedächtnis geblieben als die der anderen, denn sie hatte eine ganze Nacht lang versucht, ihn zur Rückkehr zu bewegen, und dabei hatte sie sogar Sex eingesetzt. Bruder Ling hatte ihn gründlich gezüchtigt, weil er nicht vermocht hatte, ihr zu widerstehen. Aber das Alter ließ einen Mann dort unten schließlich nicht verdorren. Es machte es höchstens leichter, sich auf die weniger körperlichen Aspekte des Daseins zu konzentrieren.
    „Dr. Reynolds, ich …“
    „Sagen Sie einfach Bradley. Der andere Name – es ist nicht mehr meiner.“
    „Sir, mein Name ist Carr, und man hat mich beauftragt, Sie um Ihre Anwesenheit …“
    „Nein. Ich bin niemals irgendwo anwesend außer hier.“ Bradley sah, daß er das Spiel bereits gewonnen hatte. Dieser Carr, so unbedeutend wie alle niederen Bürokraten, zögerte. Weil er sich nirgendwo hinsetzen konnte, trat er nervös von einem Fuß auf den anderen. Vor seinen Augen saß Bradley wie angewurzelt am Boden und hatte die Situation völlig in der Hand.
    Schließlich faßte Carr sich ein Herz. „Ich habe eine Vorladung.“
    Bradley streckte die Hände aus. „Verhaften Sie mich.“
    „Ich bin sicher, das wird nicht notwendig sein.“ Carr ignorierte die Handgelenke, die sich ihm darboten. „Wir brauchen nur eine Stellungnahme von Ihnen. Da die ganze Angelegenheit letztlich von Fragen der Zweckmäßigkeit abhängt, könnte Ihre Autorität vielleicht den Ausschlag geben.“
    Bradley, der seit fünfunddreißig Jahren keine Nachrichten mehr gehört hatte, fragte: „Wovon reden Sie?“
    „Na, von dem Alpha-Libra-Signal. Dem Puzzle.“
    Bradley spürte, daß ihm die Situation zu entgleiten drohte. In dem, was Carr sagte, lag etwas Beunruhigendes. Seine Worte schienen zu vibrieren von einer Bedeutung, die weit über ihre oberflächliche Unverständlichkeit hinausging.
    Er schwankte unsicher. Schließlich gewann seine Neugier die Oberhand. „Das müssen Sie mir erklären.“
    „Ich kann es Ihnen zeigen.“ Carr zog ein Photo aus der geräumigen Tasche seines Mantels. „Das ist es.“
    Wieder wich Bradley zurück, aber schon lag das

Weitere Kostenlose Bücher