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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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Kommunikationsebene. Bradley nagte an seiner Unterlippe. Er konnte nur warten.
    Er erhob sich aus seinem Sessel und schaute auf die große, schimmernde Sichtscheibe. Das gleichmäßige Zwielicht von Titan regte sich mit dem Wind. Staubfahnen verhüllten den Horizont.
    Er wandte sich ab, ging in seine winzige Kammer und schloß die Tür. Der Schreiter parkte im Erdgeschoß, wo Najima jetzt herumstöberte. Bradley überdachte noch einmal die Anlage der Station, aber es bot sich ihm nichts zu tun. Er dachte daran, schlafenzugehen oder Mara zu suchen, um mit ihr zu plaudern, oder noch etwas von den Lebensmittelreserven der Station zu essen, um Energie zu tanken. Doch dann legte er sich hin und studierte stattdessen eine Karte von der Umgebung der Station.
    Als Najima klopfte, stopfte Bradley die Karte unter das Kissen, bevor er antwortete. Aus Gründen der psychologischen Gleichheit wollte er auf seinen Füßen stehen.
    Mit umwölkter Stirn trat Najima ein. „Wir sollten unter vier Augen miteinander reden“, sagte er gepreßt.
    „Sie haben Kuiper gerufen.“ Es war keine Frage.
    „Dort ist eine Direktive von der Erde eingegangen“, sagte Najima formell. Bradley spürte, daß der Mann nervös war, und sein steifes Gehabe sollte dazu dienen, Bradley auf sichere Distanz zu halten.
    Bradley sagte gar nichts.
    „Sie haben mich belogen.“
    „Nein.“
    „Sie haben gesagt, Sie befänden sich auf einem Inspektionsbesuch. Auf einer offiziellen …“
    „Ich habe impliziert, es sei offiziell.“
    „Sie haben die Implikation im Raum stehen lassen, ohne sie zu korrigieren.“
    „Das stimmt.“
    Najima stemmte die Hände in die Hüften und funkelte Bradley an. „Die Erde wußte nicht, daß Sie kamen, bis Sie schon kurz vor Titan waren. Als man Ihnen befahl, zum Orb und dann zur Erde zurückzukehren, sandten Sie einen Funkspruch und sagten dies zu.“
    „Ich werde es auch tun“, antwortete Bradley sanft.
    „Die Erde hat eine Landung auf Titan nicht genehmigt. Sie sollten im Orbit bleiben.“
    „Das ist wahr.“
    „Dann gehe ich seit drei Tagen völlig unnötige Risiken ein. Wenn Sie hier gestorben wären, unter meiner Verantwortung …“
    „Ich weiß. Ich bitte um Entschuldigung.“
    „Sie sind zu alt für so etwas, Dr. Reynolds. Gehen Sie zurück zur Erde. Sie sind – ein Wahnsinniger.“
    „Ich weiß. Ein Wahnsinniger.“ Bradley fühlte, wie die Worte emporstiegen und ihn von dieser letzten Charade befreiten. „Ein verrückter, rasender Wahnsinniger.“
     
    Als er in jener Nacht im Bett lag – eine künstliche Nacht natürlich, denn Titans rötliches Leuchten änderte sich nie – und als die blassen Lichter immer matter wurden, lauschte Bradley den Geräuschen der anderen drei, die sich ebenfalls in ihre Zellen zurückzogen.
    Tsubata als erster, Mara nur einen Augenblick später. Er sollte mit ihr reden, und er wollte es auch, aber das Gespräch mit Najima hatte ihm jedes Wort verleidet. Sein ganzes Leben lang hatte er nach dem rauhen, wahren Gefühl der Dinge gesucht, und nicht nach dem Schein der Worte, der die Realität umgab. Das Wesen, den Kem, das Ding hinter den Symbolen: das war es, was er wollte. Nicht immer mehr Worte, Berichte, Argumente.
    Er war sicher, daß er auf der Erde nichts Solides finden würde. Najima würde morgen umkehren, wenn der Vulkan nicht mehr aktiv seinen eisigen Zorn ausspie. Zurück nach Kuiper und dann auf das wartende Shuttle. In einer flachen Ellipse zum Orb. Von da in einer etwas längeren zur Erde, und der Wahnsinnige wäre unter Dach und Fach.
    Er würde sich in der einbalsamierenden Üppigkeit von Luna oder einer der Satellitenstädte zur Ruhe setzen. Unten würde eine spartanische Erde zweifellos die Arbeit am Alpha-Libra-Puzzle und an Titan fortführen. Der Wahnsinnige durfte vielleicht zusehen, aber mehr nicht. Er durfte hinunterspähen, auf einen unförmigen, blauweißen Planeten. Abgetrennt, ausgetrocknet, tot. Ein alter Mann, der an ein summendes Lebenserhaltungs-Modul angeschlossen war, der mit wäßrigen Augen die künstliche Handlung auf dem 3-D verfolgte, der, in eine Welt aus Kissen gebettet, einen Collie auf seinem Schoß streichelte. Zufriedenheit. Der Mühe Lohn. Das Ende.
    Nein. Nein.
    Najima rumorte immer noch im oberen Stockwerk der Station. Bradley schloß die Augen, um einen Moment lang auszuruhen. Er hatte im Schreiter soviel wie möglich geschlafen, weil er wußte, daß er den Schlaf brauchen würde, und jetzt brauchte er ihn.
    Die Geräusche

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