Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
nicht sterben, Julius.«
    »Anna, wen liebt Ihr?«
    Sie schüttelte still den Kopf.
    »Oh, ich verstehe. Ja, es wiederholen sich die alten Geschichten immer und immer wieder. Aber, Anna, Ihr setzt Euer Leben aufs Spiel.«
    »Nein, nicht mein Leben. Nur meine Ehre. Aber was ist die schon wert gegen Rosas Freiheit und Unversehrtheit. Euer Leben ist in größerer Gefahr, wenn es Euch nicht gelingt, sie aus der Stadt zu bringen.«
    »Das lasst meine Sorge sein. Das Gaukelspiel ist mein Beruf.«
    »Dann wartet auf Botschaft von mir. Morgen oder übermorgen. Und nun lasst mich zurückgehen. Ich habe viel zu bedenken.«
    Sie hatte sich nicht abgemeldet, weder bei der Priorin noch bei der Äbtissin. Sie hatte, in ein dunkles, aber kostbares Kleid gewandet, am späten Nachmittag das Stift verlassen. Ein weißer, undurchsichtiger Schleier lag über ihrer einfachen Haube, und sie zog ihn tief über die Stirn,als sie mit gesenktem Kopf durch die Straßen eilte. Vielleicht war es ihr zielstrebiger Schritt, eher noch ihr strenges Aussehen – es gab, obwohl die Straßen an diesem kühlen Spätsommertag belebt waren, niemanden, der sie belästigte. Annas Ziel war das Haus am Alten Markt, dort wo die Buden der Geflügelhändler standen. Es war ein ordentliches, kleines Häuschen, gut gepflegt mit einem sauberen Eingang und frisch gestrichenen Läden. Der Greve selbst hatte dafür zu sorgen, dass es sich stets in einem guten Zustand befand. Denn es war Bestandteil des Lohnes, den die Stadt ihrem Scharfrichter zahlte.
    Es trafen sie einige sehr neugierige und verwunderte Blicke, als sie an die Tür pochte. Und dann wartete sie mit bangem Herzen, bis ihr geöffnet wurde.
    Ein vierschrötiges Weib in einer groben Schürze machte die Tür auf und fragte nach ihrem Begehr.
    »Ich möchte Meister Falkomar sprechen.«
    »Tretet ein. Er ist gerade nach Hause gekommen.«
    Sie schien wenig überrascht und wies Anna zum Kamin hin. Der Scharfrichter saß am Tisch und wischte mit einem Stück Brot seine Schüssel leer, aus der er gegessen hatte. Ein Humpen Bier stand neben ihm. Als er die Besucherin bemerkte, stand er auf und ging Anna entgegen. Schroff fragte er: »Was wünscht Ihr?«
    Er hatte sich nicht viel verändert in den vergangenen zwölf Jahren. Seine Haare waren noch immer dunkel, das Gesicht streng geschnitten, die Wangen glatt rasiert, das Kinn ein wenig vorspringend.
    Anna zog den Ring von ihrem Finger und reichte ihn dem Mann.
    »Einst sagtet Ihr, wenn ich Euch wieder träfe, solle ich Euch diesen Ring vorweisen.«
    Sie nahm den Schleier ab. Mit einem eindringlichen Blick musterte er sie und nickte dann.
    »Ich habe Euch allerdings auch gesagt, Ihr solltet beten, mir nie zu begegnen.«
    »Vermutlich habe ich nicht genug gebetet!«
    »Setzt Euch, Anna Dennes.«
    Anna nahm auf der Bank Platz, und er legte den Ring wieder in ihre Hand.
    »Ihr habt zumindest bis heute einen untadeligen Lebenswandel geführt.«
    »Ich bin Stiftsschreiberin in Sankt Maria im Kapitol.« »Und dennoch sucht Ihr mich auf?«
    »Nicht um meinethalben, Meister Falkomar.« »Ihr macht mich neugierig.«
    Anna suchte nach Worten. Es war schwieriger, als sie es sich vorgestellt hatte.
    »Nun?«
    »Ich habe eine Freundin, die in Verdacht geraten ist, meine Magd ermordet zu haben«, sagte sie dann nüchtern.
    »Frau Rosa Valens. Die Hexe.«
    »Sie ist keine Hexe.«
    »Eine Gauklerin, eine Buhle, die falsches Spiel mit vielen getrieben hat.«
    »Eine Stiftsdame wie ich, die Gemahlin meines Wohltäters, des Ratsherrn Hrabanus Valens. Ein lebensfrohes Weib, manchmal ein wenig übermütig. Aber sie liebte das Mädchen wie ich selbst.«
    »Das Pollackenmädchen, das Ihr im Alten Graben aufgelesen habt.«
    »Ihr wisst eine Menge. Ja, Valeska, ein fleißiges und heiteres Geschöpf, das mir sehr ans Herz gewachsen war. Sie wurde ermordet. Aber nicht von Rosa.«
    »Das will ich Euch sogar glauben. Ihren Mann, Euren Wohltäter, hingegen liebt diese Rosa weniger.«
    »Ich war es, der ihm die Behandlung mit Arsenik vorgeschlagenhat. Ich fand diese Kur in den Büchern der alten Medizinkundigen beschrieben. Sie hat den Ratsherrn geheilt. Er selbst hat schriftlich sein Einverständnis dazu gegeben.«
    »Sagt Ihr die Wahrheit oder lügt Ihr, Anna Dennes? Um Eurer Freundin willen?«
    »Ich kann nicht schauspielern, wie Ihr wisst.« »Warum seid Ihr nicht als Zeugin aufgetreten?« »Um selbst beschuldigt zu werden?«
    Falkomar nickte. Er wusste, wie die Gerichte arbeiteten.
    »Was

Weitere Kostenlose Bücher