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Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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soll ich tun?
    »Könnt Ihr Rosa helfen?«
    »Nein.«
    Anna lächelte.
    »Trinkt einen Becher Wein mit mir, Anna Dennes.« »Wenn Ihr wünscht.«
    »Ich wünsche es. Ich habe nicht oft Gelegenheit, die Gesellschaft einer ehrbaren Frau zu genießen.«
    »Ich sagte Euch, Meister Falkomar, ich kann nicht schauspielern.«
    »Wahrscheinlich könnt Ihr es doch. Denn den Makel der Unehrlichkeit und Eure Herkunft wird Euch heute niemand mehr ansehen.« Er füllte einen Becher mit Wein und reichte ihn ihr. »Ihr braucht keine Bedenken zu haben, es ist ein guter Wein. Der Greve sorgt für meinen Haushalt.«
    »Ich habe keine Bedenken, Meister Falkomar. Ihr seid ein geachteter Mann.«
    »Wie seid Ihr zur Stiftsschreiberin geworden? Die Summe, die ich Euch gab, machte Euch sicher nicht dazu.«
    »Nein. Horsel half mir. Sie wusste, Hrabanus Valens schuldete meiner Mutter und ihr noch einen Dank.«
    Falkomar lachte trocken auf.
    »Niemals!«
    »Er hat es bestätigt. Sie pflegten ihn, als er an den Blattern erkrankt war.«
    »Anna Dennes, Ihr seid ein gutgläubiges Kind!« »Mag sein.«
    »Sie wird etwas über ihn wissen, was nicht bekannt werden sollte.«
    Anna nippte an ihrem Wein.
    »Wer hat Eurer Meinung nach das Mädchen umgebracht?«, fragte Falkomar nach einem Moment des Schweigens.
    »Es hätte der Büchsenmeister vom Bayenturm tun können.«
    »Möglich. Er ist hinter den Röcken her. Aber was hat er mit der Frau des Ratsherrn zu schaffen, dass er ihr die Tote ins Haus bringen lässt?«
    »Ich rätsele noch. Vielleicht hat auch jemand die Leiche gefunden, der Rosa Übles wollte, und sie zu ihr gebracht.«
    »Wir werden es von ihr erfahren.«
    »Ihr werdet erfahren, was ein Mensch sagt, um von
    den Schmerzen befreit zu werden, die Ihr ihm zufügt.« »Die meisten erinnern sich schon an die Wahrheit,
    wenn ich ihnen zeige, was ich ihnen zufügen kann.« »Und – ist das tatsächlich die Wahrheit?«
    »Oft genug.«
    »Gibt es Zauberei und Hexenwerk, Meister Falkomar?«
    »In den Augen der Menschen gibt es Zauberei und Hexenwerk.«
    »Der Greve? Die Schöffen?«
    Falkomar hob die Schultern und antwortete dann: »Der Hexenkommissar.«
    »Arme Rosa.«
    »Sie hat Fehler gemacht. Und sie hat sich Feinde geschaffen.«
    »Ohne Zweifel. Aber sie ist keine Hexe.«
    »Vielleicht doch?«
    »Dann würde sie Euch durch Zauberei entkommen.« »Möglich.«
    »Und nie wieder gefunden werden.«
    »Ihr seid älter geworden, Anna, seit damals. Doch schön seid Ihr noch immer.«
    »Und Ihr habt Euch den Ruf eines barmherzigen Mannes erworben.«
    »Ich bin nicht barmherzig, Anna. Ich beanspruche immer einen Gegenwert bei einem Handel.«
    »Ich weiß.«
    Mit sicheren Bewegungen löste Anna die Bänder der Haube.

33. Kapitel
 
 Rosas Befreiung
    Die alte Vettel, die dem Scharfrichter den Haushalt führte, hatte Anna in der Dunkelheit bis zum Stift begleitet. An der Pforte wartete im Schatten schon Julius auf sie.
    »Lasst uns in die Schenke gehen, Julius. Ich bin erschöpft.«
    »Dann kommt, Frau Anna. Wein und ein Teller Suppe werden Euch erfrischen.«
    Sie schwieg, und auch er fragte sie nichts, bis sie ihre Mahlzeit beendet hatte. Dann streckte sie sich und schob eine Flechte zurück, die sich unter der Haube gelöst hatte.
    »Übermorgen an der Hacht, nach der Complet. Es gibt eine kleine Pforte unter dem Torbogen.«
    »Großer Gott, Anna!«
    »Seht zu, einen Weg aus der Stadt zu finden. Möglichst noch in der Nacht. Die Tore werden geschlossen sein. Da kann ich Euch nicht helfen.«
    »Tore sind nie ganz geschlossen. Aber am folgenden Tag ist es leichter für eine Gruppe frommer Pilger, nach Aachen zu ziehen. Sie werden einen siechen Jungen mit sich führen, der auf die Wundertätigkeit der heiligen Adelheid hofft.«
    »Meine Gebete werden sie begleiten.«
    »Meine Gebete werden Euch begleiten, Anna.« »Bringt mich nach Hause.«
    Müde wankte sie an seinem Arm zum Stift zurück, schloss leise die Pforte auf.
    »Ich werde am Freitag ebenfalls dort sein.«
    Sie trat ohne Abschied in das Innere der Immunität. Dann blieb sie eine Weile an Valeskas Grab auf dem Lichhof stehen und betete. Doch nicht um das Seelenheil der kleinen Magd, sondern um ihr eigenes. Denn wie schon das erste Mal hatte auch diesmal Falkomar das Feuer der Wollust in ihr geweckt. Die vertrauten Worte der Psalmen, die sie sprach, beruhigten sie allmählich wieder, dann ging sie über den Hof zum Kanonissenhaus. Hier begegneten ihr jedoch zwei ältere Stiftsdamen, die zu

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